Corona-Privilegien: Politiker verordnen Bürgern Quarantäne – und nehmen sich selbst davon aus
Die Flexibilisierung der Corona-Maßnahmen, die es bei Bedarf nun auch ermöglicht, einzelne Bezirke zu „Risikogebieten“ zu erklären, treibt seltene Blüten. So haben die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in ihren Infektionsschutzverordnungen eine Quarantänepflicht für Einreisende aus Risikogebieten vorgesehen.
Zwischen „Wahlkreisverbot“ und Nachweisproblemen
Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben zwar nicht das gesamte Land Berlin, aber immerhin drei Bezirke davon – nämlich Mitte, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg – in dieser Weise eingestuft. Die Zahl der Neuinfektionen im Wochenschnitt liegt in den genannten Bezirken tatsächlich bei mehr als 50 pro 100 000 Einwohner. Genug, um einen solchen Schritt zu rechtfertigen.
Die Konsequenz daraus wäre jedoch, dass sich Personen, die aus den genannten Gebieten in eines der entsprechenden Bundesländer einreisen, dort für die Dauer von 14 Tagen in Quarantäne begeben müssten. Offen bleibt, woran sich die Quarantäneverpflichtung in der Praxis festmachen soll – ob an Meldeadresse oder Aufenthalt – und wie vor allem Letzterer nachgewiesen oder widerlegt werden soll.
Was die Lage noch komplizierter macht: In Berlin-Mitte und anderen Innenstadtbezirken befinden sich zahlreiche der wichtigsten Regierungs- und Parlamentsgebäude, zudem auch eine Vielzahl an Abgeordnetenbüros. Für gewählte Abgeordnete käme die Regelung streng genommen einem „Wahlkreisverbot“ gleich.
Offizieller Aktenvermerk bestätigt Corona-Privilegien für Politiker
So weit wollten die Betroffenen den Vorsorgegedanken dann doch nicht gehen lassen: Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, gibt es einen offiziellen Aktenvermerk des Deutschen Bundestages, der ausdrücklich von einer Möglichkeit spricht, Abgeordnete von der Quarantänepflicht auszunehmen. Dieser Ausnahmetatbestand soll für Parlamentarier gelten, die sich „im Rahmen ihrer Mandatsausübung in einem Risikogebiet aufgehalten haben“.
Schleswig-Holstein nimmt Abgeordnete in einem solchen Fall grundsätzlich aus, solange sie keine COVID-19-Symptome zeigen. Ähnliches gilt in Berlin und Rheinland-Pfalz, nur Mecklenburg-Vorpommern macht auch den Ausnahmetatbestand zur „Kann“-Bestimmung und „empfiehlt“ auch Politikern, im Vorfeld einer geplanten Reise Kontakt mit den Behörden aufzunehmen.
Berlin nimmt auch Regierungsmitglieder von Quarantäne-Pflicht aus
In der „BZ Berlin“ nimmt Gunnar Schupelius Anstoß daran, dass Politiker sich in eigener Sache über dieselben Regeln hinwegsetzen, die sie gegenüber dem Bürger für verbindlich erklären. Er verweist darauf, dass die Ausnahmeregelung der Infektionsschutzverordnung des Berliner Senats sogar die gesamte Regierung und nicht nur das Parlament ausnehme.
Demnach sei von den Quarantänepflichten befreit, wessen Tätigkeit „für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Volksvertretung, Regierung und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Kommunen zwingend notwendig ist“. Die Entscheidung darüber trifft der Dienstherr selbst. Auch für Fernfahrer und die Besatzung öffentlicher Verkehrsmittel gibt es Ausnahmen – unter bestimmten Bedingungen.
Politiker gestehen sich selbst Diplomaten-Privilegien zu
Ohne Bedingungen gilt es jedoch nur für Politik und Verwaltung. Aus Sicht von Schupelius ein selbst zugestandenes Sonderrecht:
Dieses Privileg wird ebenfalls allen Diplomaten und ihren Mitarbeitern zugestanden. Sie können aus jedem Risikogebiet der Welt kommen und müssen nicht in Quarantäne gehen. Das gilt auch für alle Politiker, Beamte und Angestellte, die für die EU arbeiten und nach Brüssel pendeln und das, obwohl Belgien als Risikogebiet eingestuft wird.“
Dass Politiker sich selbst von einem so schwerwiegenden Eingriff in das Privatleben wie einer Quarantänepflicht ausnehmen, zeige eine unglaubliche Form von Abgehobenheit.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion