Defender 2020: NATO will Großmanöver für die Bevölkerung möglichst schonend gestalten

Am Freitag trafen die ersten US-Soldaten und Panzer für das Großmanöver der NATO unter dem Titel Defender 2020 in Bremerhaven und Hamburg ein. Im Mittelpunkt der bis Juli andauernden Übung werden die Interoperabilität und die Fähigkeiten bei großen Verlegungen stehen.
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"Defender Europe 2020" galt als größte Truppen-Verlegeübung der Nato seit 25 Jahren.Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Von 24. Februar 2020

Auf drei Strecken könnte der Osterreiseverkehr in Deutschland in diesem Jahr zusätzlichen Belastungsproben ausgesetzt sein. Das kündigt jetzt bereits die Bundeswehr an. Grund dafür ist das Großmanöver Defender 2020 der NATO, das am vergangenen Freitag (21.2.) mit dem Eintreffen erster US-amerikanischer Panzer in Bremerhaven und amerikanischer Soldaten in Hamburg in seine zweite Phase getreten ist.

Defender 2020 nur mit kleinen, dezentralen Gefechtsübungen

Das Manöver wird nicht, wie es etwa bei „Saber Strike 2017“ in Litauen oder „Trident Juncture 2018“ in Norwegen der Fall war, den Eintritt des Bündnisfalls und die militärische Abwehr eines massiven Angriffs feindlicher Truppen in den Mittelpunkt stellen. Bei Defender 2020 geht es vor allem um die Fähigkeit, Truppen und Gerät in kampffähiger Stärke schnell und sicher an diverse Einsatzorte zu verlegen. Zudem wird die Fähigkeit zur reibungslosen Truppenrotation ausgetestet. Es wird zwar auch Gefechtsübungen geben, diese jedoch kleiner und dezentraler, ehe Ende Mai eine Abschlussübung auf dem Truppenübungsplatz Bergen in der Lüneburger Heide stattfinden wird.

Im Rahmen des Manövers werden die USA ihre größte Truppenverlegung nach Europa seit 25 Jahren durchführen. Insgesamt 37 000 Soldaten werden sich an dem Manöver beteiligen, darunter 19 000 US-amerikanische. Von diesen werden sich zu keinem Zeitpunkt mehr als 13 000 gleichzeitig in Deutschland aufhalten. Insgesamt werden Soldaten aus 19 Ländern teilnehmen. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, wird das Manöver in insgesamt sieben Ländern stattfinden, zudem werden zehn Seehäfen und 14 Flughäfen involviert sein.

Bereits seit Januar wird Material aus US-Depots in Belgien und Deutschland auf die Übungsgelände in Bergen und Grafenwöhr sowie auf Trainingsgelände in Polen verlegt. Diese Phase I wird noch bis April andauern.

Deutschland als Drehscheibe im Großmanöver

Die zweite Phase hat am vergangenen Freitag begonnen und wird bis Anfang Mai dauern. Personal und Material werden von den USA nach Deutschland verlegt, das als Drehscheibe im Zentrum der Übung steht. Hier laufen die relevanten Stränge zusammen – und hier ist auch der Schwerpunkt der Verlegungen über Schiene und Straße.

Die Verlegungen über die Straße werden vor allem von Bremerhaven über Hamburg und Berlin in den Norden Polens, über Aachen, Dortmund, Hannover und Berlin via Frankfurt/Oder in den Westen des Nachbarlandes und von Mannheim über Dresden via Görlitz in dessen Süden stattfinden. An 48 Tagen, an denen Konvois im Einsatz sind, wird es insgesamt bis zu 100 Bahntransporte geben. Dazu kommen noch Verlegungen auf dem Seeweg. Diese betreffen vor allem die Panzer. Im Gegenzug ist nicht vorgesehen, diese über Straßen rollen zu lassen.

Die dritte Phase beinhaltet einen Material- und Truppentransport von Deutschland nach Polen, die von Ende April bis Ende Mai dauern wird. Nach einer ersten Rückverlegung wird in Bergen die Abschlussübung stattfinden. Die noch nicht betroffenen Truppenteile und Gerätschaften der US-Armee und der Bundeswehr werden in weiterer Folge bis Juli 2020 wieder an ihre Heimatstandorte zurückkehren.

NATO-Oberbefehlshaber: „Bereitschaft und Interoperabilität testen“

Mit der Teilnahme an dem Manöver wollen die USA ein Bekenntnis zur Sicherheit Europas abgeben und gleichzeitig proben, wie verlässlich die europäischen Partner agieren und in der Lage sind, gemeinsame Vorhaben umzusetzen. Der NATO-Oberbefehlshaber für Europa (SACEUR), General Tod D. Wolters, spricht im Zusammenhang mit dem Großmanöver von einer „Plattform, um die Bereitschaft und Interoperabilität der verbündeten Streitkräfte zu stärken“.

Der Bundeswehr zufolge wird auch in den Osterferien ein Teil der Verlegungen über die Straße stattfinden, was zu Staus und Behinderungen führen könnte. Allerdings werde, so Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis der Bundeswehr, gegenüber dem Tagesspiegel, der Großteil der Transporte in den Nachtstunden stattfinden, um die Beeinträchtigungen zu minimieren. Auf den Personenverkehr der Bahn werden ebenfalls keine Auswirkungen befürchtet.

Die Bundeswehr selbst wird die US-Truppenverlegung mit bis zu 1500 Soldaten begleiten, 4000 Soldaten werden sich an den eigentlichen Manövern beteiligen. Die Landespolizei der jeweils involvierten Bundesländer ist für die Gewährleistung der Transportsicherheit auf den Straßen zuständig.

USA tragen den Hauptteil der Kosten

Für Deutschland werden die Kosten der Beteiligung an den Manövern Schätzungen zufolge bei etwas über 2,5 Millionen Euro liegen. Diese beruhen auf Bedarfsanalysen, die sich auf Verlegung von Material und Personal, Unterbringung und Bereitstellung von Infrastruktur beziehen. Es könnten noch weitere Kostenfaktoren dazukommen.

Die USA werden hingegen, so ein Sprecher der US Army Europe, etwa 340 Millionen US-Dollar für die Durchführung des Großmanövers aufwenden, schrieb das Magazin „Breaking Defense“ bereits im Vorjahr. Defender 2020 werde allerdings nicht zuletzt für die beteiligten Länder selbst positive Synergieeffekte haben.

So erklärte ein Sprecher gegenüber „Breaking Defense“, die Vorbereitung des Manövers beflügele jetzt schon strategische Investitionen in den jeweiligen Ländern: „Litauen verbessert beispielsweise seine Bahninfrastruktur und auch die Deutsche Bahn hat im Vorfeld der Übung bereits in zusätzliche schwere Transportzüge investiert.“ 

Insgesamt 56 Länder werden Beobachter zu der Übung entsenden, darunter auch die Russische Föderation, die wiederholt Vorbehalte geäußert hatte, Manöver dieser Art wären gegen sie gerichtet. Die NATO weist diese Darstellung zurück. Allerdings hat die Ukrainekrise 2014 speziell mit Blick auf die Ereignisse auf der Halbinsel Krim vor allem in osteuropäischen Anrainerstaaten der Russischen Föderation Forderungen nach einer stärkeren Präsenz der NATO in der Region ausgelöst.



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