Der Hafen kann auch ohne Elbvertiefung wachsen
Bereits sechs Mal wurde die Elbe den Schiffen angepasst. Jetzt soll sie gemäß der Pläne des Hamburger Senats und des Bundesverkehrsministeriums auf bis zu 19 Meter ausgebaggert werden, um Schiffen mit bis zu 14,5 Metern Tiefgang das Einlaufen in den Hamburger Hafen zu ermöglichen. Dies sei notwendig, um die Leistungsfähigkeit des Hamburger Hafens zu erhalten und auszubauen, lautet es aus dem Unternehmensverband Hafen Hamburg. Die Umweltverbände NABU und BUND, WWF, Rettet die Elbe und das „Regionale Bündnis gegen Elbvertiefung“ sowie zahlreiche Bürgerinitiativen von Hamburg bis Cuxhaven sehen das anders und protestieren am 18. März vor dem CCH gegen die Pläne. Kritikpunkt war auch, dass Antragstellung, Planung, die Anhörung und die Genehmigung allein in der Hand der Behörde für Wirtschaft und Arbeit liege, womit das Ergebnis nicht offen sei. Rund 7200 Einwände gegen die Elbvertiefung wurden dem Projektbüro vorgelegt. Zu den Gegnern gehört auch das Land Niedersachsen, das Angst um seine Deiche hat.
Elbe verkäme zum Industriekanal
Die vorhergehenden Elbvertiefungen haben zu Sauerstoffmangel, zur Verschlickung der Ufer und Sporthäfen und zu höheren Strömungsgeschwindigkeiten geführt. Mit einer erneuten Vertiefung verkäme die Elbe laut den Verbänden zum Industriekanal. Noch ist die Elbe mit ihren Flachwasserbereichen, Uferzonen und den angrenzenden Marschgebieten eines der bedeutsamsten Schutz- und Rastgebiete für seltene Vögel. Zwar wird in den Planungsunterlagen ein flächenbezogener Kompensationsbedarf von 600 Hektar festgestellt, jedoch nicht aufgezeigt, mit welchen konkreten Maßnahmen der Eingriff in die Elbe realistisch ausgeglichen werden soll.
Planungsunterlagen mangelhaft
„Die Elbvertiefung und zusätzlich bis zu sieben Kraftwerke mit enormer Kühlwasserentnahme an der Elbe vertragen sich nicht mit den Vorgaben des Naturschutz- und des Wasserrechts wie etwa der EU-Wasserrahmenrichtlinie“, kritisieren die Verbände. Die Hochwasserprognosen seien verharmlosend falsch und der nach aktuellen Erkenntnissen zu erwartende Meeresspiegelanstieg sei gar nicht berücksichtigt.
Arbeitsplatzeffekte laut WWF übertrieben
Die Wirtschaft hält dagegen, 58.000 Arbeitsplätze ständen auf dem Spiel. Eine Zahl, die die ökologischen Gründe gegen die Elbvertiefung in den Schatten zu stellen scheint. WWF ließ den Arbeitsplatzeffekt der Elbvertiefung vom Berliner Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) untersuchen. Die WWF-Elbeexpertin Beatrice Claus bilanziert die Ergebnisse wie folgt: „Senat und Wirtschaft treiben mit ihrer Behauptung, zehntausende Arbeitsplätze seien in Gefahr, ein unlauteres Spiel mit der Existenzangst der Bürger. Weder die Zukunft des Hafens, noch die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Hamburg wären bei einem Verzicht auf die Elbvertiefung gefährdet.“
Hafen bleibt auch ohne Elbvertiefung attraktiv
Für die Kosten-Nutzen-Rechnung eines Logistikunternehmens zähle laut der IÖW-Studie weniger die Schiffsgröße, mit der der Hafen angelaufen werden kann. Denn die wesentlichen Transportkosten würden nicht auf dem Seeweg, sondern zu 80 Prozent im Hinterlandverkehr entstehen. In diesem Punkt sei Hamburg allen anderen Häfen der Nordrange überlegen. Darum bleibe der Hamburger Hafen auch ohne die Elbvertiefung ein Favorit. Zudem sei noch nicht sicher, ob sich die neuen XXL-Schiffe am Weltmarkt überhaupt durchsetzen und dann auch tatsächlich voll beladen den Hamburger Hafen anlaufen.
Generell würden sich Umsätze und Arbeitsplätze immer mehr vom Hafenstandort entkoppeln. „Die Wirtschaftseffekte der Häfen verlagern sich in die umgebenden Großregionen, der Hafenstandort selbst profitiert immer weniger von ‚seinem‘ Hafen“, erläutert Studienautor Ulrich Petschow vom IÖW.
Kooperation statt Konkurrenz
Die Hafenkonkurrenz zwischen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven hält man für wirtschaftlich unsinnig. Die Umweltverbände empfehlen eine intelligente Arbeitsteilung der Häfen, denn so ließen sich „auch ohne die 400 Millionen teure Elbvertiefung weitere Steigerungsraten des Containeraufkommens problemlos und deutlich preiswerter organisieren und zudem sogar ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit fördern.“ Beatrice Claus sagt: „Wir brauchen ein nationales Hafenkonzept, das den neuen Realitäten großer Wirtschaftsräume Rechnung trägt. Das Denken in Bundesländer-Grenzen ist nicht mehr zeitgemäß.“
Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 12/09
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