Corona-Krise: Was geschieht, wenn Kanzlerin Merkel erkrankt?

Die Ausbreitung des Virus macht auch vor Deutschlands Politikern nicht Halt. FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff und Friedrich Merz wurden positiv auf das Coronavirus getestet. In Quarantäne sind nun auch weitere Mitglieder des FDP-Fraktionsvorstands.
Titelbild
Angela Merkel.Foto: MICHAEL KAPPELER/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times18. März 2020

In einer Mitteilung der FDP-Fraktion hieß es, dass ein Teil der Mitglieder der Vorstandssitzung vom Montag von COVID-19 betroffen sei. Der Name von FDP-Fraktionsvize Lambsdorff wurde nicht genommen, jedoch ist bekannt, dass er erkrankt ist. Auch die Mitarbeiter des Infizierten seien zu Hause in Quarantäne.

In der FDP-Bundestagsfraktion ist es bereits der zweite bestätigte Corona-Fall. Zuvor war der Rostocker Abgeordnete Hagen Reinhold positiv getestet worden. Zudem wurde auch der CDU-Politiker Friedrich Merz positiv auf das Virus getestet.

Aber was würde passieren, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an dem neuartigen Virus erkrankt? Und sie die Regierungsgeschäfte nicht mehr wahrnehmen könnte?

Sollte Merkel gesundheitlich nicht mehr in der Lage sein, ihren Posten auszufüllen, dann würde der Vizekanzler – also Olaf Scholz (SPD) – die Regierungsgeschäfte übernehmen. So steht es im Artikel 69 des Grundgesetzes. In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags heißt es dazu: „Dies dient der Verantwortungsklarheit und der permanenten Funktionsfähigkeit der Bundesregierung.“

Wenn auch der Vizekanzler arbeitsunfähig ist, wird ein anderer Bundesminister bestimmt, der die Regierung weiterführt. Es könnte jemand bestimmt oder nach verschiedenen Kriterien ausgewählt werden – dazu gehören die Länge der Amtszeit in der Regierung oder das höchste Lebensalter. Das älteste Mitglied des Kabinetts ist Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit 70 Jahren. Die Ministerinnen und Minister können durch ihre Staatssekretäre vertreten werden. Jedes Ministerium hat mehrere davon.

Union will Arbeitsfähigkeit des Bundestages so lange wie möglich aufrechterhalten

Unterdessen soll nach dem Willen der Union der Deutsche Bundestag so lange wie möglich weiter arbeiten. Die Beschlussfähigkeit sei gegeben, solange mehr als die Hälfte aller Abgeordneten anwesend sei, sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) vor wenigen Tagen in Berlin. Werde diese Grenze unterschritten, solle mit der Opposition vereinbart werden, dass der Bundestag auch dann handlungsfähig bleibt. Es wolle niemand aus der Pandemie „politisches Kapital schlagen“, fügte er hinzu.

Brinkhaus sprach von der Möglichkeit, dass der Bundestag in der nächsten Sitzungswoche Ende März nicht oder nur eingeschränkt arbeitsfähig sein könnte. Einige notwendige Beschlüsse seien bereits am Freitag gefasst worden. Brinkhaus erwähnte insbesondere das von allen Fraktionen mitgetragene Schnellverfahren zur Verabschiedung des neuen Kurzarbeitergeldes, mit dem die Folgen der Corona-Krise abgefedert werden sollen. Das Eilverfahren sei ein in der „jüngeren Vergangenheit beispielloser Akt“ gewesen.

Skepsis über Grundgesetzänderung

Wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochsausgaben) indes unter Berufung auf führende Parlamentskreise berichtet, tagt der Bundestag voraussichtlich in der kommenden Woche trotz Corona-Krise – allerdings zeitlich verkürzt und mit reduzierter Tagesordnung. „Gerade jetzt ist doch klar, dass es ohne Parlament nicht geht“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, den Zeitungen.

Sie fügte mit Blick auf Überlegungen zu einer Grundgesetzänderung hinzu: „Ich habe da grundsätzliche Bedenken und sehe keine Notwendigkeit zu einer Änderung des Grundgesetzes. Wir müssen Lösungen finden unterhalb einer Korrektur der Verfassung“, so die Grünen-Politikerin weiter. „Wir gehen davon aus, dass die Sitzungswoche stattfindet – aber sehr gerafft“, sagte Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Bundestagsfraktion.

Unverändert gilt: Die sechs Fraktionen hätten die Bundesregierung gebeten, abzuwägen, „was dringend ist und was nicht“. Eine Grundgesetzänderung lehnte der Linken-Politiker ebenfalls ab. „Diese Überlegungen dürfen jetzt keine Rolle spielen“, sagte er. Der Bundestag sei arbeitsfähig. „Und unter den Fraktionen gibt es einen täglichen Austausch darüber, wie wir diese Arbeit sichern können“, so Korte.

Endgültige Entscheidungen über die nächste Sitzungswoche sollen am Mittwoch in einer Telefonschaltkonferenz von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mit den Parlamentarischen Geschäftsführern fallen.

Eine solche Schaltkonferenz hatte es bereits am Montag gegeben. Anschließend waren Überlegungen Schäubles für eine etwaige Grundgesetzänderung publik geworden. Deren Veröffentlichung hatte wiederum teilweise Verärgerung ausgelöst. Die Überlegungen gehen dahin, eine ähnliche Regelung in das Grundgesetz aufzunehmen, wie sie bereits für den Verteidigungsfall in der Verfassung steht, damit das Parlament agieren kann. (dts/so)

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