Christian Lindner zu China: „Zusammenarbeit ja, Unterordnung nein“ – Verklärung der Diktatur unangebracht
Der Parteichef und Fraktionsvorsitzende der FDP im Deutschen Bundestag, Christian Lindner, hat in einer Presseerklärung einen Gastbeitrag dokumentiert, den er für das T-Online-Portal anlässlich des Besuchs des chinesischen Außenministers Wang Yi am Dienstag (1.9.) in Berlin verfasst hat.
In dem Beitrag warnt er vor einer Politik des Appeasements gegenüber dem KP-Regime in Peking und davor, dass Bewunderung für dessen Politik totalitäres Denken auch in unseren Breiten weit verbreiten könnte.
Chinas Führung nutzt Schwäche des Westens
Lindner warnt vor Überlegungen, in Anbetracht eines wachsenden Desinteresses der USA unter Präsident Donald Trump an Deutschland das KP-Regime in China zum vermeintlichen strategischen Partner der Zukunft zu stilisieren. Die starke Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom chinesischen Markt, die Corona-Krise und die vermeintlich „effiziente“, weil staatsautoritär erzwungene Klimapolitik in China weckten vielerorts trügerische Hoffnungen und Erwartungen.
„Der Gedanke ist verführerisch“, schreibt Lindner.
Und die chinesische Führung ist offenbar entschlossen, diese Schwächephase des Westens zu nutzen. In diesen Tagen besucht Chinas Außenminister Wang Yi Europas Hauptstädte. China werde helfen, die Wirtschaft anzukurbeln, verspricht er. Doch zu einem hohen Preis: Gefolgschaft ohne Widerspruch.“
Die kaum verhohlenen Drohungen des Regimes in Richtung Tschechien angesichts des Taiwan-Besuchs des dortigen Senats machten deutlich, wohin die Reise gehe. Die Tschechen, so hieß es aus Peking, würden „einen hohen Preis“ für diese Reise bezahlen. Wang Yi selbst sprach von einem „Akt internationalen Verrats“.
Drohungen gegen Tschechien müssen Solidarität zur Antwort haben
„Daraus macht Peking keinen Hehl: Wer die Unterdrückung der Demokratie in Hongkong kritisiert oder Freiheitsbestrebungen in Taiwan unterstützt, wird bestraft“, resümiert Lindner. Deutschland und Europa dürften auf solche Drohungen nicht mit leisen Tönen oder Zurückhaltung antworten, sondern es sei Entschlossenheit geboten:
„Wenn der Einsatz für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie einen Preis in Peking kostet, dann wären wir bereit, ihn zu zahlen. Unsere liberalen Werte und ihre universelle Bedeutung stehen nicht zum Verkauf, auch nicht in der bedrohlichsten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland.“
Es sei keine Verletzung des Prinzips einer realistischen Außenpolitik und auch keine innere Einmischung, wenn man offen ausspreche, dass Chinas Regime in Hongkong völkerrechtliche Zusagen missachte, gegenüber den Uiguren Menschenrechte verletze oder dem Westen gegenüber unfaire Handelspraktiken entgegen den Verpflichtungen des internationalen Welthandels praktiziere. Deutschland sei diesbezüglich „oft zu sanftmütig“ gewesen.
Lindner: „Umweltschützer und Konzernchefs verkennen reale Verhältnisse“
Selbstverständlich sei es richtig, enge Beziehungen zu China zu pflegen.
Doch die Prämisse lautet: Zusammenarbeit ja, Unterordnung nein.“
Lindner betonte, es werde „zudem Zeit, die teilweise verklärten Vorstellungen vom erfolgreichen System China zurechtzurücken“. Dazu führt er aus:
„Wenn westliche Konzernchefs von der Effizienz und Planungssicherheit in China schwärmen, vergessen sie manchmal, dass ihre Verhandlungspartner weder demokratisch legitimiert sind, noch irgendwelche Rücksicht auf die Zivilgesellschaft oder die Rechte des Einzelnen nehmen. Gleiches gilt für Umweltschützer, denen in Deutschland und Europa alles zu langsam geht, und die voller Bewunderung davon sprechen, wie Klimaschutz in China einfach von einem starken Staat angeordnet wird.“
Appeasement gefährdet unsere eigene Freiheit
Der Preis für eine Zusammenarbeit mit China dürfe nicht der schleichende Verlust von Demokratie und Freiheit in aller Welt sein. Das „Dauer-Appeasement Deutschlands“ gegenüber einem Regime, das Minderheiten wie die Uiguren im eigenen Land brutal unterdrücke und die Sehnsucht junger Menschen in Hongkong nach mehr Freiheit niederknüppeln lasse, „gefährdet letztendlich auch unsere eigene Freiheit“.
Falsche Zurückhaltung würde in Peking zudem nicht als Höflichkeit, sondern als Ausdruck von Schwäche wahrgenommen. Ernst genommen würde Europa in Peking nur dann, wenn „wir selbst unsere Werte ernst nehmen“.
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