Die Grünen wollen bei der China Time auch die Menschenrechte ansprechen

Mit der China Time 2008 möchte Hamburg in den nächsten Tagen in über 170 Veranstaltungen in der Hansestadt für China werben und in China für Hamburg. Eine davon veranstalteten am Donnerstag die Grünen/Bündnis 90 aus Hamburg zum Thema Menschenrechte in China. Die Epoch Times sprach mit Andreas Waldowsky, dem Sprecher für Europapolitik und Internationales.
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(Alexander M. Hamrle / ETD)
Von 12. September 2008
(Alexander M. Hamrle / ETD)
(Alexander M. Hamrle / ETD)

ETD: Herr Waldowsky, wie denken Sie über China Time?

Andreas Waldowsky: Ich finde es richtig, dass Hamburg sich als Chinastadt Deutschlands positioniert und dem mit der China Time auch Ausdruck verleiht. Aber auch hier gehören immer zwei Seiten dazu: Einerseits gilt es selbstverständlich die Wirtschaftskontakte zu pflegen und zu vertiefen. Andererseits werden wir aber auch auf die Defizite in China hinweisen, allen voran also die Menschenrechtssituation thematisieren. Dadurch dass solche Veranstaltungen wie die heute, aber auch andere, in das Programm der China Time aufgenommen werden, tragen wir zu einem offenem Dialog bei. Zwar würden wir uns vom Senat oder vom Bürgermeister manchmal noch deutlichere Worte in der Öffentlichkeit wünschen. Aber ich weiß, dass in vertraulichen Gesprächen das eine oder andere Wort angesprochen wird. Ich halte den Ole von Beust für sehr integer, aber es müsste in der Öffentlichkeit noch mal deutlicher werden, dass es dieses „aber“ eben auch gibt.

ETD: Inwiefern finden parallel mit der China Time auch Dialoge mit China statt, wo derartige Fragen thematisiert werden?

Waldowsky: Ich bin mir sicher, dass hinter den Kulissen derartige Gespräche stattfinden, aber es müsste stärker in der Öffentlichkeit thematisiert werden. Da China insbesondere in der Wirtschaft ein fester Partner der Freien und Hansestadt Hamburg ist, gibt es auch außerhalb der China Time immer wieder Gelegenheiten den Dialog aufrechtzuerhalten und fortzuentwickeln.

ETD: Es ist bei dieser China Time das erste Mal, dass auch kritische Stimmen zugelassen werden. Worauf führen Sie das zurück?

Waldowsky: Also man kann das sicherlich nicht allein auf die grüne Regierungsbeteiligung zurückführen. Unsere heutige Veranstaltung hat vielleicht dazu beigetragen und andere Veranstalter ermutigt. Die zivilgesellschaftliche Szene ist sehr aktiv und bringt die Diskussion – auch hier vor Ort – ständig weiter voran. Ich denke, dass sich da die Gesellschaft verändert und dass sich diese Dynamik auch in dem diesjährigen Programm der China Time niedergeschlagen.

ETD: Sie hatten eben die nicht öffentlichen Dialoge angesprochen. Welche Wirksamkeit haben Dialoge hinter den Kulissen?

Waldowsky: Idealerweise werden Gespräche immer sowohl hinter den Kulissen als auch in der Öffentlichkeit geführt. Die vertraulichen Gespräche sind insofern wirksam, dass Regime wie jenes in China immer um Anerkennung im Westen bemüht sind. Ein Beispiel hierfür sind die diesjährigen Olympischen Spiele, die jedoch ebenso zeigen, wie fehl das ganze in westlicher Wahrnehmung schlug. Durch die Ereignisse in Tibet wurden die Menschenrechte den ganzen Sommer thematisiert, ohne das dies vom kommunistischen Regime verhindert oder mit dem Fackellauf überspielt werden konnte.

ETD: Stichwort Zhang Dejiang, der chinesischer Vizepremier – wie denken Sie darüber, dass ein derartiger Politiker zum Hamburg Summit eingeladen wird?

Waldowsky: Die Einladung zeigt die Gedankenlosigkeit sowie das mangelnde Bewusstsein, das geraden in manchen Wirtschaftskreisen noch vorherrscht. Problematisch ist hier insbesondere, dass diese Kreise wiederum maßgeblich  Einfluss auf die Politik haben. Letztendlich haben wir nur geringen Einfluss darauf, welche Vertreter die chinesische Regierung nach Deutschland sendet. Die Verantwortlichen dort haben ein gesundes Selbstbewusstsein und wissen durchaus, dass sie auch Leute schicke können, die hier offen kritisiert werden. Das wird von manchen kritiklos akzeptiert, was ich sehr bedauerlich finde. Dies wird sicherlich ein Punkt sein, den wir sowohl öffentlich, als auch mit unserem Koalitionspartner noch mal diskutieren werden. In Zukunft sollte dies anders gehandhabt werden.

ETD: Was kann man denn eigentlich konkret machen, wenn so etwas in Zukunft nochmals vorkommen sollte?

Waldowsky: Das wird sich nicht wiederholen. Durch die vielen Gespräche in den letzten Monaten ist bei mir der Eindruck entstanden, dass sehr viel guter Wille vorhanden ist. Wir alle stehen in einem Lernprozess. Beim nächsten Mal weiß man, dass wenn jemand zum Besuch angemeldet bzw. eingeladen wird, zunächst erstmal gute Recherchearbeit geleistet werden muss. Auf Basis der gesammelten Informationen kann dann entschieden werden, ob man den Gast empfangen möchte oder eher nicht. Ein Beispiel hierfür wäre das Projekt „faire Beschaffung“: In diesem Rahmen habe ich mit dem zuständigen Beamten eine längeres Gespräch geführt. Dieser ist wirklich unheimlich bemüht, darauf zu achten, dass von der Stadt Hamburg lediglich Produkte gekauft werde, die unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt worden sind. Dort ist sehr viel Bereitschaft zum Wandel vorhanden.

ETD: Sie hatten vorher die Wirtschaft angesprochen. Inwiefern könnte die Wirtschaft beeinträchtigt werden, wenn bei solchen Werbeveranstaltungen für die Chinesen wie der China Time, die Menschenrechte angesprochen werden?

Waldowsky: Ich glaube nicht, dass das wirklich der Wirtschaft schadet, weil beide Partner großes Interesse daran haben, die Handelsbeziehungen zu vertiefen. Man muss sich insofern trauen – und kann sich auch trauen – solche Themen anzusprechen. Natürlich in entsprechender Form, man muss klarmachen, wir wollen den Kontakt mit China, aber das Menschenrechtsthema ist uns ganz wichtig. Das war auch schon zu DDR Zeiten möglich.

ETD: Wie ernst nehmen Sie solche Drohungen, als beispielsweise Angela Merkel den Dalai Lama  empfing; inwiefern kann so etwas der deutschen Wirtschaft schaden?

Waldowsky: Das kommt nur im Einzelfall vor. Ich kann mich an einem Artikel in der Zeitung erinnern, wo sich ein Mittelständler beschwert hat, dass ihm ein Auftrag entzogen wurde, weil die Angela Merkel nicht nach China gefahren ist. Das ist im Einzelfall auch gar nicht nachprüfbar, vielleicht war er einfach nicht konkurrenzfähig und es war eine Schutzbehauptung. Ich denke dass muss man aushalten. Im Umgang mit solchen Regimen muss man klare Kante zeigen.

ETD: Ihre Veranstaltung eben war auch ziemlich KP kritisch. Inwiefern glauben Sie, dass die KP für die politische Stabilität in China notwendig ist?

Waldowsky: Ich bin kein Experte für chinesische Geschichte, habe aber Geschichte studiert. Ich habe Angst, dass wir es hier mit einer vorrevolutionären Form zu tun haben, wenn man eine mobile Gesellschaft zwangsweise konserviert. Das erinnert mich an die Zeit vor der französischen Revolution oder wie in Deutschland alte Eliten versucht haben ihre Macht mit Kampf zu behalten. Irgendwann wird das zur Eruption führen, das befürchte ich auch für China. Ich verstehe es nicht, wie man wirtschaftlich dynamisch sein kann und mit alten sklerotischen, maoistischen Strukturen den eigenen Machtanspruch konservieren will.

ETD: Heißt das, dass die KP somit ganz im Gegenteil eine Sicherheitsbedrohung ist?

Waldowsky: Irgendwann wird diese Partei rundherum wandeln müssen oder hinweggefegt werden. Wenn wir Glück haben wird das friedlich passieren und wenn wir Pech haben, reißt das das Land in jahrzehntelange politische Turbulenzen.

ETD: Wie geht man solchen autoritären Systemen am besten um?

Waldowsky: Da muss man auch in die Geschichte des kalten Krieges zurückschauen. Man muss den Kontakt zu den Offiziellen pflegen, aber gleichzeitig auch an der Stärkung der Zivilgesellschaften arbeiten. Hier haben wir es heute mit dem Internet sicher etwas leichter.



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