Deutsche unterstützen russische Referenden – Resultat: Jobverlust

Eine private Teilnahme an russischen Referenden zur Annexion ukrainischer Gebiete erzeugt bei einigen Unternehmen starke Ablehnung. Das führt hierzulande sogar zum Verlust des Arbeitsplatzes.
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Eine Frau gibt am 27. September 2022 in einem Wahllokal in Mariupol ihren Stimmzettel für ein Referendum ab.Foto: STRINGER/AFP via Getty Images
Von 29. September 2022

Bei den russischen Referenden in der Ostukraine waren Recherchen von „t-online“ zufolge auch mehrere Deutsche im Einsatz, wie etwa ein Manager eines hessischen Energieunternehmens und ein langjähriger NDR-Redakteur. Sie wirkten als Wahlbeobachter mit oder waren journalistisch im Einsatz. Ihren deutschen Arbeitgebern missfiel ihr Mitwirken in der Ukraine jedoch so sehr, dass sie daraufhin kurzerhand das Arbeitsverhältnis mit ihnen beendeten.

Stefan Schaller, Geschäftsführer beim Unternehmen „Energie Waldeck-Frankenberg“ (EWF), löste bei seinen Vorgesetzten so viel Empörung aus, dass die zuständigen Aufsichtsräte und der EWF-Verbandsvorstand in einer Sondersitzung an diesem Montag einstimmig seine Freistellung beschlossen.

Der örtliche Landrat Jürgen van der Horst, Vorsitzender des EWF-Aufsichtsrats, teilte mit, dem formalen Weg folgend müssten nun noch die Gremien zeitnah über die Abberufung beraten. Das Verhalten verstoße „ganz klar gegen die Weltanschauung, die moralischen Werte und die Philosophie des Unternehmens, das Völkerrechtsverstöße und jegliche Form von Gewalt entschieden ablehnt“, so der Landrat. Russland will mit der Abstimmung diese Regionen zum Teil der Russischen Föderation machen. Schaller hatte sich damit verteidigt, die Reise sei „privat“ gewesen.

Ebenfalls äußerte sich der scheidende ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, am Samstag zum Fall. Dabei forderte Melnyk den Landrat von Waldeck-Frankenberg als Aufsichtsratsvorsitzenden von EWF auf Twitter auf, Schaller umgehend freizustellen. Er würde dem russischen Aggressionskrieg Beihilfe leisten.

Weitere Deutsche bei den Referenden

Nach Recherchen von „t-online“ waren noch weitere Deutsche in die ukrainischen Wahlgebiete gereist, um die Referenden dort zu unterstützen. Einer initiierte kürzlich eine Petition, wonach Deutschland russische Soldaten freundlich empfangen solle.

Unter den Wahlhelfern war beispielsweise Christoph Hörstel, der bis 1999 viele Jahre lang als Korrespondent und Moderator bei der ARD arbeitete. Derzeit ist Hörstel als freier Journalist und politischer Aktivist tätig. Er fuhr nach Moskau und St. Petersburg und berichtete von Flüchtlingen aus den ukrainischen Gebieten, die dort abstimmen. In russischen Medien war sein Lob zu lesen, dass Stifte eingesetzt würden, die nicht radiert werden könnten, und es besser als in Deutschland organisiert sei.

Auch der YouTuber Sergey Filbert war bei den Referenden dabei. Als 17-Jähriger ist er aus Sibirien nach Deutschland gekommen. In den vergangenen Jahren konnte er seinen YouTube-Kanal „Golos Germanii“ mit rund 500.000 Abonnenten aufbauen.

NDR-Redakteur verliert Lehrstuhl

Mit Filbert reiste Patrik Baab, langjähriger Redakteur beim NDR und Lehrbeauftragter für Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin. Allerdings habe Baab nicht direkt bei der Wahl mitgeholfen. „Ich bin kein offizieller Wahlbeobachter. Ich recherchiere für ein Buchprojekt“, teilte er „t-online“ mit.

Sie hätten in Luhansk fünf Wahllokale besucht und in Mariupol drei. „Ich will mir das mal selbst ansehen, bevor ich etwas sage“, äußerte Baab. Die Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft reagierte umgehend, als sie von Baabs Wahllokal-Tour erfuhr – sie trennte sich von ihm. Das erklärten Rektor Klaus-Dieter Schulz und Kanzler Ronald Freytag in einer gemeinsamen öffentlichen Mitteilung. Es sei mit den Grundprinzipien ihrer Hochschule nicht vereinbar, Baab weiter als Lehrbeauftragten an der Hochschule einzusetzen.

In einem eigenen Video sprach Baab etwa über die Wirkung westlicher Sanktionen in Russland. Vor Ort hatte er sich auf den Märkten und Geschäften ein Bild von der Lage gemacht. Daraus schlussfolgerte er, dass die westlichen Sanktionen gegen Russland praktisch keinen Einfluss auf die russische Wirtschaft hätten. Einzig würden sie in Russland die Inflation mit vorantreiben. Für den NDR ist er bereits seit Ende Mai nicht mehr tätig.



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