Bundesnetzagentur-Chef ruft zum Gassparen auf

Seit April führt die Bundesnetzagentur die Aufsicht über den größten deutschen Gasspeicher in Rehden bei Diepholz. Für den Präsidenten der Agentur ist dieser Speicher sein größtes Sorgenkind. Derweil hat der Handwerksverband seine Vorstellung, worauf man bei einem Gas-Engpass primär verzichten soll.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, besichtigt den Gasspeicher im niedersächsischen Rehden.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, besichtigt den Gasspeicher im niedersächsischen Rehden.Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Epoch Times7. Juli 2022

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat Privathaushalte und Industrie zum sparsamen Umgang mit Gas aufgefordert.

Jeder eingesparte Kubikmeter Gas helfe, angesichts der unsicheren Belieferungsaussichten in den kommenden Monaten die Versorgungssicherheit in Deutschland zu erhöhen, sagte Müller am Mittwoch bei einem Besuch auf dem Gelände des größten Erdgasspeichers in Deutschland im niedersächsischen Rehden bei Diepholz. „Wir appellieren an alle privaten Haushalte, jetzt schon zu überlegen, wo kann man im Herbst selber Gas einsparen.“

Müller wies auf das im Gasspeichergesetz vorgegebene Ziel hin, bis 1. Oktober die Gasspeicher in Deutschland zu 80 Prozent gefüllt zu bekommen und zum 1. November zu 90 Prozent. Ob das Ziel erreicht werde, sei noch nicht klar. „Genausogut könnten Sie mich nach der Wetterprognose für den Herbst fragen“, sagte er. Es gebe noch viele Unwägbarkeiten.

Neben der Frage, ob Russland nach Beendigung von Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 1 Ende Juli wieder Gas nach Deutschland leite, sei es angesichts von Streiks auch die Frage, ob Norwegen Gas in der vereinbarten Menge liefern könne. Auch die Frage, ob es einen strengen oder milden Winter gebe, spiele eine wichtige Rolle.

In den Speichern fehlt noch Gas

Die Gasspeicher in Deutschland seien derzeit zu knapp 63 Prozent gefüllt, sagte Müller. Größtes Sorgenkind sei der Gasspeicher in Rehden, der noch nicht einmal zu einem Viertel seiner Kapazität gefüllt sei. „Hier liegt eine Herausforderung für uns alle“, sagte er. Allerdings sei der Füllstand jetzt schon deutlich höher als noch vor wenigen Wochen.

Es sei aber nicht nur der Speicher in Rehden, der ihm Sorgen mache. Er wies auch auf den Gasspeicher im bayerischen Wolfersberg hin und auf österreichische Gasspeicher, die auch zur Versorgung in Deutschland beitragen. „Insofern liegt noch etwas vor uns, um 80 beziehungsweise 90 Prozent Befüllung bis zum 1. November zu schaffen.“

LNG-Terminals sollen entscheidenden Beitrag leisten

Entscheidend für die Frage der weiteren Gasversorgung sei, ob zum Ende des Jahres ein oder sogar schon zwei LNG-Terminals an der Nordseeküste einsatzfähig seien, über die Flüssigerdgas angelandet werden könne, betonte Müller.

Dass die Bundesnetzagentur im April die Aufsicht über bislang von Russland geführte Teile der deutschen Gasversorgung übernommen hatte, sei die Voraussetzung gewesen, dass zum Beispiel der Speicher in Rehden weiter ohne Unterbrechung am Netz bleiben konnte, betonte Müller. Auch Mitarbeiter mit russischen Pässen hätten sich in den vergangenen Wochen für die Gasversorgung in Deutschland eingesetzt. Daher wolle er sich mit dem Besuch auch bei diesen Mitarbeitern bedanken.

Der russische Energieriese Gazprom hatte am 1. April mitgeteilt, seine deutsche Tochterfirma Gazprom Germania aufgegeben zu haben. Diese betreibt über die Tochterfirma Astora unter anderem den Gasspeicher in Rehden. Mit einer Arbeitsgaskapazität von rund vier Milliarden Kubikmetern verfügt Rehden über rund ein Fünftel der gesamten in Deutschland vorhandenen Gasspeichermöglichkeiten.

Handwerksverband: Freizeitaktivitäten als Erstes abschalten

Der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, hat sich dafür ausgesprochen, Freizeitaktivitäten im Falle einer Gasrationierung als Erstes abzuschalten. Alle müssten sich nun fragen, auf was sie zu verzichten bereit wären, sagte Schwannecke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Donnerstag.

„Dass hier möglicherweise zunächst Produkte und Angebote von Freizeitaktivitäten als erstes ‚vom Netz‘ genommen werden sollen, halte ich für angemessen in einer solchen Ausnahmelage und angesichts des Ziels sicherzustellen, dass die Produktion und die Dienstleistungen für die Daseinsvorsorge aufrechterhalten werden können“, sagte Schwannecke.

Vor wenigen Tagen hatte der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, den Funke-Zeitungen gesagt, in einer Gasnotlage könnten nicht alle Betriebe als systemrelevant eingestuft werden. So wären „Produkte und Angebote, die in den Freizeit- und Wohlfühlbereich fallen, eher nachrangig“. Müller rief zudem alle Haus- und Wohnungsbesitzer auf, ihre Gasbrennwertkessel und Heizkörper rasch zu überprüfen und effizient einstellen zu lassen, um den Gasverbrauch zu senken.

Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) warnte nun in den Funke-Zeitungen allerdings, die Auftragsbücher seien derzeit im Schnitt für 14 bis 15 Wochen gefüllt. „Wir werden aber alles möglich machen, um Heizungswartungen schnellstmöglich zu realisieren“, sagte ein Sprecher. Allerdings könne man keinem Unternehmen vorschreiben, nur noch Heizungen zu warten und andere Aufgaben hintanzustellen.

Der Vorsitzende des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger, sagte den Funke-Zeitungen, Handwerksbetriebe wüssten am besten, „wie und in welcher Reihenfolge sie Aufträge“ abarbeiten würden. „Und es kann nicht sein, dass sie Projekte und Kunden im Stich lassen, um Versäumnisse von Politik und Behörden aufzuarbeiten.“ Sollten so viele Heizungen wie möglich vor dem Winter gewartet werden, „kommen wir wohl nicht um zusätzliche Wochenendarbeit mit gesonderten Prämien herum“, sagte Jerger. (dpa/afp/mf)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion