Das Aktionsprogramm Insektenschutz rettet weder Bienen noch Insekten – enteignet aber die Bauern kalt
Pünktlich zum Beginn der Sitzungswoche im Bundestag fand am 23. März am Brandenburger Tor eine Protestkundgebung von Bauern gegen das Insektenschutzgesetz statt, das die schwarz-rote Bundesregierung im Februar auf den Weg gebracht hatte. Eine große Zahl Bauern kamen mit ihren Traktoren, die Polizei spricht von 400 Fahrzeugen.
Es protestierten vor allem die Generationsbauern, die kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe. Ein harter Kern hält seit Beginn des Protestes am 26. Januar 2021 die Stellung an der Karl-Marx-Allee. Mit über zwei Monaten Dauer ist es inzwischen der längste Bauern-Protest, der sich je als Basisbewegung formiert hat.
Zum zweiten Mal begleitete Rebecca Sommer die Treckerkolonne für die Epoch Times aus dem hohen Norden Schleswig-Holsteins bis nach Berlin, um über die Gründe des Protestes, die Sorgen, Nöte und Forderungen der Bauern zu berichten. Bei der Kundgebung auf der Straße des 17. Juni interviewte sie verschiedene Landwirte, Schweinehalter, Milch- und Ackerbauern.
Rebecca Sommer: Anthony Lee von „Land schafft Verbindung“ (LsV) Niedersachsen. Warum sind Sie heute hier?
Anthony Lee: Heute sind wir hauptsächlich hier wegen des Pflanzenschutzgesetzes und der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, die diese Woche im Bundesrat beraten werden und demnächst im Bundestag verabschiedet werden sollen. Wir haben massive Probleme mit diesem Gesetz und ich muss gleich grundsätzlich sagen, es geht hier nicht darum, dass wir etwas gegen Insektenschutz haben.
Ich sage immer wieder, dass die Biene unser wichtigster Arbeitnehmer ist. Keiner braucht die Biene mehr als die Landwirte. Wir sind für einen vernünftigen, wissenschaftlich fundierten Insektenschutz. Und wir sind ganz klar der Meinung, dass dieses Insektenschutzgesetz das nicht leistet, weil es keine Ziele hat. Das einzige Ziel, was dort formuliert ist, ist, ob die Länder es geschafft haben, 90 Prozent der Pflanzenschutzmittel einzusparen. Das wird nach drei Jahren evaluiert. Welches Ziel damit verfolgt wird, wieviel Artenschutz damit betrieben werden soll, ist überhaupt nicht geregelt. Also weiß ich auch gar nicht, ob ich das Ziel erreicht habe.
Rebecca Sommer: Vorab hat der Bauernverband erklärt, dass er nicht Teil dieser Demonstration sein wird. Sie demonstrieren schon seit 58 Tagen. Warum macht er bis heute nicht mit?
Lee: Ja, das ist richtig. Für die Aktion heute habe ich sogar selbst den Bauernverband eingeladen. Der Bauernverband hat bislang mit der Begründung abgelehnt, dass eine Einzelperson Veranstalter war. Das ist richtig. Ich kann sogar verstehen, dass ein Verband dann sagt, das ist nicht unsere Bühne. Aber er ist immerhin auch der politische Vertreter für uns Landwirte.
Heute haben wir das aber extra so geregelt – und das ist das Einmalige heute –, dass drei Verbände gleichzeitig Einladende sind. Also: „Land schafft Verbindung Niedersachsen“, „Land schafft Verbindung Original“ und die „Freien Bauern“. Da muss man ehrlich sagen, die sind sich auch nicht immer grün. Und das war schon ein Wort, dass wir es geschafft haben, dass heute diese Verbände gleichzeitig auf der Bühne stehen und sprechen.
Deswegen finde ich es sehr schade, dass der Bauernverband noch nicht einmal abgesagt hat. Ich hätte eigentlich erwartet, dass man wenigstens ablehnt. Die Begründung wäre mir egal gewesen. Aber gar nicht abzusagen ist sehr schade, weil wir den Bauernverband brauchen. Der Bauernverband ist unser politischer Vertreter und das soll er auch bleiben. Dem möchte niemand Konkurrenz machen. Der Bauernverband könnte auch sagen, wir nehmen euch als Speerspitze. Denn „Land schafft Verbindung“ ist ja von ganz normalen Landwirten gegründet worden, die es selbst in die Hand genommen haben und Aktionen gemacht haben. Wir gehen seit über einem Jahr auf die Straße und sind bei vielen im Gespräch. Wir haben auch etwas erreicht, wir haben auch vieles nicht erreicht. Und deswegen müssen wir gemeinsam für die Sache einstehen. Das nicht nur sagen, sondern das auch wirklich einmal tun.
Rebecca Sommer: Viele der Landwirte und Bauern hier sind der Meinung, dass der Bauernverband sie nicht mehr gut vertritt. Ich selbst habe mit vielen gesprochen, die aus dem Bauernverband ausgetreten sind. Sehr viele der Bauern, die hier sind, stammen von Generationshöfen und gehören keinem Verband an. Jetzt sprechen aber nur Verbände vorne auf der Bühne. Wieso ist der Bauernverband überhaupt die politische Vertretung?
Lee: Es gibt wirklich viele Verbände, das stimmt. Ich glaube, der älteste und auch der wichtigste Verband ist der Bauernverband. Ich komme aus Niedersachsen. Bei uns heißt er Landvolk und ich selbst bin auch unzufrieden mit ihm gewesen. Fünf Jahre lang war ich nicht in dem Verband, vor gut einem Jahr bin ich wieder eingetreten und habe mich in eine stellvertretende Führungsposition wählen lassen. Ich bin der Meinung: Es geht wirklich nur, indem wir gemeinsam, zusammen an die Politik und an die Gesellschaft herantreten und gegen die auch medial angetriebene Spaltung ankämpfen.
Wir sind ständig in der Verteidigungsposition und kommen niemals vor die Welle. Und deswegen brauchen wir auch Verbände und Organisationen. Wenn wir uns vereinen würden, mit dem Bauernverband als politischen Vertreter an der Spitze, wäre es genau das, was uns nach vorne bringen würde. Wir müssen uns verkaufen. Wir müssen uns als Landwirte verkaufen. Unsere Arbeit, die wir machen, ist essentiell. Die ist absolut wichtig. Wir sorgen für die Ernährung in diesem Land, in Europa und auf der Welt. Und wir machen nichts Schlechtes. Im Gegenteil, wir machen Sachen richtig gut. Andere Länder können sich von uns Landwirten in Deutschland abgucken, wie man Umwelt, Artenschutz und Ernährungsproduktion kombinieren kann. Es ist wichtig, dass wir das nach außen tragen. Der Bauernverband an sich ist eine gute Sache. Der Bauernverband ist aber auch nur so gut wie die Führungsspitze. Der Fisch stinkt vom Kopf her. Damit ist glaube ich alles gesagt.
Rebecca Sommer: Was sind die Forderungen der Bauern, die aus allen Himmelsrichtungen nach Berlin gekommen sind?
Lee: Ich kann nur für meine Verbände sprechen. Ich bin ja gleichzeitig bei „Land schafft Verbindung“ und beim „Landvolk Niedersachsen“. Ich möchte gerne den politischen Vertretern, aber auch den Medien und der Gesellschaft, zeigen, wie man Umwelt- und Artenschutz mit der modernen Landwirtschaft kombinieren kann. Ich muss dieses Moderne so betonen, weil es oftmals als schlecht abgetan wird. Im Gegenteil. Allein dadurch, dass wir so gute Technik haben, sparen wir unheimlich viel Pflanzenschutzmittel, aber auch Dünger ein. Ich möchte gerne auch aufzeigen, was wir in den letzten zehn Jahren erreicht haben. Ich kann das ganz gut beurteilen, weil ich ein kompletter Seiteneinsteiger bin und das auch durch eine andere Brille sehen kann.
Die Landwirte werden zu Unrecht in eine Ecke gedrängt. Allein was sich in den letzten zehn Jahren wirklich verbessert hat, was wir an Einsparungen haben, und wie wir Umweltschutz, Artenschutz betreiben. Gerade auch wir in Niedersachsen. Wir haben im letzten Jahr den niedersächsischen Weg ins Leben gerufen, zusammen mit der Politik, mit den Naturschutzverbänden „NABU“ und „BUND“, aber auch mit dem Bauernverband. „Land schafft Verbindung“ ist dann noch nachträglich dazugekommen. Wir haben ein Gesetz mit dem niedersächsischen Weg geschaffen. Was einmalig ist, das gab’s noch nie.
Da muss sich vielleicht mal das Bundeslandwirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium an unsere Landwirtschaftsministerin wenden, aber auch an unseren Umweltminister in Niedersachsen, und fragen, wie wir das geschafft haben. Und das ist genau das, was wir auf Bundesebene brauchen, dass man gemeinsam etwas Sinnvolles auf den Weg bringt. Gesetze müssen auch sinnvoll sein. Und ich sagte eben schon, dass das Naturschutz ist.
Das Aktionsprogramm Insektenschutz (API) hat einfach keinen Sinn, weil ich gar kein Ziel habe. Ich kann nicht pauschal sagen, ich spare Pflanzenschutzmittel ein, ohne etwas damit erreichen zu wollen. Das ist nicht das Ziel von Umwelt-, Arten- und Insektenschutz. Vor allem nicht, wenn man das über die Köpfe der Landwirte entscheidet, ohne sie mitzunehmen. In diesem Gesetz ist vorgesehen, dass man pauschal Gewässerrandstreifen einfach stilllegt. Da darf man nicht düngen, da darf man nicht mehr spritzen, also keinen Pflanzenschutz betreiben. Das ist eine kalte Enteignung. Man kann den Betrieben das dann einfach wegnehmen. Gerade die norddeutschen Betriebe sind betroffen, wo man viele Oberflächengewässer hat. Das ist eine kalte Enteignung und das funktioniert einfach nicht.
Rebecca Sommer: Was bedeutet eine kalte Enteignung in diesem Fall? Was bedeutet das für einen Bauern?
Lee: Stellen Sie sich vor, dass man Ihnen etwas von Ihrem Garten wegnimmt und zwar weil wir bestimmen, dass wir das für die Vogelwelt belassen möchten. Und dafür verzichten Sie auf zehn Meter Land rings um Ihr Grundstück herum. Das ist nichts anderes. Durch ein Gesetz ist es dann so geregelt, dass ich dort keinen Pflanzenschutz, aber auch keinen Dünger mehr ausbringen darf. Aber eine Pflanze braucht Nahrung, genau wie jeder Mensch auch Nahrung braucht, um Wachstum zu generieren.
Wir haben es in den letzten Jahren gesehen: Wir hatten drei wirklich trockene Sommer und vor allem die Viehbetriebe mussten sich Futter teuer dazu kaufen, bei einem sowieso schlechten Markt. Ich möchte gar nicht auf die anderen Probleme eingehen, die wir mit dem Lebensmitteleinzelhandel haben. Die schlechten Preise, die wir für unsere Lebensmittel bekommen, als Landwirte. Aber wenn diese Flächen fehlen und das Futter eh schon knapp ist und ich mir noch mehr dazu kaufen muss, werden diese Betriebe einfach nicht überleben.
Viele dieser Betriebe sind schon pleite, sie halten sich über Wasser, weil sie sich selbst keinen Lohn auszahlen. Das muss man sich auch mal überlegen. Welche Berufsgruppe macht denn so etwas? Sich keinen Lohn auszahlen, um zu überleben? Ich weiß, dass Betriebe einen Teil ihres Landes verkaufen, um den Betrieb nicht aufgeben zu müssen.
Wir machen das nicht. Das ist nicht einfach ein Beruf, den ich aufgebe. Wir denken in Generationen. Wir lieben diesen Job. Wir leben für diesen Job, wir opfern unsere Freizeit. Fragen Sie doch mal einen Landwirt in viehstarken Regionen, ob er in Urlaub fährt. Der fährt niemals in Urlaub, aber der beklagt sich nicht. Er will aber für seine Arbeit einfach nur fair entlohnt werden. Fair.
Wenn man einen Mindestlohn annimmt – kein Landwirt aus diesen Regionen bekommt den Mindestlohn. Aber das interessiert keinen und es spricht keiner darüber. Und das nervt. Und es bringt uns auf die Palme, bringt uns auf die Straße und es ist einfach nicht mehr auszuhalten. Wir halten es nicht mehr aus. Wenn dann so ein Gesetz kommt und uns etwas wegnimmt, ohne dadurch einen Nutzen zu generieren. Es bringt nichts, eine Fläche einfach nur stillzulegen. Das ist auch wissenschaftlich belegt. Gehen Sie mal an die Uni Göttingen, da werden Ihnen das alle Professoren sagen.
Schauen Sie sich das Wattenmeer als Beispiel an. Was ist im Wattenmeer los? Da ist seit Jahren nichts mehr passiert. Da haben sie Gänseplagen, Füchse, Binsen, Ratten und die Altvögel, aber ansonsten gar nichts. Wir müssen genau diese Flächen wissenschaftlich evaluieren. Ist da was passiert? Bringt uns das was für den Umwelt- und Artenschutz? Das funktioniert nur, wenn wir gemeinsam die Wissenschaft dazu nehmen. Die Landwirte, die ihre Betriebe ganz genau kennen und wissen, wo sie am besten Umwelt- und Artenschutz betreiben können, sollten die Politik dazunehmen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Genauso wie wir es in Niedersachsen gemacht haben mit dem niedersächsischen Weg. Das war auch schwer für Landwirte, aber das haben die meisten akzeptiert, weil man dann auch entsprechend entlohnt wird. Und das ist das, was uns fehlt. Wir können nicht einfach unsere Flächen herschenken. Wir sind nicht das Sozialamt.
Rebecca Sommer: Der niedersächsische Weg bedeutet also, dass Sie für die Flächen, die Sie für den Insektenschutz hergeben, entschädigt werden?
Lee: Genau. Wir werden entlohnt für eine gesellschaftliche Aufgabe, die wir wahrnehmen. Und das ist ja Umwelt- und Artenschutz. Wir machen etwas für die Gesellschaft. Alle anderen bekommen etwas dafür. Wenn Sie es mal mit anderen Bereichen vergleichen, beispielsweise mit dem Energiesektor: jeder bekommt. Wir zahlen eine EEG-Umlage für mehr grünen Strom. Aber für Umwelt- und Artenschutz, da sollen die Landwirte allen Ernstes ihre Flächen einfach so hergeben. Das kann doch nicht im Sinne der Allgemeinheit sein. Was passiert denn dann? Wir haben weniger Flächen, um unsere eigene Ernährungssicherung zu generieren. Wir importieren nur mehr. Zeigen Sie mir ein Land, in dem Umweltschutz und Artenschutz so mit der Landwirtschaft verflochten ist wie bei uns. Das werden Sie nicht finden. Das gibt es gar nicht.
Rebecca Sommer: Wie die meisten Verbraucher habe ich gedacht, dass die Nahrungsmittel in der EU nach den gleichen EU-Standards hergestellt werden. In Sachen Tierwohl- und Verbraucherinteressen gibt es bei uns hohe Standards, die aber nicht in allen Ländern gelten.
Lee: Das ist wirklich so. Wir haben in Deutschland und in Europa die höchsten sozialen und Umweltstandards. Das stimmt. Aber das ist nicht immer so. Ich komme aus einer ziemlich starken Zuckerrübenanbau-Region. Wir produzieren also Zucker, der aus den Zuckerrüben hergestellt wird und bei uns regional an Dr. Oetker und Coca Cola ausgeliefert wird. Super Sache eigentlich.
Aber wir haben aktuell extreme Probleme mit einem Beizmittel. Dieses Mittel ist bei uns in Deutschland verboten. Das war in Europa komplett verboten. In den letzten Jahren haben alle Länder, die rings um uns herum Zuckerrüben anbauen, dieses Mittel wieder zugelassen. In Deutschland hat man für das Rheinland eine Sondergenehmigung herausgegeben. Bei uns in der Region nicht, weil man dort aufgrund des Schädlingsdrucks gar keine Zuckerrüben mehr anbauen kann. Die Pflanzen werden komplett kahlgefressen. Die einzige Lösung, die wir hätten, wäre, die ganz kleine Pflanze auf der kompletten Fläche zwei- bis dreimal mit einem Insektizid zu spritzen. Das wollen wir nicht. Wir treffen damit Insekten, die wir nicht töten wollen.
Das also zu dem Problem, das wir in Europa haben. Es ist nicht so, dass wir wirklich die gleichen Standards haben. So sollte es zwar sein, es wird aber nicht so praktiziert.
Wegen der Kennzeichnung: Man hat im Supermarkt als Verbraucher gar nicht die Möglichkeit, wirklich zu erkennen, wo ein Lebensmittel herkommt. Selbst Äpfel oder Spargel in Gläsern kommen aus China. Ich weiß nicht, ob diese Produkte jetzt schlechter sind oder nicht. Nur dann braucht man nicht von morgens bis abends zu erzählen, dass man Regionalität will, dass man den CO2-Fußabdruck möglichst klein halten möchte, und dass man den Landwirten vor Ort was Gutes tun will. Das ist leider oftmals nicht so. Und solange wir in den Supermärkten keine klare Kennzeichnung haben – die wir und auch alle Verbände fordern –, wird es für uns immer schwieriger, die regionalen Produkte auf den Markt zu bringen.
Es hat sich durch die Corona-Situation im letzten Jahr etwas verändert. Jeder, der einen Hofladen hat, der wird momentan wirklich überrannt, denn in der Bevölkerung findet ein langsames Umdenken statt.
Aber selbst wenn Sie diese regionalen Produkte wollen, können Sie im Supermarkt gar nicht erkennen, wo das Produkt wirklich herkommt, dann hilft es dem Verbraucher nicht weiter. Und das ist noch ein Problem, das wir ändern müssen.
Rebecca Sommer: Edeka zum Beispiel kauft ja vorbildlich von regionalen Landwirtschaftsbetrieben ein. Welche Möglichkeiten hat sowohl der Lebensmitteleinzelhandel als auch der Verbraucher, um die regionale Landwirtschaft zu unterstützen?
Lee: Ja, es gibt wirklich Pilotprojekte wie bei Edeka, die die Regionalität stärken. Die Situation im Lebensmitteleinzelhandel ist nicht immer so schön, wie sie auf Bildern dargestellt wird. Es gibt Knebelverträge, gerade auch von den großen vier, also auch von Edeka, Aldi, Lidl [und Rewe]. Wir sind gerade dran, das öffentlich zu machen. Aber auch da wird Druck ausgeübt. Aber wie gesagt, erste Schritte gibt’s. Wir sind in guten Gesprächen, auch mit Edeka in Minden, aus der Region, aus der ich komme. Da wird auch Milch produziert. Milch ist wirklich ein sehr komplexes Thema. Aber es gibt gute Ansätze. Beispielsweise bekommt die Ammerland Milch 10 Cent drauf und die kommt auch tatsächlich beim Landwirt an. Gerade bei der Milch, da reden wir wirklich von geringen Centbeträgen. Wenn die bei dem Landwirt ankommen würden, würde uns das wirklich weiterhelfen. Also wir reden hier nicht von großen Beträgen.
Das ist aber auch die Problematik im Lebensmitteleinzelhandel. Ich kann es ihnen nicht anlasten, dass sie viel Geld verdienen wollen. Mein Schwiegervater sagt immer: Niemand ist Feind seines eigenen Geldes. Aber nichtsdestotrotz ist es schon so, dass der Lebensmitteleinzelhandel in den letzten Jahren ein enorm hohes Einkommen erzielt hat. Allein im letzten Jahr 2020 hat der Lebensmitteleinzelhandel – die vier großen – zehn Milliarden Euro mehr verdient als im Jahr davor. Und wenn Sie jetzt im Supermarkt schauen, sehen Sie, dass die Produkte immer teurer werden. Für den Kunden und für uns Landwirte passiert eigentlich relativ wenig. Wir sehen am Schweinemarkt gerade, dass die Preise etwas nach oben tendieren. Zumindest mal gucken, wie nachhaltig das ist. Aber grundsätzlich ist es so, dass wir für unsere Produkte einfach zu wenig Geld bekommen. Bei uns wird alles andere auch teurer. Maschinen, Saatgutkosten, Dieselkosten. Alles wird teurer. Aber wir generieren für unsere Produkte einfach viel zu wenig.
Rebecca Sommer: Was machen Sie als Bauer?
Lee: Wir haben einen reinen Ackerbaubetrieb in Südniedersachsen. Aber mit diesem reinen Ackerbaubetrieb würden wir unseren Hof nicht so halten können wie er jetzt ist, durch die extremen Schwankungen, die wir haben. Wir bauen hauptsächlich Weizen an, aber auch viele andere Produkte wie Raps. Die Preise waren sehr schlecht. Jetzt sind sie mal sehr gut, aber durch die extremen Schwankungen ist es so, dass wir mehrere Standbeine aufbauen mussten. Wir haben noch eine Gastronomie mit Biergarten und haben viele Events, wenn Corona nicht ist. Wir haben vor zwei Jahren noch ein Hotel dazu gebaut und wir hoffen, dass das bald wieder anläuft, denn nur mit einem Standbein haben Sie es heute in der Landwirtschaft extrem schwer aufgrund der extremen Schwankungen.
Rebecca Sommer: Viele der kleineren Bauernbetriebe schaffen es nicht mehr zu überleben und brauchen ein zweites oder drittes Standbein. Können Sie das erklären?
Lee: Die kleinen Betriebe haben es ja immer schwerer, wegen der Kostensteigerungen in allen Bereichen, ob das jetzt eine Maschine ist oder etwas anderes. Das wird uns ja auch immer vorgehalten – ihr mit den großen Treckern! Aber man muss mal gucken, wie war es denn früher auf den Betrieben? Früher hatte man drei, vier Trecker. Das macht jetzt einer. Dass die so teuer sind, das stört uns auch. Aber wir sind halt effektiver damit. Und durch die Effizienz, die wir haben, schaffen wir es, den Kostendruck ein bisschen in den Griff zu bekommen.
Aber diese kleinen bäuerlichen Strukturen, die ja auch gewollt sind, die gerade die Naturschutz-Verbände fordern und haben wollen, die kommen in diesem Marktumfeld nicht klar, wenn sie nur diesen reinen landwirtschaftlichen Betrieb haben. Und deswegen machen das viele. Ich kenne viele Berufskollegen von mir, die machen Ferienwohnungen, die machen Reiterhof oder bieten Alpakas noch dazu – es gibt nichts, was es nicht gibt. Oder einen anderen Job natürlich. Die noch einen neuen Zweitjob anfangen und dann diesen Hauptantrieb zum Nebenerwerb machen müssen. Und das ist traurig.
Und das ist genau das, was mich so stört, wenn man sagt, man möchte diese kleinbäuerlichen Strukturen. Aber die sterben aus und die sterben rapide aus, wenn wir da nicht gegensteuern. Und dazu gehört, dass die Auflagen, die Bürokratie, die uns aufgebürdet wird, einfach weniger werden muss. Der Bürokratieaufwand betrifft ja alle Bereiche in Deutschland, ob das der Bausektor ist oder sonst irgendwas.
Versuchen Sie heutzutage mal einen Bauantrag zu kriegen, sei es für ein Einfamilienhaus, oder um einen Stall zu bauen. Wir brauchen ja mehr Ställe beim niedersächsischen Weg, um mehr Ökoflächen oder Öko-Landwirte zu bekommen. Um die Kreislaufwirtschaft herzustellen, gehört ja dazu, dass man mehr Ställe baut. Auch die Biobetriebe, auch die Pflanzen, die im Biobetrieb sind, brauchen Dünger. In der Bevölkerung aber auch in der Politik herrscht teilweise eine Unwissenheit vor, die erschreckend ist.
Rebecca Sommer: Vielen Dank!
Zur Autorin: Rebecca Sommer ist eine internationale, seit 2012 in Berlin sesshafte deutsche Menschen- und Völkerrechtsadvokatin. Bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland 2012 engagierte sie sich mit ihrem speziellen beratenden ECOSOC-Status sowohl bei den Vereinten Nationen im New Yorker UN-Hauptquartier in Genf und weltweit für Menschenrechte mit speziellem Fokus auf Indigene Völker und Völkerrecht.
Bearbeitung: mk
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