Deutlicher Einbruch: Wohnungsbau in Deutschland geht drastisch zurück

Keine blühenden Wohnlandschaften mehr? Der Wohnungsbau in Deutschland ist derzeit stark rückläufig und befindet sich weit unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte. Auch im Mietbereich ist der Bedarf an vor allem bezahlbarem Wohnraum höher als das Angebot.
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Einbruch beim Wohnungsbau: Fast 30 Prozent minus. Fotos: dts
Von 10. Juli 2023

Momentan werden prozentual immer weniger Wohnungen in Deutschland gebaut. Trotz ehrgeiziger Regierungsziele geht der Wohnungsbau aktuell um fast ein Drittel zurück. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte sich eigentlich zum Ziel gesetzt, jährlich 400.000 neue Wohnungen in Deutschland zu bauen – 2022 waren es nur rund 295.000.

Laut dem Statistischen Bundesamt werden in Deutschland durchschnittlich jedoch wesentlich weniger Wohnungen errichtet als seit dem Jahr 1950. Aber nicht nur der Neubau ist rückläufig – auch der Mietmarkt verzeichnet einen höher werdenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bei fehlendem Angebot.

Wie das Statistische Bundesamt am 29. Juni bekannt gab, wurden seit Beginn der Baustatistik im Jahr 1950 durchschnittlich 405.000 neue Wohneinheiten pro Jahr fertiggestellt. Im vergangenen Jahr lag die Zahl neuer Wohnungen mit nur 295.300 rund 27 Prozent unter dem Durchschnitt.

Der bisherige Höchststand wurde 1973 mit über 714.200 Wohnungen in der früheren Bundesrepublik erreicht. Nach der deutschen Vereinigung wurde 1995 mit etwa 602.800 Einheiten im gesamtdeutschen Bundesgebiet ein Rekordjahr verzeichnet.

Finanzkrise 2009: vorläufiger Tiefpunkt beim Wohnungsbau

Besonders wenige Wohnungen wurden während der globalen Finanzmarktkrise 2009 fertiggestellt. In jenem Rezessionsjahr wurden lediglich 159.000 Wohnungen gebaut. Seitdem ist der Wohnungsbau wieder kontinuierlich angestiegen und erreichte im Jahr 2020 einen Wert von 306.400 Fertigstellungen. Dieser liegt aber immer noch fast ein Drittel unter dem Durchschnitt seit 1950 und dem erklärten Ziel der Bundesregierung von 400.000 Wohnungen jährlich.

In der Zeit nach 2009 hatten viele Investoren auf „Betongold“ gesetzt – im Flow mit dem boomenden Immobilienmarkt. Mit diesem gingen niedrige Zinsen einher, sodass der Traum vom Eigenheim für immer mehr Menschen leistbar wurde. Mit der Zinswende der Europäischen Zentralbank und den gestiegenen Baukosten ist der Wohnungsbau in Deutschland inzwischen eingebrochen.

Wohnungsbestand in Deutschland in den letzten 70 Jahren verdreifacht

Der anhaltende Wohnungsbau hat den Wohnungsbestand über die Jahrzehnte stetig steigen lassen. Der großen Wohnungsnot in den ersten Nachkriegsjahren begegnete man insbesondere mit staatlich gefördertem sozialen Wohnungsbau. Insgesamt gab es im Jahr 1950 knapp 15,8 Millionen Wohnungen – zwei Drittel davon im früheren Bundesgebiet, ein Drittel in der ehemaligen DDR.

Seitdem hat sich der Wohnungsbestand, bezogen auf das heutige gesamtdeutsche Bundesgebiet, knapp verdreifacht (+173 Prozent). Zum Jahresende 2021 gab es 43,1 Millionen Wohnungen in Deutschland. Im selben Zeitraum ist die Bevölkerung auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik um 20 Prozent gewachsen – von gut 69,3 Millionen Menschen im Jahr 1950 auf rund 83,2 Millionen im Jahr 2021.

Wohnwüste Deutschland? Mietmarkt am Bedarf vorbei

Neben der aktuell rückläufigen Entwicklung im Wohnungsbau hat Deutschland ohnehin mit einem erheblichen Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu kämpfen. Auch der Mietmarkt entwickelt sich konträr zum Bedarf.

Die steigende Nachfrage nach Wohnungen – vorwiegend in Ballungsgebieten – trifft auf ein zunehmend begrenztes Angebot, welches zu steigenden Mieten führt und damit immer mehr Menschen den Zugang zu angemessenem Wohnraum erschwert.

Oft sind die inserierten Wohnungen größer und teurer, als sich die Suchenden leisten können. Eine Auswertung des Immobilienportals ImmoScout24 ergab, dass die am häufigsten gesuchte Wohnung zwei Zimmer bei einer Größe von rund 63 Quadratmetern hat.

Der Mietpreis für die am häufigsten nachgefragte Wohnung liegt laut dem Portal bei knapp 592 Euro kalt. Das sind durchschnittlich 9,39 Euro pro Quadratmeter. Meist sind die angebotenen Wohnungen aber nicht nur größer, sondern vor allem auch teurer.

Am häufigsten werden Drei-Zimmer-Wohnungen mit 70 Quadratmetern und mehr angeboten. Monatsmieten von rund 741 Euro – was einem Quadratmeterpreis von 10,59 Euro entspricht – sind der Auswertung zufolge am häufigsten vertreten. Kurz: Die am Markt zur Verfügung stehenden Mietwohnungen sind zehn Prozent größer als der Bedarf und 20 Prozent teurer als das, was die meisten Deutschen bezahlen können.

Run auf günstigen Wohnraum: besonders in Berlin

Besonders nachgefragt ist günstiger Wohnraum in den Metropolen. Da kommen oft unfassbar viele Bewerber auf Mietwohnungen zusammen. Beispiel Berlin: Hier hat laut ImmoScout24 die meistgesuchte Wohnung zwei Zimmer, 59 Quadratmeter und kostet 554 Euro kalt. Im Schnitt würden sich allein 636 Wohnungssuchende pro Tag auf eine solche Wohnung bewerben, ergab die Auswertung von ImmoScout24.

Damit ist die Hauptstadt noch vor der bayerischen Metropole München mit 229 Bewerbern pro Tag für Wohnungen mit durchschnittlich zwei Zimmern und 54 Quadratmetern bei einer Kaltmiete von 926 Euro. An dritter Stelle folgt Hamburg mit 199 Interessenten für eine vergleichbare Wohnung.



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