CDU-Wirtschaftsrat: Reiseverbot für Risikogebiete – Weltärztechef rät zu Quarantäne auch bei „negativ“

Ab Samstag sollen sich Urlaubs-Rückkehrer aus Risikogebieten zwangsweise auf SARS-CoV-2 testen lassen - die Politik diskutiert derweil über noch weiter gehende Maßnahmen. Der CDU-Wirtschaftsrat forderte ein komplettes Verbot von Reisen in Corona-Risikogebiete.
Titelbild
Familie am Flughafen, alle mit Gesichtsmasken geschützt.Foto: iStock
Epoch Times7. August 2020

Ein solcher Schritt sei nötig, um einen drohenden neuen Lockdown wegen der steigenden Anzahl von positiv Getesteten abzuwenden, sagte Wirtschaftsrats-Generalsekretär Wolfgang Steiger der „Bild“ vom Freitag. Politiker anderer Parteien kritisierten den Vorschlag aber als überzogen.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin verzeichnete weiterhin einen Anstieg der gemeldeten Fälle: Am Freitag gab es die Zahl der neuen positiv Getesteten seit dem Vortag mit 1147 an. Die Zahl der in Deutschland registrierten positiv Getesteten stieg damit auf 214.214 an. Abzüglich der 195.900 Genesenen und 9.183 Verstorbene gibt es damit aktuell 9.131 positiv Getestete in Deutschland bei rund 83 Millionen Einwohnern.

Warnung vor Folgen eines Lockdown

Der CDU-Wirtschaftsrat begründete seine Forderung nach Reiseverboten mit den schädlichen Folgen eines neuen Lockdowns. Einen Lockdown werde sich Deutschland „nur unter erheblichsten Schwierigkeiten nochmal leisten können“, warnte Steiger gegenüber der „Bild“. Deshalb erwarte er von der Politik „mehr vorausschauendes Handeln“. Das „Reiserecht“ könne nicht höher bewertet werden als die Rechte von Millionen Deutschen, denen ein erneuter Lockdown drohen könnte, argumentierte er.

Die Forderung nach Reiseverboten stieß aber auf Widerspruch. Der Präsident des SPD-Wirtschaftsforums, Michael Frenzel, bezeichnete sie als „etwas überzogen“. Er halte es für „sinnvoll, auf unterschiedliche Infektionsgeschehen in unterschiedlichen Regionen auch unterschiedlich zu reagieren“, sagte Frenzel im SWR.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), sieht derzeit noch kein Bedarf für ein Reiseverbot in Corona-Risikoländer: „Jetzt ein Reiseverbot durchzusetzen, das sehe ich nicht“, sagte Müller den Sendern RTL/ntv. Ein Reiseverbot könne „nur ein letzter Schritt sein“.

FDP-Vizefraktionschef Michael Theurer kritisierte Reiseverbote als „absolut unverhältnismäßig und gleichzeitig null praktikabel“. Er verwies darauf, dass es schon jetzt eine Quarantänepflicht und Testpflicht gebe. „Wenn sich die Leute daran halten, geht von Einreisenden kein höheres Risiko aus als von der Normalbevölkerung.“

Weltärzte-Chef fordert Quarantäne auch bei negativ Getesteten

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, forderte, dass alle Rückkehrer aus Risikogebieten in Quarantäne sollten – also auch die negativ Getesteten. Tests seien nur „eine Momentaufnahme“, sagte Montgomery der „Passauer Neuen Presse“. Um wirkliche Sicherheit darüber zu erhalten, ob jemand infiziert sei oder nicht, müsse mindestens 72 Stunden später ein zweiter Test gemacht werden. Und selbst dann würden noch einzelne Infizierte durchrutschen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Donnerstag bekannt gegeben, dass Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten sich ab Samstag bei der Einreise nach Deutschland auf das Virus testen lassen müssen. Alternativ könne ein negatives Testergebnis vorgelegt werden, das nicht älter als zwei Tage ist. Rückkehrer aus Risikogebieten ohne negativen Corona-Test müssen sich für zwei Wochen in Quarantäne begeben – eine Vorschrift, die schon bislang galt.

Positiv oder negativ?

Seit Beginn der Corona-Krise taucht der Begriff „falsch positiv“ immer wieder auf. „Falsch positiv“ bedeutet, dass eine eigentlich gesunde Person als Infektionsfall zählt, obwohl sie eigentlich nicht infiziert ist. Das Testergebnis ist also falsch.

Dass es falsch-positive Ergebnisse auch bei Corona-Tests gibt, ist kein Geheimnis. Bezüglich einer Testweise ohne systematisches Vorgehen wies Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 29. Juni 2020 auf Twitter darauf hin, dass man gezielt testen müsse: „Denn es wiegt in falscher Sicherheit, erhöht das Risiko falsch-positiver Ergebnisse und belastet die vorhandene Testkapazität.“

Twitter-Post Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vom 29. Juni 2020. Foto: Screenshot von Twitter

Jeder Test hat eine Fehlerquote

Auch ein Test, der zu 99 Prozent zuverlässig ist, weist eine Fehlerquote auf. Neben korrekt erkannten Ergebnissen – beispielsweise der Anzahl der COVID-19-positiven Neuinfizierten – kommt es zu einigen falsch erkannten Resultaten, die dann zum Beispiel eine größere Anzahl an Neuinfektionen suggerieren. Entscheidend für die (statistische) Qualität eines Tests sind daher zwei Größen: Sensitivität und Spezifität.

Die Sensitivität gibt an, bei wie viel Prozent der Tests das untersuchte Merkmal (COVID-19) erkannt wird, also ein positives Testresultat auftritt. Die Spezifität hingegen gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der tatsächlich Gesunde richtigerweise als gesund erkannt werden.

Je höher diese Werte liegen, desto besser ist der Test, dennoch gibt es immer auch falsche Testergebnisse. Diese sind statistisch (und politisch) interessant, denn ihre Zahl hängt direkt von der Zahl der durchgeführten Tests ab. (afp/sua)

 



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