Das „Viel-Kohle“-Kraftwerk
Die Mitarbeiter von Vattenfall dürften sich an Protestaktionen vor ihren Toren –
und Baustellen – gewöhnt haben, so häufig wie sich dort Umweltaktivisten aufgebaut und ihre Transparente entrollt haben. Besonders die Proteste gegen das Steinkohlekraftwerk Moorburg, das Vattenfall seit Herbst 2007 baut, häufen sich. Jüngst von den Aktivisten des Klimacamps08. Das Hauptthema der Proteste ist die Erhöhung der CO2-Emissionen um 8,5 Millionen Tonnen jährlich, also um 40 Prozent in Hamburg.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Entwicklung der Erneuerbaren Energien durch die Festlegung auf eine veraltete Methode der Energiegewinnung für 40 Jahre verzögert wird. Ferner wird der Wirkungsgrad von nur 46,5 Prozent bemängelt, das heißt, über die Hälfte der verbrannten Kohle würde als ungenutzte Wärme verpuffen. Um an die Kohle in der Erde heranzukommen, werden sogar Naturschutzgebiete in riesige Kraterwüsten verwandelt.
Fischesterben in der Elbe
Sehr große Sorgen machen sich Umweltschützer auch um das Leben in der Elbe. Axel Schlemann, Leiter des Elbfischereibüros im niedersächsischen Bleckede (Kreis Lüneburg) erklärt: „Man muss bedenken, um welche Dimensionen es bei dem Kraftwerk geht. Ein Drittel des mittleren Elbabflusses würde zur Kühlung durch das Kraftwerk laufen. Dabei saugt es unter anderem die Fische mit an, wovon viele beschädigt werden oder daran sterben, weil sie mit erhitzt werden. – Man sagt, das Kraftwerk Moorburg wäre der größte Elbfischer. – Wenn ein Drittel der Elbe drei Grad wärmer wieder herauskommt, dann haben wir bei Durchmischung etwa ein Grad Temperaturanstieg. Das führt dazu, dass der Sauerstoffgehalt abnimmt. Für die Fische, die ein Minimum an Sauerstoffgehalt im Wasser benötigen, wäre das fatal. Zusätzlich führt die Zersetzung der toten Fische und Kleinlebewesen im Wasser zu einer weiteren Sauerstoffminderung.“
Laut Vattenfalls Pressesprecherein Sabine Neumann liegen die Fische Vattenfall am Herzen, weshalb sie die Wasser-Einströmöffnung des ehemaligen Gaskraftwerkes am Standort verdoppelt hätten, um den Sog zu vermindern; die „unerfahrenen“ Fische, die sich doch hineinverirrten, würden automatisch mit Bechern herausgefischt.
Feinstaubbelastung
Die erhöhte Feinstaubbelastung von bis zu 400 Tonnen jährlich bereitet der Wilhelmsburger Ärzteschaft e.V. Kopfschmerzen. Die für Deutschland geltenden Belastungsgrenzen liegen laut den Ärzten deutlich über den von der WHO gerade noch als tolerierbar angesehenen. Diese wurden bereits im Jahr 2006 an mehreren Hamburger Messstationen an mehr als 20 Tagen überschritten. Laut Sabine Neumann wären 400 Tonnen ein seltener Wert, der nur bei höchster Auslastung und schlechtester Kohlequalität einträte. Nach Neumanns Aussagen läge die Feinstaubmehrbelastung für die Menschen bei 0,2 Prozent und wären nicht relevant.
Das ehemalige Gaskraftwerk in Moorburg wurde stillgelegt, weil Gas für Vattenfall, das derzeit Rekordgewinne einfährt, nicht mehr lukrativ war. Kohle ist das preiswerteste brennbare Fossil, weshalb der Strom aus dem Kraftwerk Moorburg sich auf der Strombörse gut verkaufen ließe. Ob Vattenfall die in Aussicht gestellte CO2-Abscheideanlage baut, liegt an den „Rahmenbedingungen“, die 2013 gegeben sein werden. „Für den Fall, dass Vattenfall das nicht macht, haben wir uns bereit erklärt, Strafzahlungen an einen Klimafond zu leisten“, sagt Hamburgs Vattenfall-Sprecherin. Wenn die Entscheidung für die Abscheideanlage fallen sollte und dann die Emissionszertifikate ausnahmslos von allen Industriebetrieben bezahlt werden müssen, außer vom Kraftwerk Moorburg, weil es das CO2 ja verflüssigt unter der Erde einlagert, hätte Vattenfall einen klaren Wettbewerbsvorteil.
Kein Bedarf für Kohle
„Durch die CO2-Abscheideanlage würde infolge der Rauchgaswäsche eine zusätzliche Wassermenge von 50 bis 100 Kubikmetern pro Tonne CO2 verbraucht werden. In den von Vattenfall vorgelegten Unterlagen steht von alledem nichts“, erfährt man von Greenpeace.
Laut Vattenfall brauchen wir das Kraftwerk Moorburg, damit Hamburg immer genug Strom hat. Was wären denn die Alternativen, fragten wir den Energienreferenten von Robin Wood, Dirk Seifert: „Laut der Studie des Umweltbundesamtes, das die behauptete Stromlücke untersucht hat, sind auch mit dem geplanten Atomausstieg bis 2020 keine Stromlücken zu erwarten. Dann müsste man lediglich elf Prozent Strom einsparen, die Kraftwärmekoppelung verdoppeln und die Erneuerbaren Energien auf 30 Prozent Anteil bringen. Das sind sowieso die Ziele der Bundesregierung. Moorburg ist in dieser Berechnung nicht enthalten. Also auch ohne das Kraftwerk Moorburg gibt es bis 2020 keine Stromlücken.“ Ersatz bräuchte man für das Kraftwerk Wedel, das 2012 abgeschaltet werden soll, um die Fernwärme sicherzustellen. Das wären etwa 600 Megawatt, die nach der Vorstellung von Robin Wood auf Gasbasis betrieben werden sollten.
Die Entscheidung für oder gegen die Genehmigung des Kraftwerks Moorburg fällt am 10. September.
Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 35/08
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