Daten von Schülern in Händen von US-Geheimdiensten

Baden-Württemberg will den Cloud-Dienst von Microsoft abschaffen. Auch Österreich fürchtet um seine digitale Souveränität und Selbstbestimmung.
Schülerinnen arbeiten in einem Klassenraum einer Grundschule an Computern.
Schülerinnen arbeiten in einem Klassenraum einer Grundschule an Computern.Foto: Friso Gentsch/dpa
Von 14. Mai 2022

Die Dominanz von Microsoft und Google in Klassenzimmern stößt auf Kritik, weil es zahlreiche datenschutzrechtliche Probleme gibt.

So fordert der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) Baden-Württembergs, Dr. Stefan Brink, die Abschaffung des Cloud-Dienstes Microsoft (MS) 365.

„Ab dem kommenden Schuljahr ist die Nutzung von MS 365 an Schulen zu beenden oder deren datenschutzkonformer Betrieb ist von den verantwortlichen Schulen eindeutig nachzuweisen“, wird er auf der Internetseite zitiert.

Schulen könnten alternative Tools verwenden

40 Schulen will Brink einen Besuch abstatten, informieren und Alternativen aufzeigen. Er weist darauf hin, dass es mittlerweile auch alternative digitale Tools gebe, die oft und erfolgreich genutzt würden. Dazu gehörten zum Beispiel Lernmanagementsysteme wie Moodle oder itslearning, die an Schulen ohne weitere Kosten benutzt werden könnten.

Die Einbindung des Web-Konferenzsystems BigBlueButton sei jeweils integriert, sodass auch Videokonferenzen stattfinden könnten. Schulen, die MS 365 weiterverwenden wollen, weil sie der Ansicht seien, dass der Cloud-Dienst den rechtlichen Anforderungen genüge, müssten dies hinreichend begründen. Dabei sei der datenschutzkonforme Betrieb sicherzustellen.

Im Vorfeld hatte Brink die Landesregierung Baden-Württembergs beraten und bereits im vergangenen Jahr geraten, MS 365 nicht mehr zu verwenden. 

Microsoft 365 nicht konform mit Datenschutz

In einem Pilotprojekt hatte das Kultusministerium mit Dienstleistern und Vertretern von Microsoft nach einer Möglichkeit gesucht, MS 365 an Schulen datenschutzkonform zu nutzen. Dies sei jedoch vergebens gewesen, schreibt „heise online“. „Das Kultusministerium kündigte anschließend an, künftig auf eine datenschutzkonforme digitale Bildungsplattform zu setzen“, sagt Datenschützer Brink.

Bei Microsoft sei man allerdings davon überzeugt, MS 365 auch an Schulen gemäß der Datenschutz-Grundverordnung einsetzen zu können, sagte eine Sprecherin gegenüber „heise online“. Das Unternehmen wolle Datenschützer Brink nun aufzeigen, wie dessen Kritikpunkte aus der Bewertung des Pilotprojektes behoben worden seien.

Zwangsweise Nutzung „größter Tabubruch“

Wie problematisch der umfangreiche Einsatz von Anbietern wie Microsoft ist, beschreibt die österreichische Nichtregierungsorganisation (NGO) epicenter.works. Österreich verlasse sich zu sehr auf amerikanische Big-Tech-Firmen.

Ein Schulbetrieb ohne Microsoft sei praktisch kaum noch möglich, Google komme ebenfalls oft zum Einsatz. Der „größte Tabubruch“ sei jedoch die zwangsweise Nutzung der Betriebssysteme von Microsoft oder Google auf den Endgeräten, die den Schülern zur Verfügung gestellt würden.

Die Daten der Schüler könnten in den USA von Geheimdiensten gesammelt werden, sodass sich komplexe Rückschlüsse auf jeden einzelnen ziehen lassen könnten, heißt es in dem Bericht der NGO.

Doch gehe es nicht nur um die Datenweitergabe an US-Geheimdienste, Werbung „im großen Stil“ sei ebenfalls ein Thema. Zwar gebe sich Microsoft datenschutzfreundlich und behaupte, Daten nicht für Werbezwecke zu nutzen, allerdings hätte schon bei Bildungskonten von Microsoft Teams das Senden von Werbe-IDs an Adobe Experience Cloud, die Adobe-Tochter Marketo oder an Google Ads nachgewiesen werden können.

„Österreichische Schulen sind auf dem besten Weg, bzw. schon mitten drin, ihre digitale Souveränität zu verlieren und damit auch ihre Unabhängigkeit und Selbstbestimmung, wenn wir nicht rasch gegensteuern und die Ausbreitung der IT-Monokultur verhindern und zurückdrehen“, heißt es bei epicenter.works weiter. 

Das deutsche Schulsystem sei föderaler organisiert als in Österreich und daher in jedem Bundesland anders. So sei Microsoft in einigen Bundesländern als nicht geeignet für Schulen befunden worden, während es in anderen forciert werde, schreibt die NGO. Das habe zu einer stärkeren Diskussion in den unterschiedlichen Bundesländern geführt und erlaube, verschiedene Ansätze zu erproben und in ihren Ergebnissen zu vergleichen. 



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