Bundestagsvizepräsidenten: AfD verändert Umgangsformen – Claudia Roth: Abgeordnete „haben Angst“

Die AfD hat die Umgangsformen im Bundestag nach Wahrnehmung der Bundestagsvizepräsidenten Claudia Roth (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) radikal verändert.
Epoch Times29. Dezember 2018

Die AfD hat die Umgangsformen im Bundestag nach Wahrnehmung der Bundestagsvizepräsidenten Claudia Roth (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) radikal verändert.

„Wir erleben eine Entgrenzung von Sprache, einen Angriff auf demokratische Institutionen und den Versuch der Umdeutung der Geschichte“, sagte Roth der „Rheinischen Post“. Kubicki monierte, dass „ein Drittel der AfD-Fraktion, das überwiegend in den hinteren Reihen sitzt und vorwiegend aus ostdeutschen Bundesländern kommt“, nicht nur „verbal aggressiv“ sei. Einmal habe es im Bundestag sogar „kurz vor einer kleinen Keilerei“ gestanden, weil Zwischenrufe der AfD-Parlamentarier unerträglich gewesen seien.

Kubicki sagte in dem Doppelinterview: „Die AfD radikalisiert sich im Bundestag.“

Das vollständige Interview kann hier nachgelesen werden: rp-online.de.

Auch andere Parteien streiten derb

Allerdings haben sich in der Geschichte des Bundestags auch Abgeordnete anderer Parteien zu derben Beleidigungen hinreißen lassen. Dass der CDU-Politiker Dietmar Kansy 1983 seinen Kontrahenten Otto Schily (damals Grüne) mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels verglich, brachte ihm einen Ordnungsruf ein. Dieselbe Strafe bekam Joschka Fischer (Grüne) für die Beleidigung „christliche Dreckschleuder“, die er dem CSU-Politiker Walter Althammer zugerufen hatte.

In der aktuellen Wahlperiode kassierte unter anderem die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel für ihre Aussage „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“ einen Ordnungsruf. Die Abgeordneten unterliegen der Geschäftsordnung des Bundestages. Danach kann der Bundestagspräsident Ordnungsmaßnahmen gegen die Abgeordneten verhängen, „wenn sie die Ordnung oder die Würde des Bundestages verletzen“.

Die AfD war bei der Wahl 2017 erstmals in den Bundestag eingezogen. Sie erreichte 12,6 Prozent und wurde damit drittstärkste Kraft sowie nach der Bildung der großen Koalition größte Oppositionspartei.

Claudia Roth: „Sie haben Angst“

Roth sagte zur AfD, sie erlebe etwa verbale Ausfälle und Sexismus von Seiten der Partei als Sitzungsleiterin stärker. Schon in den Landtagen habe sich außerdem gezeigt, dass die AfD „im Kern eine antidemokratische, autoritätsfixierte Partei ist, mit heftigen Verstrickungen ins rechtsextreme Spektrum“. Im Bundestag fühlten sich nun manche Mitarbeiter unsicher und hätten Angst, sagte Roth und verwies dabei auch auf zunehmende gezielte Angriffe im Internet. „Sie haben Angst“, sagte Roth.

Zugleich warnte Kubicki vor Ausgrenzung. Die Radikalisierung der Partei habe auch damit zu tun, dass ihre Mitglieder wie Außenseiter behandelt würden. Eine Reihe von AfD-Abgeordneten habe sich bei ihm beklagt, dass andere Abgeordnete sich weigerten, ihnen die Hand zu geben oder sie zu grüßen.

„Je mehr Menschen ausgegrenzt werden, desto eher bilden sie ihre eigene Welt“, sagte Kubicki. Die Fundamente der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dürften nicht infrage gestellt werden, denn im Kampf gegen rechts sei nicht „alles erlaubt“.

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, bezeichnete unterdessen das Wahljahr 2019 als „Test für die Robustheit der demokratischen Strukturen“. Gehäufte Erfolge der AfD würden „die politische Kultur verändern, den Ton verschärfen, die Bereitschaft zum Kompromiss schwinden lassen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Das wiederum könne den Standort Deutschland schwächen, warnte er. Im kommenden Jahr finden unter anderem in Sachsen, Brandenburg und Thüringen Landtagswahlen statt.

(dpa/afp)



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