Chinas „schwimmende Festungen“ als Nachbarn unserer Top-Marinebasis

China will sich beim Hamburger Hafen einkaufen. In Wilhelmshaven sind sie schon. Fünf Kilometer weiter: Deutschlands größter Marinestützpunkt. Alles Zufall?
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Zwei chinesische Hafenmitarbeiter in Schutzanzügen beobachten den Containerfrachter «Cosco Hamburg».Foto: Yufangping/SIPA Asia via ZUMA Wire/dpa/dpa
Von 4. November 2022


Der Handel sei das Kreislaufsystem des Planeten und die Häfen seien die Knotenpunkte, sagte Isaac B. Kardon, Schifffahrtsspezialist und chinesischer Linguist mit Schwerpunkt China am US Naval War College in Rhode Island. Kardon sieht, dass Chinas Hafenakquisitionen darauf abzielen, dort „strategische Stützpunkte“ zu schaffen, wo verschiedene Arten von Macht zusammenfließen und eine Hebelwirkung erzeugen.

China wolle eine Position aufbauen, die stark genug sei, um sich vor Wirtschaftssanktionen zu schützen, wie sie die Welt gegen Russland nach seinem Einmarsch in der Ukraine verhängt habe, so Rolf J. Langhammer, Ökonom am Kieler Institut für Weltwirtschaft. Und China habe lange damit gedroht, in Taiwan einzumarschieren, so der Wirtschaftsexperte.

Diese Aussagen stammen alle aus einem ausführlichen Bericht über Chinas weltweite Hafeninitiative, den kürzlich das US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“ veröffentlicht hatte.

Daraus wird deutlich, dass der geplante Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco in eines der vier Hamburger Hafenterminals wohl doch einen strategischen Hintergrund hat. Denn China hat bereits mehrfach gezeigt, wie es seine Handelsmacht als politische Waffe einsetzt.

Doch das Terminal Tollerort ist nicht das einzige mehrdeutige chinesische Staatsprojekt in Deutschland.

Unweit vom Marinestützpunkt Wilhelmshaven

120 Kilometer Luftlinie westlich von Hamburg liegt die Hafenstadt Wilhelmshaven, benannt nach dem preußischen König Wilhelm I., dem späteren Kaiser. Die Stadt ging vor rund 150 Jahren aus einem preußischen Marinestützpunkt hervor.

Auch heute noch hat Wilhelmshaven eine militärische Bedeutung. Hier befinden sich der größte Marinestützpunkt und auch der größte Bundeswehrstützpunkt Deutschlands – und auch die staatliche China Logistics Group.

Unweit von diversen Fregattengeschwadern der Bundesmarine, der Einsatzflottille mit ihrem Marinefliegerkommando und unweit vom Feldjägerregiment 2 und dem Bundeswehrlogistikzentrum unterhalten die Chinesen ein Logistikzentrum. Nur fünf Kilometer den Jadebusen hoch, befindet sich der „China Logistics-Wilhelmshaven Hub“ auf einem 20-Hektar-Areal am WeserJadePort, Deutschlands einzigem Container-Tiefwasserhafen. Eine 100-Millionen-Investition. Den Pachtvertrag haben die Chinesen gleich für 99 Jahre festgelegt, berichtete das „Transportjournal“ über den seit 2021 aktiven China-Vorposten.

Als das darüber recherchierende US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“ beim deutschen Verteidigungsministerium nachfragte, hieß es: „Zu Fragen der militärischen Sicherheit an einzelnen Standorten, einschließlich etwaiger Absprachen mit den Behörden, äußern wir uns grundsätzlich nicht.“ In der E-Mail wurde zudem versichert: „Sie können aber davon ausgehen, dass wir die Dinge ständig im Auge behalten und gegebenenfalls auch Anpassungen vornehmen.“

Pekings Fuß in Hamburgs Tür

In Hamburg ist man indes guter Dinge. Bürgermeister Tschentscher betonte die Wichtigkeit des Hafen-Deals und begrüßte, dass die Bundesregierung die Beteiligung von Cosco an der Hamburger Terminalbetriebsgesellschaft ermöglicht habe. Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) versicherte, dass die Zusammenarbeit mit Cosco keine einseitigen Abhängigkeiten schaffe. Den Angaben der Managerin nach soll der Deal sogar die Lieferketten stärken, „weil wir sie steuern“, glaubt Titzrath. Das sichere auch Arbeitsplätze und fördere die Wertschöpfung in Deutschland.

Der eingangs erwähnte Kieler Wirtschaftsforscher Langhammer verweist noch auf einen Umstand, der das Machtpotenzial von Cosco – und damit auch China – verdeutlicht: „Cosco ist wirklich der einzige Verlader in China.“ Das gebe dem Unternehmen eine enorme Kontrolle, sowohl über die chinesischen Exporteure als auch in den ausländischen Häfen. Cosco könne sagen: „Wenn Sie uns nicht erlauben, Partner in Ihrem Hafen zu sein, können wir verhindern, dass Waren aus China Ihren Hafen erreichen.“ Das könne nur ein Staatsunternehmen, so Professor Langhammer.

In einem Pressestatement zur Cosco-Beteiligung sagte Langhammer: „Versprechen, als Gegenleistung für die Beteiligung mehr Ladung als bisher auf Hamburg zu konzentrieren – sollten sie gegeben worden sein – (nähren) den Verdacht eines nicht nur an betriebswirtschaftlichen Zielen orientierten Verhaltens. Marktwirtschaftlich orientierte Unternehmen können so etwas nicht versprechen.“

Wenn die Cosco-Beteiligung zustande kommt, wäre „Newsweek“ zufolge Hamburg der letzte der sieben großen Nordseehäfen mit einer chinesischen Beteiligung. Sie alle seien Teil der für den transatlantischen Handel und die Kommunikation wichtigen sogenannten „Nordrange“: Rotterdam, Antwerpen, Hamburg, Bremen, Le Havre, Zeebrugge und Wilhelmshaven. Weltweit sollen dem Bericht nach rund 100 Häfen chinesische Beteiligungen haben.

Chinas „schwimmende Festungen“

Der „Newsweek“-Bericht gewährt aufgrund von Einblicken in eine 70-seitige interne Cosco-Veröffentlichung für die Schiffscrews interessante Details zu den Cosco-Containerschiffen. Äußerlich sehen die großen Schiffe wie jedes andere Containerschiff aus. Doch sie befördern nicht nur Waren, sondern auch die Inhalte, Inhalte der Kommunistischen Partei Chinas.

Fotos aus Cosco-Schiffen zeigen Besatzungsmitglieder, die mit erhobener Faust vor der roten KP-Flagge Loyalität zur Partei schwören oder beim Studieren ideologischer Texte während einer Art von „Schulunterricht“. Im Hintergrund wieder eine große rote Flagge. Ein Bildschirm zeigt eine Übertragung von Chinas „Führer“ Xi.

Die Besatzung muss kontinuierlich die Staatsideologie verinnerlichen und der Partei Loyalität schwören. Wie „Newsweek“ schreibt, nenne die Partei diese Schiffe Chinas „schwimmende Festungen“. Sie stünden an vorderster Front der Langzeitbemühungen der KPC, die Kontrolle über die globale Schifffahrt und Logistik auszuweiten.

Alle Schiffe haben an Bord ihre Politkommissare. In einer Cosco-Veröffentlichung aus dem Jahr 2019 soll Han Chao, Sekretär des Parteikomitees der Besatzung, erklärt haben, dass etwa 1.000 Politkommissare unter den Besatzungen der Schiffe für politische Disziplin sorgen. Es soll demnach rund 10.000 Parteimitglieder und 150 Sonderkader unter den Besatzungen geben, habe Han laut „Newsweek“ erklärt.

Zweigeteiltes China: „eine Organisation, zwei Marken“

Das Zentralkomitee der KPC habe Cosco 2016 in einem „großen strategischen Schritt“ gegründet, um eine beherrschende Stellung im Welthandel aufzubauen, schreibt „Newsweek“. Und Cosco-Chef Xu Lirong spielt darin seine Rolle. Nach außen tritt er als Geschäftsführer auf. Intern ist er jedoch auch Parteisekretär des Konzerns, was in Staatsunternehmen immer die höhere Position darstellt. Dieses System ist als „eine Organisation, zwei Marken” bekannt.

Noch ein Punkt war „Newsweek“ wichtig zu erwähnen: In einer Studie fanden Schifffahrtsspezialist Isaac B. Kardon und Wendy Leutert von der Hamilton Lugar School of Global and International Studies an der Indiana University heraus, dass 32 Häfen mit chinesischer Beteiligung von Schiffen der chinesischen Volksbefreiungsarmee für „technische Zwischenstopps“ angelaufen worden sind.



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