Düstere Erinnerung: Scholz spricht zur Pogromnacht 1938

Vor 85 Jahren steckten die Nationalsozialisten Tausende Synagogen in Brand, zerstörten jüdische Geschäfte, töteten Hunderte Menschen. Für viele Juden ist es ein bitterer Jahrestag.
Thema der Gedenkfeier, bei der Bundeskanzler Olaf Scholz sprechen wird, sind auch die wachsenden Ängste von Jüdinnen und Juden heute.
Thema der Gedenkfeier, bei der Bundeskanzler Olaf Scholz sprechen wird, sind auch die wachsenden Ängste von Juden heute.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times9. November 2023

Bundeskanzler Olaf Scholz erinnert heute an die brutalen Pogrome der Nationalsozialisten gegen Juden vom 9. November 1938 – vor genau 85 Jahren. Bei der zentralen Gedenkfeier in einer Berliner Synagoge wird auch Josef Schuster sprechen, der Präsident des Zentralrats der Juden. Thema sind dabei auch die wachsenden Ängste von Juden heute.

Seit dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober hat in Deutschland die Zahl judenfeindlicher und antiisraelischer Vorfälle stark zugenommen. Tausende kamen zu propalästinensischen Demonstrationen. Viele Juden berichten, sie trauten sich hier nicht mehr, ihren Glauben und ihre Symbole offen zu zeigen.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass ich je einen solchen Angst-Komplex unter Jüdinnen und Juden in Deutschland erleben musste wie heute“, sagte Charlotte Knobloch, die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, dem „Tagesspiegel“. „Die Menschen haben so viel Angst wie noch nie, manche überlegen sogar, das Land zu verlassen.“ Lange hätten sich Juden in Deutschland sicher gefühlt, nun aber spürten sie: „Sicherheit wie früher gibt es hier nicht mehr.“

Tief verwurzelte Ängste

Zentralratspräsident Schuster sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Es hat Jüdinnen und Juden erschüttert, dass auch in Deutschland so viele Menschen für Judenhass und Israelfeindlichkeit empfänglich sind. Die Bilder von deutschen Straßen, auf denen vor allem Arabischstämmige die Vernichtung Israels und die Auslöschung aller Juden fordern, sprechen tief verwurzelte Ängste an, die auch mit dem 9. November 1938 zusammenhängen.“

1938 hatten Schlägertrupps der Nationalsozialisten in der Nacht vom 9. auf den 10. November landesweit eine Gewaltwelle gegen Juden begonnen. In der Folge wurden nach Angaben des Deutschen Historischen Museums mehr als 1.300 Menschen getötet, 1.400 Synagogen zerstört und beschädigt, 7.000 Geschäfte überfallen und 30.000 Juden in Konzentrationslager verschleppt. Viele Bürger machten bei den Pogromen mit oder stellten sich ihnen zumindest nicht entgegen.

Wegen bedrohlicher Situationen im Alltag und antiisraelischer Demonstrationen fühlen sich heute viele Juden daran erinnert. So erklärte das Internationale Auschwitz Komitee: „85 Jahre nach dem 9. November 1938 ist für Überlebende des Holocaust „damals“ ganz nah.“ Zentralratspräsident Schuster unterstrich aber vor einigen Tagen im dpa-Gespräch auch die Unterschiede: „1938 war das Ganze ein staatlich gelenktes Pogrom. Davon kann heute in Deutschland Gott sei Dank keine Rede sein.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der neben Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig ebenfalls an der Berliner Gedenkfeier teilnimmt, hatte am Mittwoch Juden den Schutz durch Staat und Gesellschaft ausdrücklich zugesagt. Scholz hat sich bereits ähnlich geäußert: „Wer Juden in Deutschland angreift, greift uns alle an“, sagte der Kanzler vor einigen Tagen dem „Mannheimer Morgen“.

Vor der Gedenkfeier debattiert heute auch der Bundestag über den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. Die beiden Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan mahnten vorab, Antisemitismus in allen Formen zu bekämpfen. „Diese Lehre aus der Geschichte darf niemals vergessen werden und muss uns Auftrag zum Handeln sein“, erklärten sie zum 9. November. (dpa)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion