CDU-Bürgermeister Kai Wegner bei Eröffnungsrede beim CSD in Berlin ausgebuht

In Berlin kamen mehrere Hunderttausend Menschen zum Christopher Street Day. Erstmalig eröffnete mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner ein Berliner CDU-Regierungschef diese Veranstaltung. Er musste sich jedoch zahlreiche Buhrufe anhören, obwohl er doch den Einsatz für eine Grundgesetzänderung ankündigte.
Beide mit von der Partie: Berlins Regierender Kai Wegner (r.) und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
Beide mit von der Partie: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (r.) und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.Foto: Fabian Sommer/dpa
Von 24. Juli 2023

Die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) übernahm zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner die Eröffnung des diesjährigen Christopher Street Day in Berlin. Dies war eine doppelte Premiere. Wegner war gleichzeitig der erste Berliner CDU-Regierungschef, der sich dazu bereit erklärt hatte. Bei seiner Rede an die queere Community gab es etliche Buhrufe.

Er stellt in seiner Rede eine Erweiterung des Artikels 3 im Grundgesetz in Aussicht. „Meine feste Zusage für diesen Berliner Senat ist: Wir wollen den Artikel 3 des Grundgesetzes ändern. Da muss die sexuelle Identität mit rein“, sagte er. Laut dem Grundgesetzartikel darf niemand etwa wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung oder seines Glaubens benachteiligt werden.

Bundestagspräsidentin Bas rief dazu auf, sich gegen Diskriminierung zu engagieren: „Wir müssen ein deutliches Zeichen setzen für eine freie, vielfältige, diverse Gesellschaft“, sagte sie.

Negative Reaktionen auf Wegners Ankündigung

Bereits in einem Tweet vom 22. Juli kündigte Wegner an, dass sich der Berliner Senat dafür starkmachen will, dass Art. 3 GG „entsprechend angepasst wird“. Die Buhrufe blieben, obwohl es auch offene Sympathiebekundungen nach seiner Aussage beim CSD gab.

Auf seinen Tweet jedoch folgten überwiegend negative Kommentare. Mehrere fragten sich, wozu der Artikel 3 noch weiter ausgebaut werden muss, denn in ihren Augen schließt er bereits alle Menschen ein.

So twitterte Roland Tichy als konservativer Publizist auf Wegners Ankündigung: „Berlins Bürgermeister Wegner jetzt für Abschaffung von Mann und Frau zugunsten selbstgewählter „Sex-Identität“, und jeder, der das unsinnig findet, soll bestraft werden. Zukünftig wird so Pädophilen der Zugang in die Kindergärten frei gemacht.“

Das sieht auch „Schrödinger“ so und schrieb im Tweet: „Pädophile sehen sich auch als eine sexuelle Identität (was auch immer das sein soll). Unterstützen Sie Pädophile?“

Frank Neumann kommentierte Wegners Aussage bei Twitter mit den Worten: „Dieser Mann bestraft mich nicht! Es gibt nur Mann und Frau! Merken Sie sich das Wegner!“

„Der Mann ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie“

Adrian Koch prophezeit der CDU weiter fallende Umfragewerte aufgrund von Wegners Aussage: „Der Mann ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Die CDU wundert sich auch noch, dass die Umfragewerte fallen. Berlin klassische Fehlbesetzung.“

Markus Krall, Bestsellerautor und Unternehmensberater, zeigt sich bei Twitter verwundert über Wegners Ankündigung: „Können wir dann bitte auch Haarfarbe, Autogeschmack, Essensgewohnheiten, Nasengröße, Parteizugehörigkeit (neuerdings nötig), Schuhgröße, Piercings und Gewicht mit hereinnehmen? Für letzteres dankt schon mal R.L. aus B.“

Für Mark Rudolph, offenbar selbst CDU-Mitglied, ist eine Erweiterung des Wortlauts des Grundgesetzes überflüssig:

„Nein. Es ist nicht Zeit, einen unbestimmten Rechtsbegriff ins Grundgesetz zu schreiben, unter den man viele furchtbare Dinge subsumieren kann. Versuchen Sie sich mal an einer rechtssicheren Definition, viel Spaß. Und glauben Sie wirklich Sie sind für diesen Grünen Mist gewählt worden? Als CDU Wähler käme ich mir in Berlin verarscht vor. Es grüßt sie ein CDU-Mitglied.“

Im Artikel 3 des Grundgesetzes heißt es:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Friedlicher Verlauf und 84 Strafanzeigen

Zur genauen Zahl der Teilnehmer machten weder die Veranstalter noch die Polizei genaue Angaben. Beide sprachen am Sonntag von mehreren Hunderttausend. Der Berliner CSD ist eine der größten Veranstaltungen der LGBTIQA*-Community in Europa. Die Abkürzung steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Intersexuelle, Queere, Asexuelle und andere.

Sowohl Polizei als auch die Veranstalter sprachen am Sonntag von einem insgesamt friedlichen Verlauf. Nach Polizeiangaben gab es 84 Strafanzeigen unter anderem wegen Körperverletzung, Drogendelikten und Beleidigungen.

Der Christopher Street Day findet jedes Jahr in vielen Städten in aller Welt statt und erinnert an Ereignisse vom 28. Juni 1969: Polizisten stürmten damals die New Yorker Schwulen- und Lesbenbar „Stonewall Inn“ in der Christopher Street und lösten dadurch mehrtägige Proteste von Schwulen, Lesben und Transsexuellen aus.

Mit Material von dpa.



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