Der rbb hat eine neue Chefin: Merkels Ex-Sprecherin Ulrike Demmer wird Intendantin

Am Freitag wurde Ulrike Demmer, die frühere stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, vom Rundfunkrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) in die neue Position gewählt. Die politische Nähe der Kandidatin scheint bei der Wahl keine Rolle gespielt zu haben. Demmer folgt auf Interimsintendantin Katrin Vernau, die Patricia Schlesinger ablöste, nachdem der Sender sie wegen Klüngelei- und Korruptionsverdacht fristlos entlassen hatte.
Ulrike Demmer ist die neue RBB-Intendantin.
Ulrike Demmer ist die neue rbb-Intendantin.Foto: Monika Skolimowska/dpa
Von 19. Juni 2023

Der rbb-Weg ist gepflastert mit Skandalen, die am Ende dazu geführt haben, dass eine neue Intendanz eingesetzt werden musste. Erst kam Katrin Vernau für ein Jahr als Übergangslösung nach der fristlosen Entlassung Patricia Schlesingers, um als „eiserner Besen“ zusammen- und auszukehren, was sich an Scherben von ihrer Vorgängerin auf deren Weg angesammelt hatte. Am Freitag wurde mit Ulrike Demmer die neue Intendantin des rbb vom Rundfunkrat gewählt oder besser ernannt. Vernau hatte sich nicht beworben, aber verlautbart, dass sie weiterhin für das Amt zur Verfügung stehen würde.

Die ehemalige stellvertretende Chefin des Presseamtes der Bundesregierung, Ulrike Demmer, bezieht bald ihr Chefbüro beim rbb. Sie wurde am Freitag als einzige verbliebene Kandidatin vom Rundfunkrat gewählt. 30 Personen, die im Rundfunkrat sitzen, waren für die Wahl zuständig. Schon mit der Hälfte der Rundfunkräte – nämlich 15 – wäre dieser beschlussfähig gewesen. Am Freitag bei der außerordentlichen Sitzung des Rundfunkrates in Potsdam waren 24 anwesend, die der ehemals stellvertretenden Chefin des Bundespresseamtes, Ulrike Demmer, mit einer Zweidrittelmehrheit auf den neuen Posten verhalfen.

Die „taz“  kommentiert: „Ihre Nähe zur Politik? Die scheint wohl egal zu sein.“ Und in der Tat mutet es an, wie Stoff für einen nächsten möglichen Skandal des sich seit Schlesingers Wirken in Dauerkrise befindenden rbb: Jemand, der für die Regierung gesprochen hat, damit quasi die PR-Managerin der Regierung war, bekommt jetzt das Sagen dort, wo sie eigentlich als „vierte Gewalt“ die Regierung kontrollieren soll. Wird Demmers Nähe zur Politik das Vertrauen in den rbb weiter beschädigen?

Bewerbungschaos: Erst vier, dann zwei, dann nur noch Demmer

Demmer war übrig geblieben von vorher vier Kandidaten für den Intendantenposten. Schon im Vorfeld der Wahl gab es „Chaos“ bei dem Auswahl- und Bewerbungsprozess, der an die Öffentlichkeit drang und so das ohnehin angeschlagene Image und fehlende Vertrauen in den Sender und das öffentlich-rechtliche System weiter untergraben könnte.

Allenfalls kann es als Vorzeichen gedeutet werden, dass auch weiterhin beim rbb nicht alles rund laufen wird. Die aus den 50 Bewerbungen um den Intendantenposten vier als geeignet Befundene waren bereits auf zwei zusammengeschrumpft am Tag der Entscheidung: Ulrike Demmer und die Digitalisierungsmanagerin Heide Baumann, zuvor auf Führungsposition bei Vodafone Deutschland. Die anderen beiden Bewerber stiegen in den Tagen zuvor aus. Aber auch Baumann war am Entscheidungstag von ihrer Bewerbung zurückgetreten, offenbar am Tag der Entscheidung selbst, sodass am Ende nur Demmer als die einzige Kandidatin blieb und „gewählt“ wurde.

Selbst rbb weist auf Chaos bei Bewerbungsprozess hin

rbb-Rundfunkratschef Oliver Bürgel wies selbst in der öffentlichen Sitzung auf das „Chaos“ – ein Hin und Her beim Bewerbungsprozess – hin. Als Demmer sich als Kandidatin in einem vorstellte, hatte das den Grundtenor: Für Demmer ist der rbb unverzichtbar, das soll unter ihr so bleiben, sie will weiterhin für „Qualität“ sorgen. Neben Lob für das Programm bedauert sie in ihrer Rede, „dass sich in der Krisenzeit niemand mit einem breiten Kreuz vor den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den rbb“ gestellt habe. Kein Wort über den rosa Elefanten im Raum, das verlorengegangene Vertrauen bei der Belegschaft gleichermaßen wie beim Publikum. Es klingt, als ob alles so bleiben soll, wie es ist.

Das Intendantensalär wird sich jedenfalls ändern, das ist schon jetzt klar.

Das Gehalt soll bei 180.000 Euro gedeckelt werden, während Vorgängerin Schlesinger sich noch 300.000 Euro plus vielerlei Boni genehmigte – am Ende mehr als die Bundeskanzlervergütung. Olaf Scholz‘ Bezüge wurden im Sommer 2022 auf 30.189,81 Euro monatlich erhöht. Die 180.000 Euro für den rbb-Chefsessel sind weniger als der am schlechtesten bezahlte Intendanz-Posten beim Saarländischen Rundfunk mit 245.000 Euro. Das rbb-Intendanten-Gehalt von zusammengeschrumpften 180.000 Euro ist regelrecht „Peanuts“ gegen das, was andere öffentlich-rechtliche Spitzenverdiener bekommen – Tom Buhrow vom WDR geht mit über 400.000 Euro nach Hause.

Nähe zur Politik im Fokus

Mutmaßlich war der Erfolg versprechende Kandidat für den Posten, Jan Weyrauch, gebürtiger Berliner und Programmdirektor von „Radio Bremen“, genau wegen des „geringen“ Salärs nicht angetreten. Das lässt ein offener Brief von Personalrat und Freienvertretung des rbb vermuten, in denen diese kritisieren, dass mit Weyrauch der „qualifizierteste Bewerber“ von der Liste verschwunden sei und der Verwaltungsrat in einer Überschreitung seiner Kompetenzen eine Gehaltsobergrenze beschlossen habe. Weyrauch war offenbar nicht gewillt, zu solchen Konditionen zu arbeiten, schreibt die „taz“.

Nur drei Tage vor der Wahl ist die vierte Kandidatin, Juliane Leopold, Chefredakteurin Digitales bei „ARD-aktuell“ („Tagesschau“, „Tagesthemen“), ausgeschieden. Sie war die einzige Kandidatin mit Ost-Hintergrund. Offenbar passte ihr Angebot nicht zu dem, was der rbb erwartet: „Der Kern meines Angebots für den rbb ist die digitale Transformation des Journalismus des rbb und seine konsequente Ausrichtung auf die starke regionale Verankerung in Berlin und Brandenburg. Ich bin überzeugt, dass dies der richtige Weg in die Zukunft des rbb ist. Zumal der Umbau zu digitalen Medienhäusern andernorts längst Gegenwart ist.“, schreibt sie auf ihrem LinkedIn-Profil.

Mit Ulrike Demmer kommt eine ehemalige Regierungssprecherin zum rbb und soll dort die Führung übernehmen, wo einer der großen Faktoren des Vertrauensverlustes der ist, dass eine allzu große Nähe der Berichterstattung zur Politik im Raume steht, statt den Regierenden auf die Finger zu schauen und gegebenenfalls zu klopfen. Die Frau, die sich selbst als eine mit einem breiten Rückgrat vorgestellt hat, erbt für ihre fünfjährige Amtszeit 3.000 Mitarbeiter und eine brisante Finanzlage. So soll sie bis Ende 2023 ganze 49 Millionen einsparen. Da ist ihr „geschrumpftes“ Intendantengehalt nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein.

 



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