Bund vor Ausstieg aus „Digitalpakt Schule“ – Länder und Schulleiter besorgt

Länder und Schulen sorgen sich um die Zukunft ihrer digitalen Bildungsinfrastruktur. Der Bund plant offenbar einen Ausstieg aus dem „Digitalpakt Schule“ ab Mai 2024.
Der Digitalpakt Schule ist ein Förderprogramm zum technischen Ausbau der Schulen - etwa mit WLAN oder Tablets.
Der Digitalpakt Schule ist ein Förderprogramm zum technischen Ausbau der Schulen – etwa mit WLAN oder Tablets.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Von 13. Juli 2023

Seit 2019 besteht der sogenannte Digitalpakt Schule, den Bund und Länder noch unter Federführung des Kabinetts Merkel IV auf den Weg gebracht hatten. Er sollte Investitionen auf den Weg bringen, die den bereits damals spürbaren Mängeln bei der Digitalisierung im Bildungswesen gegensteuern sollten. Obwohl die Corona-Krise diese in besonderem Maße sichtbar gemacht hatte, will der Bund offenbar aus dem Programm aussteigen.

Kultusminister in „großer Sorge“ um künftige Finanzierung

Inwieweit bereits eine Entscheidung gefallen ist, lässt der Bund bislang offen. Allerdings mehren sich die Hinweise darauf, dass die Bundesregierung nicht bereit sei, einen weiteren Digitalpakt mitzutragen. Die Bundesmittel dafür laufen nach derzeitigem Stand im Mai 2024 aus.

Entsprechend macht sich in den Bundesländern Sorge breit – aber auch an der Basis, in den Schulen selbst. Wie der NDR berichtet, befürchtet die Kultusministerkonferenz ein Aus für die Wartung oder nötige Ersetzung von Millionen digitalen Endgeräten.

In einer am Mittwoch, 12. Juli, veröffentlichten Erklärung heißt es:

Angesichts ausbleibender Zusagen für die Weiterführung dieses zentralen Programms sind wir in großer Sorge, dass Schulen, Schulträger und Bundesländer jetzt von der Bundesregierung allein gelassen werden.“

Tablets, Laptops, digitale Tafeln oder Server könnten früher oder später nicht mehr in funktionstüchtiger Weise zur Verfügung stehen.

Stark-Watzinger: Bund-Beteiligung maximal 50 Prozent

Die Kultusminister argwöhnen, dass der Bund sich vollständig aus dem Digitalpakt zurückziehen wolle. Für 2024 habe man eine Anschlussfinanzierung in Höhe von mindestens 600 Millionen Euro zugesagt. Allerdings sei in den bisherigen Haushaltsplanungen nichts davon zu finden.

Zudem, so heißt es in der Erklärung, sollen weitere Digitalpaktmittel von jährlich über einer Milliarde Euro ab 2025 nicht einmal in der mittelfristigen Finanzplanung enthalten sein. Das mache „große Sorgen“.

Wie NDR berichtet, hat sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger am Mittwoch geäußert. Sie werde sich „mit Nachdruck dafür einsetzen“, dass der Bund seinen Beitrag zu einem „Digitalpakt 2.0“ leisten werde. Allerdings wies sie darauf hin, dass der Bund zu Beginn fast 90 Prozent der Kosten beigesteuert habe. Bei künftigen Kooperationen dieser Art dürfe dieser Anteil maximal 50 Prozent betragen, weil das Schulwesen Ländersache sei.

Bundesrechnungshof: Digitalpakt in jetziger Form ineffizient

Der Digitalpakt Schule sollte schnelles Internet, WLAN, die Nutzung digitaler Lernplattformen und die Anschaffung digitaler Tafeln und Endgeräte fördern. Über die Erfolge soll es regelmäßig einen Fortschrittsbericht geben. Der erste davon stand im Zeichen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Herausforderungen.

Der Bundesrechnungshof hat jedoch erklärt, dass der Digitalpakt Schule ungeeignet sei, um Chancengleichheit und Fortschritte bei der Digitalisierung zu gewährleisten. Immerhin lasse er die Unterschiede bei der digitalen Bildungsinfrastruktur unberücksichtigt.

Das Bundesbildungsministerium und die Länder hätten im Vorfeld nicht systematisch die Ausgangslage erhoben. Schwächen ließen sich so nicht gezielt beseitigen.

ASD befürchtet „schwere Bürde für die deutsche Schulpolitik“

Der Allgemeine Schulleitungsverband Deutschland (ASD) schlägt in einer Presseerklärung Alarm ob des sich abzeichnenden Rückzugs des Bundes. Die Vorsitzende Gudrun Wolters-Vogeler bezeichnet es als unabdingbar, dass „die Digitalisierung gut geplant, kontinuierlich und mit angemessenem Mitteleinsatz weitergeführt wird“.

Tatsächlich sei die Infrastruktur für die Digitalisierung „weder in den Kommunen noch innerhalb der Schulen weit genug ausgebaut“. Zudem fehle es vielerorts immer noch an der erforderlichen Geräteausstattung für Schüler und Lehrerschaft. Häufig bestehe Erneuerungsbedarf, es seien noch lange Zeit Fortbildungen erforderlich und nicht selten müssten Lehrer selbst die Hard- und Software betreuen. Diese Zeit fehle für den Unterricht.

Es sei absehbar, dass die Bundesländer in ihrer Verantwortlichkeit für die Schulen die dann auf sie zufallenden Kosten nicht stemmen könnten. Ein Ausstieg der Bundesregierung aus dem Digitalpakt wäre „eine schwere Bürde für die deutsche Schulpolitik“, so der ASD. Er würde „die digitale Bildung in Deutschland um Jahre zurückwerfen“.



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