Corona-Talk bei Maischberger: „Man merkt, dass kinderlose Politiker entscheiden“

Bei Sandra Maischbergers Talk ging es am Mittwochabend um die Verlängerung des Corona-Lockdowns. Boris Palmer forderte mehr Freiheit, nötigenfalls bei weniger Datenschutz. NDR-Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt warf deutschen Politikern fehlende Empathie vor.
Von 12. Februar 2021

Der ARD-Talk bei Sandra Maischberger am Mittwochabend (10.2.) stand vorwiegend im Zeichen der Verlängerung der Corona-Maßnahmen, auf die sich Bund und Länder geeinigt haben.

Der Lockdown wurde mit wenigen Abstrichen bis 7. März verlängert, der Inzidenz-Richtwert verschärft – sehr zum Missfallen von Politikern wie Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der schon im Vorfeld für Lockerungen plädiert hatte.

Psychische Auffälligkeiten bei Kindern ein Thema bei „Maischberger“

Palmer, der bereits Anfang des Jahres ein Ende des Lockdowns ab Februar gefordert hatte, äußerte Erleichterung darüber, dass wenigstens Schulen wieder öffnen könnten, wenn die Länder dies so entscheiden. Er gab dabei seiner Hoffnung Ausdruck, dass Baden-Württemberg dabei mit gutem Beispiel vorangehen würde.

Kinder seien jetzt schon die Leidtragenden der Situation, und das nicht nur wegen des Bildungsausfalls, sondern auch wegen der fehlenden Kontakte. Palmer warnt vor psychischen Schäden, die bei immer mehr Kindern und Jugendlichen zu beklagen seien:

„Wir haben Triage inzwischen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, nicht auf Intensivstationen.“

Palmer will Sicherheit nicht auf Kosten der Freiheit betonen

Der Tübinger Oberbürgermeister forderte darüber hinaus auch mehr Rücksicht auf Menschen, deren berufliche Zukunft durch den Lockdown gefährdet sei oder die infolge der Maßnahmen vor dem Ruin stünden. „Die Schicksale von Menschen, deren Existenzen zerstört werden, müssen auch in die Entscheidungen mit einfließen“, betonte Palmer. Man könne es den Menschen nicht mehr erklären, warum kleine Einkaufsläden schließen müssten, während bei Aldi Massenandrang herrsche.

Um Kindern und Gewerbetreibenden wieder mehr Freiheit zurückgeben zu können, plädierte Palmer für eine offensivere Teststrategie. Darüber hinaus müsste man bereit sein, zugunsten von mehr Freiheit auch Abstriche beim Datenschutz zu machen. Der Preis für vermeintliche Sicherheit sei hoch.

Instrumente zur besseren Nachverfolgung von Kontakten könnten jedoch helfen, die Infektionsketten und die davon ausgehenden Risiken schneller und besser identifizieren zu können. Es müsse deshalb mehr Freiheit zur Datennutzung geben. Aber, so Palmer, „für solche Forderungen wird man in diesem Land ja gesteinigt“.

Meyer-Burckhardt: „Sie wissen nicht, wie das ist, wenn das Gehalt nicht kommt“

Kritik an die Adresse der Politik formulierte auch NDR-Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt. Er warf den Spitzen der Regierung, die über den Lockdown entscheiden, vor, kein Einfühlungsvermögen für die Sorgen und Nöte der Betroffenen aufzubringen:

„Man merkt, dass die Politiker, die das Sagen haben, die Kanzlerin, der Gesundheitsminister und der Wirtschaftsminister, keine Kinder haben. Sie waren nie Geschäftsführer eines Betriebs. Sie wissen nicht, wie es einem geht, wenn das Gehalt nicht kommt, wenn der Laden zu ist.“

Meyer-Burckhardt warf den Verantwortlichen zudem vor, durch zögerliche Auszahlung zugesagter Hilfsgelder für die betroffenen Unternehmen die Situation noch weiter zu verschärfen.

Moderna-Medizinchef zuversichtlich: „Impfungen wirken auch mutierten Viren entgegen“

Intensivmediziner Uwe Janssens warnte hingegen davor, nicht die wirtschaftlichen Nachteile und das Schicksal schwer an Corona Erkrankter gegeneinander aufzuwiegen.

Es könne nicht nur um die abstrakten Kapazitäten der Intensivstationen gehen – seien diese erst einmal ausgeschöpft, sei „der Zug schon abgefahren“. Voreilige Öffnungen seien in Anbetracht der Virenmutationen mit einem hohen Risiko verbunden.

Der aus den USA zugeschaltete Chefmediziner des Corona-Impfstoffherstellers Moderna, Tal Zaks, äußerte sich zuversichtlich. Studien deuteten darauf hin, dass der Impfstoff seines Unternehmens, der strukturell ähnlich aufgebaut ist wie andere mRNA-Präparate, auch gegen die mutierten Viren wirke, allenfalls in etwas abgeschwächter Form.

Schwere Verläufe könne eine Impfung dennoch verhindern. Außerdem sei er zuversichtlich, so Zaks, dass man zeitnah in der Lage sein werde, den Impfstoff auch gezielt an die Mutationen anzupassen.

 

 

 



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