Die Parteien treibt die Angst vor einem noch größeren Bundestag um

Statt der gesetzlich vorgesehenen 598 Abgeordneten zählt das Parlament derzeit 709 Mitglieder – und es könnten nach der nächsten Wahl 800 sein. Welche Lösungsvorschläge gibt es in den Parteien?
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In der Studie „Taxing Wages“ vergleicht die OECD die Steuer- und Abgabenlast ihrer 36 Mitgliedstaaten auf Basis von acht verschiedenen Modellhaushalten. Deutschlands Arbeitnehmer sind in der Weltrangliste auf Platz 1, was die Zahlung von Abgaben und Steuern anbelangt.Foto: iStock
Epoch Times19. Januar 2020

Bei der Beschreibung des Problems sind sich alle Parteien einig: Der Bundestag ist zu groß und soll zumindest nicht noch größer werden. Doch genau das könnte im nächsten Jahr geschehen, wenn das Wahlrecht nicht geändert wird.

Schon jetzt ist der Bundestag wesentlich größer, als er sein soll. Statt der gesetzlich vorgesehenen 598 zählt das Parlament derzeit 709 Mitglieder. Ohne Gesetzesänderung, so die Befürchtung von Experten, könnten es nach der nächsten Wahl 800 sein.

Das liegt auch an den Überhangmandaten. Sie entstehen, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten in den Bundestag bringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden. Damit die Überhangmandate das Zweitstimmenergebnis nicht verzerren, bekommen die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate.

Welche Lösungsvorschläge gibt es in den Parteien?

FDP, Linke und Grüne

Die drei Oppositionsparteien haben im vergangenen Oktober ein Konzept vorgelegt, das eine Reduzierung der Parlamentssitze auf 630 vorsieht. Um dies zu erreichen, soll unter anderem die Zahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf 250 verringert werden – was auch weniger Überhang- und Ausgleichsmandate zur Folge hätte.

CDU/CSU

Bei der Union gibt es Vorbehalte gegen eine Verringerung der Wahlkreis-Zahl – schließlich verfügen CDU und CSU als stärkste Kraft noch immer über die größte Zahl von Direktmandaten.

Ein Ende vergangenen Jahrs vorgelegter Vorschlag von 24 Unionsabgeordneten sieht vor, die derzeitige Soll-Obergrenze von 598 Sitzen als verbindlich festzuschreiben – und zwar wie bisher je zur Hälfte die mit der Erststimme gewählten Wahlkreiskandidaten und die mit der Zweitstimme gewählten Kandidaten der Landeslisten.

Neu allerdings ist der von den Unionspolitikern vorgesehene Verzicht auf Überhang- und Ausgleichsmandate – was der Union Vorteile gegenüber den anderen Parteien bringen würde.

Inzwischen gibt es auch in der CDU Offenheit für eine Reduzierung der Wahlkreis-Zahl. Bei Beratungen des CDU-Präsidiums zu dem Thema am Wochenende in Hamburg zeichnete sich Zustimmung dazu ab – allerdings ließen kritische Stimmen dazu nicht lange auf sich warten, besonders aus der CSU.

SPD:

Die SPD tut sich bislang schwer mit einer Positionierung. Auch die Sozialdemokraten haben als Volkspartei lange von den Direktmandaten profitiert, allerdings schwächte sich dieser Effekt mit den schlechteren Wahlergebnissen der jüngsten Vergangenheit ab.

Skepsis gegenüber einer Verringerung der Wahlkreis-Zahl gibt es aber auch bei der SPD: Das sei bis zur nächsten Wahl zeitlich gar nicht mehr zu schaffen, argumentiert Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider.

Wie sieht der weitere Zeitplan aus?

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) drückt aufs Tempo: Er habe von allen Fraktionen die Zusage, dass es noch in diesem Monat eine Entscheidung geben müsse, sagte er vor rund einer Woche.

Sein Stellvertreter Thomas Oppermann (SPD) mahnt ein Gesetz bis Ostern an. Schneider verweist allerdings darauf, das die Parteien bereits ab April Wahlkreiskonferenzen abhalten können – und spätestens dann muss auch der Zuschnitt der Wahlkreise klar sein. (afp)



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