PISA-Studie fordert erste Opfer: Diplomatenfamilie flieht vor deutschem Bildungssystem

Bloß weil vier chinesische Provinzen die ersten Plätze der aktuellen PISA-Studie belegen, müssten ja nicht gleich chinesische Verhältnisse im deutschen Bildungssystem geschaffen werden, sagt Bildungsforscher Professor Olaf Köller von der Universität Kiel. Eine asiatische Diplomatenfamilie sieht das anders.
Epoch Times19. Dezember 2019

Die PISA-Studie gibt Anlass zur Sorge. Und zwar so sehr, dass eine asiatische Diplomatenfamilie wegen des deutschen Bildungssystems Deutschland verlassen will.

Die Ehefrau des Familienvaters besteht darauf, wieder in die Heimat zurückzukehren. Sie befürchtet, dass ihr Kind ansonsten die Prüfung für die asiatische Grundschule nicht mehr schafft, ganz zu schweigen von der Qualifikation für die weiterführenden Schulen in der Heimat. Nach ihrer Auffassung sei das deutsche Bildungssystem weniger leistungsorientiert, in dem „eher verwahrt und betreut und weniger angeleitet wird – und wenn, dann lange nur zum Spiel“, heißt es in der „Welt“.

Es müssten ja nicht gleich chinesische Verhältnisse im deutschen Bildungssystem geschaffen werden, sagt Bildungsforscher Professor Olaf Köller von der Universität Kiel bei „WDR“, bloß weil vier chinesische Provinzen die ersten Plätze der aktuellen PISA-Studie belegen. Der Fachmann plädiert hingegen dafür, dass schon in der Kita aktive Sprachförderung betrieben wird. Vor allem bei Kindern, in deren Familien die deutsche Sprache keine große Rolle spielt, müsse der Wortschatz aufgebaut werden. Der Wortschatz der Kinder vor Schuleintritt sei grundlegend für alles, was in der Schule folgt.

Aus pädagogischem Ansatz würde der Schwerpunkt in Kitas jedoch eher auf Erziehung und Beaufsichtigung gelegt werden. Insoweit seien Sprachförderkräfte in Kitas eher unerwünscht, sagt der Experte. Dabei sei es Aufgabe der Kitas, die Kinder auf die Schulen vorzubereiten, damit diese mit den entsprechenden Voraussetzungen in die erste Klasse eintreten können.

Man müsse die Kitas dafür sensibilisieren, dass immer mehr Kinder aus bildungsferneren Familien kommen. Diese Kinder müssten in der „Verkehrssprache Deutsch“ gefördert werden. Und eine derartige Förderung beginne „lange vor der Schule“.

Lesekompetenz als Bildungsschlüssel

Letztendlich sei Lesekompetenz entscheidend, um sich Wissen anzueignen und in Beruf und Gesellschaft erfolgreich handeln zu können, sagt der Experte. „Wer leseschwach ist, wird im Bildungssystem versagen“, so Köller. Nicht-Leser würden sich von erfolgreichen schulischen Karrieren ausschließen. Denn ohne Lesen komme man in Geschichte, Geografie und Naturwissenschaften nicht weiter.

Seit der PISA-Studie 2000 hätte Deutschland im Grunde genommen ein Problem, so Köller. Dieses Problem beträfe Familien, die schon lange in Deutschland leben, aber zu Hause kein Deutsch sprechen würden. Wenn in diesen Fällen die Kindergärten die Sprache nicht fördern, dann würden die Kinder mit großen Sprachdefiziten zur Schule kommen. Entsprechend dem Sprachstand des jeweiligen Kindes müssten in den Kitas Sprachübungen gemacht werden. Zwanzig Minuten in der Woche reichen da natürlich nicht aus, gibt Köller zu bedenken.

In Hamburg werden viereinhalbjährige Kinder beispielsweise getestet. Wenn sich dort eine Sprachverzögerung zeige, so bestünde für ein Kind Vorschulpflicht. So können Kinder entsprechend gefördert werden. Laut dem Bildungsforscher liege der Ansatz für eine bessere Bildung darin, dass Schulen und Kitas in besonders benachteiligten Stadtteilen gefördert werden müssten. Dabei gehe es vor allem um Personalverstärkung – sogenannten multiprofessionellen Teams, die sowohl im sozialen als auch im sprachlichen Bereich die Kinder fördern. (sua)

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