Deutschland schaltet weitere Atomkraftwerke ab

Bis Ende 2022 soll Deutschland endgültig aus der Atomkraft aussteigen, schon in wenigen Tagen gehen drei weitere Atommeiler vom Netz. Doch was bleibt, wenn die Kernkraft geht?
Titelbild
AKW in Deutschland (Symbolbild).Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Epoch Times20. Dezember 2021

Der endgültige Ausstieg rückt immer näher: Am 31. Dezember 2021, in nur wenigen Tagen, werden in Deutschland drei weitere Atom-Meiler abgeschaltet.

Übrig bleiben dann nur noch drei – bis Ende 2022 sollen auch dort für immer die Lichter ausgehen. „Der Atomausstieg ist unumkehrbar“, stellt die neue Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) unmissverständlich fest. „Planmäßig“ schreite er voran. „Und das ist auch gut so.“

Dass hierzulande bei weitem nicht alle dieser Meinung sind, haben die Diskussionen der vergangenen Wochen gezeigt. Mehrere Konzernchefs, darunter der frühere Vorstandsvorsitzende des Chemiekonzerns BASF, Jürgen Hambrecht, fordern die Politik dazu auf, die Laufzeiten der bestehenden Kraftwerke zu verlängern.

Kritik am Atomausstieg

Kritiker wie Hambrecht befürchten Lücken bei der Stromversorgung – zumal Deutschland nun auch noch vor 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen wolle. Den Ausstieg aus der Kernenergie Ende 2022 hatte die damalige Bundesregierung im Jahr 2011 nach dem Atomunglück im japanischen Fukushima besiegelt.

Zu den Befürwortern einer Abkehr von dieser historischen Entscheidung gehört auch die AfD. Erst am vergangenen Donnerstag war sie im Bundestag mit einem Antrag gescheitert, mit dem sie eine Laufzeitverlängerung der noch bestehenden sechs Atomkraftwerke „bis mindestens zum Ende des nächsten Jahrzehnts“ erwirken wollte. Der AfD-Abgeordnete Steffen Kortré warf der Bundesregierung die „weltdümmste Energiepolitik“ vor. Es drohe „die Abschaltung ganzer Städte“.

Dieser Darstellung widerspricht unter anderem das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Die DIW-Experten um die Ökonomin Claudia Kemfert gehen in einer jüngsten Analyse davon aus, dass es auch nach dem vollendeten Atomausstieg „ausreichende Kapazitäten“ geben werde, um die Energieversorgung in Deutschland zu sichern.

Sie verlangt einen massiven Zubau an Windkraftanlagen. Die Umweltexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung erklärte kürzlich in der „Bild“: „Wir benötigen sieben Windanlagen pro Tag in ganz Deutschland, um eine Ökostromlücke zu vermeiden.“

Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Robert Habeck, will für den schnelleren Ausbau der Windenergie künftig auch Flächen freigeben, die durch andere „Schutzgüter“ bisher gesperrt sind. Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau von Wind- und Solaranlagen sollen drastisch verkürzt werden.

Der stellvertretende CSU-Generalsekretär Florian Hahn kritisierte die Pläne als „vollkommen unrealistisch“. Politik beginne mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Die Ökostrompläne seien ein „Ampel-Luftschloss“, sagte Hahn.

Probates Mittel gegen den Klimawandel?

Neben der Sorge vor Strom-Ausfällen ist auch häufiger zu hören, dass es sich um eine Energiequelle handele, die im Vergleich zu Kohle und Gas kaum CO2-Emissionen ausstoße. Atomkraft als probates Mittel gegen den Klimawandel?

Auch auf EU-Ebene wird über diese Frage gestritten. Die EU-Kommission berät derzeit darüber, ob Atomenergie künftig als „nachhaltige“ Investition eingestuft werden kann – also ob sie eine Art grünes Label bekommen soll. Laut internationaler Atomenergiebehörde (IAEA) verursacht Kernenergie 40 Mal weniger Treibhausgasemissionen als ein effizientes Gaskraftwerk.

Atom-Kritiker warnen vor falschen Versprechungen. „Da wird versprochen, eine CO2-arme oder sogar CO2-freie Energieform zu haben, die uns davon befreit, uns auf den Weg zu machen, die Energiefrage wirklich nachhaltig zu lösen“, sagt etwa der Präsident des Bundesamts für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BASE), Wolfram König.

„Atomenergie ist natürlich nicht CO2-frei“, bekräftigt er im Gespräch mit dpa. Das beginne schon mit der Gewinnung von Uran, die „erhebliche Umweltprobleme mit sich bringe“. Auch der Bau der Kernkraftwerke an sich sei nicht CO2-frei.

Die Debatten über mögliche Laufzeitverlängerungen nennt König „obsolet, weil es weder politische, technische noch rechtliche Grundlagen gibt, die abgeschalteten Reaktoren wieder in Betrieb zu nehmen“. Außerdem sei die Gefahr von nuklearen Unfällen nicht zu unterschätzen. (dpa/dl)



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