Der Aufstieg der AfD: „Die SPD als Volkspartei ablösen“

Wie entscheidend war das Thema Migration dafür, dass die AfD in den wirtschaftsstarken Bundesländern Bayern und Hessen zweitstärkste Kraft wurde? Wie viele haben sich aus Protest und wie viele aus Überzeugung für die AfD entschieden?
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Robert Lambrou und AfD-Bundessprecherin Alice Weidel freuen sich über das Wahlergebnis von Hessen.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Von 10. Oktober 2023

Nach dem deutlichen Stimmengewinn bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen ist die AfD in beiden Bundesländern nun zweitstärkste Kraft hinter den Unionsparteien CSU und CDU. Zwei wichtige Landtage in Westdeutschland sind somit durch eine Oppositionskraft „erobert“ worden. Einzig die in einer Demokratie fragwürdig erscheinende „Brandmauer“ der Parteien verhindert ihre Regierungsbeteiligung.

Damit rückt näher, was die AfD bereits seit Langem voraussagte: Dass man die SPD als Volkspartei ablösen werde. Doch was bewog die Wähler, sich für die rechts-konservative Partei zu entscheiden? Und wie viele entschieden sich aus Protest und wie viele aus Überzeugung für die „blaue Partei“?

Geht es nach dem Ergebnis der INSA-Umfrage im Auftrag der „Jungen Freiheit“, dann ist dies eindeutig dem Thema Migration zuzuschreiben. Die „Junge Freiheit“ ließ jeweils 1.000 Wahlberechtigte in Bayern und Hessen vor den beiden Landtagswahlen befragen. Aus den Antworten geht hervor, dass in beiden Bundesländern nahezu für die Hälfte der Wähler die Migrationspolitik (Hessen: 47 Prozent, Bayern: 49 Prozent) wahlentscheidend für die damals noch anstehenden Landtagswahlen war.

Konkret wurde gefragt, ob die Einwanderung das wahlentscheidende Thema sei. Für die Frauen schien das Thema noch wichtiger zu sein als für die Männer, denn der Anteil an Ja-Antworten war bei den Frauen höher (Frauen Hessen: 50 Prozent, Bayern: 51 Prozent / Männer Hessen: 45 Prozent, Bayern: 47 Prozent).

INSA-Umfrage: Asylpolitik bei allen Altersgruppen wahlentscheidendes Thema

Zudem zeigt die INSA-Umfrage von vor der Wahl, dass alle Altersgruppen in Hessen mehrheitlich in der Asylpolitik das wahlentscheidende Thema für sich sahen. Dabei fällt auf, dass die Gruppe der jüngsten Befragten im Alter von 18 bis 29 Jahre am häufigsten keine Antwort geben wollte oder konnte.

So waren es bei den 18- bis 29-Jährigen 43 Prozent, die dies bejahten und 31 Prozent, die dies verneinten. 23 Prozent antworteten mit „weiß nicht“. Unter den 30- bis 39-Jährigen bejahten 49 Prozent die Frage und 40 Prozent verneinten. Hier waren 10 Prozent unentschieden.

In der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen war das Verhältnis 46 zu 40 Prozent bei ebenfalls 10 Prozent unentschlossenen. Den höchsten Wert gab es bei den 50- bis 59-Jährigen. Hier bejahten 51 Prozent die Frage und 39 Prozent verneinten. Lediglich 7 Prozent wollten sich nicht festlegen.

Bei den 60- bis 69-Jährigen waren es 47 Prozent Ja-Stimmen zu 41 Prozent Nein-Stimmen und 10 Prozent, die sich nicht entscheiden konnten oder wollten. Und bei den über 70-Jährigen bejahten schließlich 46 Prozent und verneinten 42 Prozent die Frage. 9 Prozent blieben unentschlossen.

Keine Angaben machten jeweils zwischen zwei und fünf Prozent der Befragten in der jeweiligen Altersgruppe.

Für fast die Hälfte aller Wähler in Hessen war Migration das wahlentscheidende Thema. Foto: ts/Epoch Times, Daten: INSA im Auftrag von Junge Freiheit

Eine andere Umfrage zeigt: Migration war nicht das einzige Thema

Eine Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD am Wahlabend bestätigte zum Teil die Vorwahlen-Umfrageergebnisse von INSA. Diese zeigte aber auch, dass Migration nicht das einzige Thema war, mit dem die AfD punkten konnte.

Den befragten Wählern war die Wirtschaft sogar noch wichtiger als das Thema Migration. So ist laut Infratest dimap die „Wirtschaftliche Entwicklung“ mit 25 Prozent das wichtigste Thema, gefolgt von der „Zuwanderung“ mit 21 Prozent der bayerischen Wähler.

Insgesamt war vielen befragten bayerischen Wählern die CSU nicht mehr konservativ genug. Das sagten 41 Prozent unter den Wählern der Freien Wähler und 65 Prozent der AfD-Wähler.

Zudem stimmten 56 Prozent der befragten Bayern der Aussage zu, dass es dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder „mehr um sich als um die Sache geht“.

Bayern hat mehr überzeugte AfD-Wähler

In Bayern hielten sich laut den Zahlen von Infratest dimap die „überzeugten“ AfD-Wähler (47 Prozent) und diejenigen, die sich aus „Enttäuschung“ für die AfD entschieden haben (46 Prozent) etwa die Waage. In Hessen sah das Verhältnis etwas anders aus: Hier wählten 39 Prozent die AfD aus „Überzeugung“ und 54 Prozent aus „Enttäuschung“.

Auffällig ist, dass in Hessen von dem großen Vertrauensverlust in die Ampelregierung in Wirtschaftsfragen auch die CDU betroffen ist. Damit legte die AfD in Sachen Wirtschaftskompetenz zu, wie zumindest die Infratest dimap-Umfrage am Wahlabend nahelegte.

So bejahten am Wahlabend zehn Prozent der Befragten, dass sie der AfD „am ehesten zutrauen, die Wirtschaft voranzubringen“ (2018: drei Prozent). Die CDU als gewohnt von der Wirtschaft stark unterstützte Partei rutschte von 48 Prozent (2018) auf 41 Prozent. Die SPD fiel von 18 auf 12 Prozent und die Grünen fanden sich bei fünf Prozent (minus ein Prozent) wieder. Neben der AfD konnte einzig die FDP ein Plus zur Umfrage von 2018 verzeichnen. Sie verbesserte sich von acht auf elf Prozent.

Vertrauen in „Klima- und Umweltpolitik“ der Grünen auf Tiefstand

Gleichzeitig konnten AfD und CDU in Hessen bei den Wählern in Sachen „Klima und Umweltpolitik“ im Vergleich zur Landtagswahlumfrage 2018 an Vertrauen gewinnen, während die Grünen erdrutschmäßig massiv Prozente einbüßten. Gefragt wurde: „Wem trauen sie am ehesten zu, eine gute Klima- und Umweltpolitik zu betreiben?“

Den Grünen nicht, diese stürzten in der Wählergunst mit ihrer Klimapolitik von 75 Prozent (2018) auf 39 Prozent ab. Hingegen steigerte sich die CDU auf 16 Prozent (2018: fünf Prozent) und die AfD auf 7 Prozent (2018: drei Prozent).

Auffällig ist, dass im Vergleich zu 2018 derzeit 20 Prozent der Befragten keiner Partei in diesem Bereich Kompetenzen zugestanden –  dreimal so viel wie vor fünf Jahren (sechs Prozent).

Wahlverhalten in Bayern und Hessen unterscheidet sich

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Bayern das Vertrauen in die CSU als konservative Kraft und Söder als Sachpolitiker gesunken ist. Viele Wähler wählten die AfD aus Überzeugung.

Alle befragten Wähler in Bayern – unabhängig welcher Partei sie letztendlich ihre Stimme gaben (außer die Grünen-Wähler) – sind sich einig, dass man eine andere Asyl- und Flüchtlingspolitik brauche, „damit weniger Menschen kommen“.

Spitzenreiter bei der Zustimmung zu dieser Aussage waren die Wähler der „Freien Wähler“ mit 98 Prozent, gefolgt von den AfD-Wählern mit 95 Prozent. Dann folgten die CSU-Wähler mit 89 Prozent, die SPD-Wähler mit 66 Prozent und die Grünen-Wähler mit 49 Prozent.

Mehr Protestwähler in Hessen

Auch in Hessen zeigen sich die Menschen mehrheitlich beunruhigt von den Verhältnissen in Deutschland. Ebenso wie in Bayern ist es die Wirtschaft, um die sich die Menschen am meisten sorgen. Dann folgt das Thema „Klima- und Umwelt“ und schließlich die Zuwanderung.

Allerdings haben sich in Hessen offenbar mehr Wähler bei ihrer Wahl aus Protest und weniger aus Überzeugung für die AfD, die rechts-konservative Partei entschieden.

Was viele Wähler vom bayerischen Oberstdorf in den Allgäuer Alpen bis hoch ins nordhessische Bad Karlshafen jedoch offenbar einte, war die Unzufriedenheit mit der Ampel in Berlin – unabhängig davon, ob es um das Thema Wirtschaft, die Migration oder die Umweltpolitik ging.



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