Die Börse setzt auf ein „Impf-Abo“ – Zwei Bundesländer scheren aus der Inzidenz-Hoheit aus

Die neuen alten Regeln führen zu weiteren Mega-Milliarden-Geschäften der Impfstoffhersteller. Baden-Württemberg und Niedersachsen nehmen hingegen neben der Inzidenz andere Kriterien mit in ihre Gefahrenbewertung auf und planen eigene Wege.
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Am 9. Juni 2021 vor der Frankfurter Börse.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Von 14. August 2021

Der Börsenwert von BioNTech liegt mittlerweile bei dem vierfachen der Deutschen Bank. BioNTech rechnet für 2021 mit einem Umsatz von 16 Milliarden Euro und mehr, die Gewinne lagen im zweiten Quartal bei rund 2,8 Milliarden Euro – das entspricht den Gewinnen der Bayer AG im ersten Halbjahr 2019.

An der Börse setzen die Anleger auf eine jährliche Impfung, ein „Impf-Abo“, wie der Börsenexperte Michael Mross schreibt. Die Gewinne von BioNTech und Moderna stiegen „raketenhaft“.

Die Ursachen sieht der Wirtschaftsjournalist Mross darin, dass einerseits damit gerechnet wird, dass Impfwillige Auffrischungsimpfungen benötigen. Laut BioNTech ist nach sechs bis zwölf Monaten vermutlich eine dritte Impfung notwendig, damit der Schutz erhalten werden kann.

Andererseits sind vor allem die Hersteller von allen Risiken befreit. Schadenersatzforderungen, die im Zuge der unbekannten Nebenwirkungen gestellt werden könnten, sind ausgeschlossen: „Der Käufer erklärt sich hiermit bereit, Pfizer, BioNTech (und) deren verbundene Unternehmen (…) von und gegen alle Klagen, Ansprüche, Aktionen, Forderungen, Verluste, Schäden, Verbindlichkeiten, Abfindungen, Strafen, Bußgelder, Kosten und Ausgaben freizustellen, zu verteidigen und schadlos zu halten.“

Die neuen alten Regeln

Beim virtuellen Impfgipfel von Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten am 10. August wurde ein „Mehr vom Alten“ und ein „weiter so“ beschlossen, grundlegende Änderungen gab es nicht.

Die Bundeskanzlerin forderte erneut zum Impfen auf und erklärte, es werde nun angesichts steigender Infektionszahlen bei allen Ungeimpften voll auf das Testen gesetzt. Die Testpflicht gilt ab einer Inzidenz von wöchentlich 35 positiven Testergebnissen pro 100.000 Einwohnern.

Wer nicht gegen das Coronavirus geimpft ist, muss ab dem 23. August für Veranstaltungen in Innenräumen einen negativen Coronatest vorlegen. Ausgenommen von der Regelung sind Kinder bis zum sechsten Lebensjahr und Schüler.

Die 3-G-Regel gilt für den Zutritt zu Innenräumen, Veranstaltungen, Innengastronomie, Fitnessstudios, Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen. Wer nicht vollständig geimpft ist oder nicht als genesen gilt, muss entweder einen höchstens 24 Stunden alten Antigen-Schnelltest oder einen höchstens 48 Stunden alten PCR-Test vorlegen. Eingelassen wird, wer getestet, geimpft oder innerhalb der vergangenen sechs Monate genesen ist.

Daraus ergeben sich einige Fragen: Sind mit Innenräumen auch Wahllokale und Supermärkte gemeint? Benötigen Wähler, die nicht geimpft oder genesen sind, zur Bundestagswahl im Wahllokal einen PCR-Test?

„Impfpflicht durch die Hintertür“

Die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ soll über den 30. September hinaus erneut um drei Monate verlängert werden, wobei der Bundestag noch zustimmen muss. Die Maskenpflicht im Einzelhandel und im ÖPNV bleibt bestehen. Parallel werden die Überbrückungshilfe III und das Kurzarbeitergeld verlängert. Sportveranstaltungen werden auf 50 Prozent der maximalen Kapazität der Sportstätte bzw. 25.000 Menschen beschränkt.

Wer die Impfung scheut, muss ab 11. Oktober den Test selbst bezahlen. Ausgenommen davon sind diejenigen, die nicht geimpft werden können oder denen bisher noch kein Impfangebot unterbreitet wurde. Kritiker der Maßnahmen sprechen von einer Impfpflicht durch die Hintertür.

Im Januar 2021 waren sowohl „Zero COVID“ als auch „No COVID“ im Gespräch. „Zero COVID“ hat das Ziel, die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnern auf Null zu drücken, was nur mit einem radikalen Lockdown gelingen könnte, wenn alle nicht dringend erforderlichen Teile der Wirtschaft zeitweise stillgelegt würden.

„No COVID“ fordert eine Inzidenz unter zehn und erlaubt „grüne Zonen“ dort, wo dies gelingt – mit mehr Freiheiten für die Menschen. Demnach würde die Bundesregierung im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten zur „No COVID“-Strategie tendieren.

Zwei Bundesländer scheren aus

Baden-Württemberg hat angekündigt, die Sieben-Tage-Inzidenz nicht mehr pur als ordnungspolitisches Instrument zu benutzen. Anders gesagt: Auch wenn die Inzidenz dreistellige Zahlen meldet, plant das Land keine Einschränkungen.

Niedersachsen plant bis zum 25. August eine neue Corona-Verordnung. Darin soll die Inzidenz ebenfalls mit anderen Parametern in Relation gesetzt werden, wie beispielsweise der Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern.

Im Südwesten Deutschlands wird es keine Personenobergrenzen bei Veranstaltungen im Innenbereich und in Clubs geben. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss dann in Baden-Württemberg einen PCR-Test vorweisen. Ab dem 16. August, dem (vermutlichen) Inkrafttreten der neuen Regeln, müssen Ungeimpfte in Baden-Württemberg den Test selbst zahlen, gerechnet wird mit 30 bis 50 Euro pro Test. Ein Antigenschnelltest reicht hingegen aus für einen Frisörbesuch, die Innengastronomie und körpernahe Dienstleistungen. Diese werden ab Mitte Oktober kostenpflichtig.

Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) erklärte, dass bisherige Stufenmodell im Bundesland nicht mehr zu nutzen zu wollen. „Dennoch werden wir künftig neue Parameter definieren, die zur Beurteilung der Lage dienen sollen.“ Gedacht ist neben der Inzidenz an die Einbeziehung der Hospitalisierungen und die Auslastung der Intensivkapazitäten.



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