Eilantrag an höchstes Gericht: Nein zu deutscher Panzerlieferung und „Eskalation“

Die Bundesregierung will die Ukraine mit Leopard-2-Kampfpanzern direkt unterstützen. Ein Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht versucht, das zu verhindern.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.Foto: Uli Deck/dpa
Von 26. Januar 2023


Am Mittwoch, 25. Januar, verkündete die Bundesregierung, nun doch Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu schicken. 14 dieser schweren Waffen sollen direkt aus Deutschland in das Kriegsgebiet kommen. Darüber hinaus äußerte Bundeskanzler Olaf Scholz, dass auch andere Länder wie Finnland oder Polen ihre Leopard-Panzer aus deutscher Produktion in das Kriegsgebiet schicken dürften.

Die Kritik folgte noch am selben Tag – in Form eines Eilantrages an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Der Politiker und Musiker Andreas Hofmann reichte den Eilantrag auf einstweilige Anordnung beim obersten Gerichtshof des Landes ein. Das Ziel: Die Bundesregierung solle ihre Entscheidung zu Lieferungen der Kampfpanzer an die Ukraine zurückziehen.

In dem Eilantrag ist als Beschwerdegegenstand aufgeführt, dass die Panzer sich an der kriegerischen Auseinandersetzung gegen Russland beteiligen. Diese Entscheidung der Bundesregierung sei

ein Akt der öffentlichen Gewalt und demnach nach Art. 93 BverfGG beschwerdefähig.“

Hofmann: „Bund manövriert uns in einen Krieg“

Im Weiteren nennt der Eilantrag die unmittelbare und gegenwärtige „Betroffenheit des Antragstellers“. Dabei wird eine weitere Eskalation des Konflikts als Möglichkeit genannt, in der Deutschland als mögliche Kriegspartei „ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werde“. Diese „Grundrechtsverletzung“ habe bereits mit der Entscheidung, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, begonnen.

Hofmann erwähnt in dem Eilantrag auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das im deutschen Grundgesetz in Artikel 2, Absatz 2 steht.

Die reale Gefahr, eine kriegerische Auseinandersetzung mit Russland zu provozieren, … durch mögliche Angriffe auf deutsche Städte, greift unmittelbar in den sachlichen Schutzbereich von Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes ein.“

Der Antragsteller unterstellt der Bundesregierung, mit ihrer Entscheidung die Bevölkerung möglicherweise „in einen Krieg hineinzumanövrieren“, der ihm letztendlich das Leben kosten oder zumindest seine Gesundheit erheblich schädigen könne. Zudem weist Hofmann darauf hin, dass Russland eine „Atommacht“ ist.

Die Bundesregierung habe bisher nur sogenannte Verteidigungswaffen an die Ukraine geliefert und galt daher nicht als Kriegspartei in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Doch nun sei die Regierung „von ihrer bisherigen Linie abgewichen“. Nun stelle sie der Ukraine „Angriffswaffen zur Verfügung, die für militärische Vorstöße gegen Russland genutzt werden können.“ Diese Entscheidung habe die Regierung „bewusst getroffen“.

Russland: Einsatz von Leopard-2-Panzern „extrem gefährlich“

Tatsächlich bezeichnete wohl der Kreml Deutschlands Schritt als „eklatante Provokation“, wie „DE24Live“ am Mittwoch, 25. Januar, berichtete. Zudem würden russische Kriegspropagandisten bereits Atomschläge gegen den Westen fordern.

Auch die „Welt“ zitierte eine spanische Zeitung, die eine „neue Eskalation des Krieges“ befürchtet. Seit Tagen warne Russland davor, „dass ein eventueller Einsatz von Leopard-2-Panzern ‚extrem gefährlich‘ wäre.“ Denn er erlaube der Ukraine Gebiete anzugreifen, die Staatschef Wladimir Putin als russisch betrachtet. Dies würde Russland dazu zwingen, ebenfalls seine Angriffe zu verstärken.

„Wir stehen also möglicherweise vor einer weiteren möglichen Eskalation des Krieges, wie es immer der Fall ist, wenn NATO-Länder ihre militärischen Aktionen ausweiten. Das Ende ist noch lange nicht in Sicht“, schrieb die spanische Zeitung.

Kreml: Westliche Panzerlieferungen sind „direkte Beteiligung“

Die Reaktion von Russland hängt nicht davon ab, ob die Bundesregierung ihre Entscheidung für richtig hält, sondern wie der Kreml diese einschätzt. Am Donnerstag, 26. Januar, teilte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow die Einschätzung des Kremls zu Kampfpanzerlieferungen der westlichen Länder klar mit: „In Moskau betrachten wir dies als eine direkte Beteiligung am Konflikt.“ Neben Deutschland kündigte auch die USA an, die Ukraine mit 31 Kampfpanzern zu unterstützen.

„Die Hauptstädte in Europa und Washington geben ständig Erklärungen ab, dass die Lieferung verschiedener Waffengattungen, einschließlich Panzern, in keiner Weise eine Beteiligung an den Kampfhandlungen bedeutet. Wir sehen das völlig anders“, sagte Peskow.

In Moskau wird dies als direkte Beteiligung an dem Konflikt aufgefasst – und wir sehen, dass dies zunimmt.“

Bruch des Zwei-plus-Vier-Vertrages?

Die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine müsse laut Hofmann einen legitimen Zweck verfolgen. Dieser sei jedoch „nicht erkennbar“. Er wirft der Bundesregierung vor, durch einseitige Lieferungen von Kampfpanzern an eine Kriegspartei nicht neutral zu sein. Dabei würden die Waffensysteme auch noch verschenkt.

„Dies ist kein legitimer Zweck, den eine deutsche Bundesregierung zu verfolgen hat, sondern lediglich eine außenpolitische Eskalation“, kritisierte Hofmann in dem Eilantrag. Eine Verhältnismäßigkeit liege somit nicht vor.

Insbesondere sei die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine aus deutscher Sicht auch nicht erforderlich. Es bestehe keine Bündnisverpflichtung, mit der Deutschland diese Lieferung tätigen müsse.

Wenn eine Maßnahme nicht verhältnismäßig zu dem mit ihr verfolgten Zweck steht, gelte sie laut dem Politiker als „unangemessen“. Dies sei hier der Fall.

Es droht die reale Gefahr einer militärischen Eskalation mit Russland, bis hin zu einem Weltkrieg.“

Diese Gefahr resultiere aus einem möglichen Bruch des „Zwei-plus-Vier-Vertrages über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ vom 12. September 1990. Der zweite Artikel besagt, „dass vom deutschen Boden nur Frieden ausgehen wird“. Die Entscheidung der Bundesregierung würde allerdings „in eklatanter Form gegen diese Vertragsgrundlage verstoßen“. Denn Deutschland hat sich entschieden, Kampfpanzer an eine Konfliktpartei zu schicken, die sich in einer kriegerischen Auseinandersetzung mit einem der Vertragspartner befindet – konkret Russland als Nachfolge der Sowjetunion.

Nun muss das höchste deutsche Gericht entscheiden. Es komme einer Positionierung zwischen Krieg oder Frieden gleich, formulierte Hofmann. „Wir sind gespannt, ob wieder einmal nach politischen Gesichtspunkten geurteilt wird oder ob die Entscheidung ‚im Namen des Volkes‘ (und im Sinne des Friedens) gefällt wird.“

Hofmann war früher Mitglied der Freien Wähler, nach dem Austritt Ende 2020 kandidierte er als Parteiloser für die Freien Sachsen.

(Mit Material von AFP)



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