Erziehung zum „korrekten Staatsbürger“: So testet eine „Stiftung Neue Verantwortung“ die Medienkonsumenten

Die digitale Nachrichtenkompetenz der deutschen Bevölkerung ist laut einer neuen Studie „besorgniserregend“ gering. Dabei wurde ein eigens definierter „Citoyen-Score“ - ein „Bürger-Score“ - eingesetzt. Das erinnert an ein Punktesystem aus China für den „korrekten Staatsbürger“.
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Von 2. April 2021

Einer neuen Studie zufolge haben nur 3 Prozent der deutschen Internetnutzer eine sehr hohe und 19 Prozent eine hohe digitale Nachrichten- und Informationskompetenz; 46 Prozent hingegen eine (sehr) geringe Kompetenz. Dies ergab die Studie des Meinungsforschungsinstitutes Pollytix Strategic Research GmbH gemeinsam mit dem Verein „Stiftung Neue Verantwortung“.

„Die Ergebnisse der Studie erwecken einen eher besorgniserregenden Eindruck von der Nachrichtenkompetenz der Deutschen“, sagt Leonie Schulz, Senior Consultant bei Pollytix Strategic Research. Und weiter: „Wir alle haben beobachtet, wie gerade in der Pandemie Nachrichten unreflektiert geteilt wurden, Quellen nicht überprüft oder hinterfragt wurden und folglich Falschnachrichten die Runde machten.“

Auf den ersten Blick findet sich nichts Ungewöhnliches: Jüngere sind kompetenter als Ältere. Gebildete sind kompetenter als diejenigen mit einer geringeren Schulbildung. Ein Viertel der Befragten glaubt an Machenschaften zwischen Medien und Politik und zweifelt an der Unabhängigkeit des Journalismus.

Ein Blick auf den eigens entwickelten Kompetenztest

Im Internet ist der Test als Online-Variante für alle aufruf- und durchführbar (Link siehe unten). Anders als bei Meinungsumfragen gibt es richtige und falsche Antworten. Einleitend heißt es dazu:

Warum ein digitaler Nachrichtentest?

Im Internet gibt es nicht nur richtige und gut gemachte Nachrichten. Es gibt auch Falschnachrichten und schlecht gemachte Nachrichten. Und es gibt Personen, die gezielt Lügen in Sozialen Medien verbreiten. Für den Umgang damit braucht man bestimmte Fähigkeiten.

In diesem digitalen Selbsttest kannst du deine Fähigkeiten im Umgang mit Nachrichten im Internet überprüfen. Dazu bekommst du Fragen gestellt. Außerdem bekommst du Nachrichten und Behauptungen gezeigt, die du einschätzen oder bewerten musst. Unser Ziel ist, auf die Fähigkeiten hinzuweisen, die man im Umgang mit Nachrichten braucht. Und: Menschen zu zeigen, in welchen Bereichen sie ihre Fähigkeiten noch verbessern können.

Den Test haben wir, die Stiftung Neue Verantwortung, entwickelt. Wenn du mehr über unsere Arbeit erfahren möchtest, schau’ auf unserer Webseite vorbei.

Führt man den Online-Test durch, ohne sich von Gender und der „Du“-Anrede abschrecken zu lassen, werden die eigenen Antworten mit den Ergebnissen der Studie verglichen.

Das Ergebnis könnte lauten: „Richtig gut! Dein Ergebnis liegt über dem Durchschnitt“, „Gut gemacht! Dein Ergebnis liegt leicht über dem Durchschnitt“ oder auch „Das könnte noch besser sein: dein Ergebnis liegt unter dem Durchschnitt. Du hast 2 von insgesamt 30 Punkten erreicht“.

Ein Beispiel: In der ersten Testfrage müssen die „Teilnehmer:innen“ acht Screenshots verschiedener Medien richtig zuordnen. Sind es Informationen, Werbung, Meinung oder Falschinformationen? Eine Vergrößerung der Bilder ist möglich, den gesamten Text erhält man nicht – es sei denn, man öffnet gleichzeitig ein zweites Fenster im Browser und recherchiert zusätzlich. Es ist möglich mit „Weiß nicht“ zu antworten.

Sind die Ergebnisse falsch, folgt eine Extrarunde, in der erklärt wird, was richtig wäre. Wird beispielsweise eine Quelle nicht als neutral eingeordnet, dann muss der Befragte in einer offenen Frage begründen, warum diese angezweifelt wurde.

Die Leistungskontrolle

Das so Gelernte wird anschließend abgefragt. Beispielsweise wird mit „stimmt“ oder „stimmt nicht“ geprüft:

  • „Ich würde allen, denen ich die Nachricht weitergeleitet habe, Bescheid geben, dass es eine Falschinformation ist.“
  • „Ich würde der Person, die mir die Nachricht geschickt hat, Bescheid geben, dass es eine Falschinformation ist.“
  • „Ich würde das Video als Falschinformation melden.“
  • „Ich würde das Video auf der Plattform kommentieren und für alle sichtbar auf die Falschinformation hinweisen.“

Wer ankreuzt, seine Freunde nicht über Falschmeldungen informieren zu wollen erhält als Antwort: „Das ist keine gute Idee. Vielleicht merken deine Freund:innen es nicht von selbst. Es könnte sein, dass sie die Falschinformation noch weiter verbreiten. Deswegen solltest du auf jeden Fall mit ihnen sprechen.“

Alexander Wallasch, Kolumnenschreiber bei Tichys Einblick, kommentiert dazu:

Nein, hier geht es gar nicht um einen Test, dessen ‚Ergebnis‘ geeignet sein könnte, etwas über sich selbst und sein Verhalten zu erfahren, hier geht es von Anfang an um politische Erziehung.“

Es ginge um „Erziehung zum Denunziantum selbst im Freundeskreis“, so Wallasch. Er kommentiert: „Ob Menschen auch an der Unabhängigkeit der Stiftung Neue Verantwortung zweifeln, wurde nicht gefragt.“

Durchschnittlich erreichten die Beteiligten 13,3 von 30 möglichen Punkten. Für die Erhebung der Studie mit 4.194 Befragten wurde das Online-Access-Panel meinungsplatz.de vom Anbieter Bilendi GmbH genutzt und daraus eine Quotenstichprobe gezogen. Persönliche Befragungen oder Telefoninterviews fanden nicht statt. Die Rohdaten stellte uns die „Stiftung Neue Verantwortung“ nicht zur Verfügung. Sie schrieb uns: „Leider stellen wir die Daten aus Gründen des Datenschutzes etc. nur der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung.“

Auf dem Weg zu Chinas Sozialkredit-System?

Vor dem Blick auf weitere Ergebnisse und einige Hintergründe zur „Stiftung Neue Verantwortung“ etwas mehr zu dem „Citoyen-Index“, der in dieser Studie verwendet wurde.

Zu Beginn wurden die politischen Einstellungen und Werte der rund 4.200 Befragten mit Hilfe des eigens definierten „Citoyen-Score“ – einem „Bürger-Score“ – erforscht.

Der Begriff Citoyen ist benannt „nach dem französischen Ideal de:r Staatsbürger:in, die oder der im Geiste der Aufklärung aktiv und eigenverantwortlich am Gemeinwesen teilnimmt“, so die Autoren von „Stiftung Neue Verantwortung“.

Nach Definition der Autoren weiß ein „Citoyen – im Bestfall – um die Bedeutung von Meinungsfreiheit, freien Medien und Journalismus in der Demokratie. Doch dieses Wissen ist nicht von der politischen Haltung entkoppelt. Denn die Wertschätzung für die Rolle des Journalismus geht auch mit der Wertschätzung für demokratische Institutionen einher. Dieses eher normativ-politische Verständnis bestimmt damit beispielsweise auch die Mediennutzung und welchen Quellen man vertraut.“

Für ihren Citoyen-Index setzten die Autoren der Studie auf drei Grundannahmen: das Politik- und Nachrichteninteresse, wie sehr unabhängiger Journalismus für das Funktionieren der Demokratie wertgeschätzt wird und die Einstellungen zu Medien, Meinungsfreiheit und Demokratie (u.a. als Vertrauen in Berichterstattung, Medien und Politik, Demokratie sowie Toleranz anderer Meinungen).

In der Auswertung der Studie heißt es dazu auf Seite 90:

Dabei zeigten sich besonders hohe Werte bei
– Männern über 70 Jahren
– Anhänger:innen von Grünen, CDU und SPD.

Besonders niedrige Citoyen-Werte gab es bei
– Menschen unter 40 mit niedriger Bildung
– Anhänger:innen der AfD.

Von der Mediennutzung und der politisch korrekten Einstellung

Obwohl dieser Bürger-Index mit seinen Werte- und Einstellungsfragen nicht in den eigentlichen Nachrichtenkompetenzscore einging, sind in der Auswertung einige Zusammenhänge aufgeführt.

Die politische Einstellung der Studienteilnehmer wurde mit zwei Werten abgefragt. Zum einen mit einer 11-stufigen links-rechts-Skala und zum anderen mit der Frage nach der Parteianhängerschaft.

Diejenigen, die sich eher links auf der Skala einordnen, vertrauen zu 73 Prozent den überregionalen Zeitungen und den Öffentlich-Rechtlichen. Bei denen, die sich eher rechts einordnen sind es 59 Prozent.

Bei anderen Medien zeigen sich geringere Unterschiede: die eher „Linken“ vertrauen Sozialen Medien zu 13 Prozent, die eher „Rechten“ zu 17 Prozent.

Da die Parteianhängerschaft abgefragt wurde, werden auch Schlussfolgerungen zum Vertrauen der Menschen in die Öffentlich-Rechtlichen gezogen. Zitat: „Hier haben die Anhänger:innen der AfD mit 31 % mit großem Abstand das geringste Vertrauen im Vergleich zu Anhänger:innen der CDU (83 %), SPD (84 %), FDP (69 %), Grünen (86 %) und Linken (70 %).“

Gleichzeitig erfragten die Autoren das Vertrauen in die Bundesregierung und in politische Parteien.

  • Bundesregierung: Für 50 Prozent ist diese sehr oder eher vertrauenswürdig, 19 Prozent finden sie (eher) nicht vertrauenswürdig, 30 Prozent sagen teils/teils).
  • Politische Parteien: Nur 20 Prozent haben Vertrauen, 29 Prozent haben kein Vertrauen, 51 Prozent sagen teils/teils.

Diejenigen, die eher zu linken Positionen neigen, haben dabei mehr Vertrauen in die Regierung als andere. AfD-Anhänger:innen haben „mit großem Abstand das geringste Vertrauen, wenn es um das Vertrauen in die Bundesregierung geht – beispielsweise im Vergleich zu anderen Oppositionsparteien: Bei den Anhänger:innen der Grünen sagen 68 %, dass sie der Bundesregierung sehr oder eher vertrauen, bei den Anhänger:innen der AfD sind es 14 %, bei der Linken 43 % und bei der FDP 54 %.“

Der von Philanthropen unterstützte Think Tank „Stiftung Neue Verantwortung“

Eingetragen ist die „Stiftung Neue Verantwortung“ als Verein, er wurde 2008 gegründet. Heute bezeichnet er sich als Think Tank und „Expert:innenorganisation für die politischen und gesellschaftlichen Fragen des technologischen Wandels“. Lokal angesiedelt ist dieser im Bensheim-Center am Potsdamer Platz in Berlin, wo ihm Räumlichkeiten überlassen wurden.

Von den 1,62 Millionen Euro, die dieser 2019 durch 22 Institutionen und Organisationen zur Verfügung hatte, stammte knapp die Hälfte (852.000 Euro) von vier Sponsoren:

  • von Luminate (Omidyar/ebay; rund 318.000 Euro),
  • der Open Society Foundation (Soros; rund 207.000 Euro),
  • der William & Flora Hewlett Foundation (rund 183.000 Euro) und
  • der Stiftung Mercator GmbH (rund 144.000 Euro).

Pierre Omidyar wird als ein von George Soros inspirierter „neuer Philanthrop“ bezeichnet, er gründete eBay. Luminate trug in den Vorjahren ebenfalls einen großen Teil des Gesamtbudgets.

Auch die Deutsche Forschungsgesellschaft (rund 126.000 Euro), das Auswärtige Amt (94.000 Euro) und die EU-Kommission (über 75.000 Euro) beteiligten sich. Datev, Bertelsmann, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Robert Bosch Stiftung oder IBM Deutschland werden ebenfalls in der Tabelle der Finanzmittel gelistet.

Erklärtes Ziel des Vereins ist, Nachwuchskräfte zu sensibilisieren und Nachwuchskader zu befähigen, „Verantwortung für drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu übernehmen“. Zu den Themen zählen unter anderem Intelligente Stromnetze, Government Foresight, Urbane Industriepolitik und europäische Sozialpolitik, Datenökonomie, Digitale Grundrechte, Überwachung & Demokratie, Internationale Cybersicherheitspolitik, Künstliche Intelligenz, Stärkung digitaler Öffentlichkeit sowie das Themenfeld Technologie und Geopolitik.

Autoren der Studie sind auf Seiten des Vereins Anna-Katharina Meßmer, Alexander Sängerlaub und Leonie Schulz. Von Dr. Anna-Katharina Meßmer ist bekannt, dass sie 2008/2009 den SPD-Parteivorstand und Gesine Schwan während ihres Wahlkampfes zur Bundespräsidentin unterstützte.

Hier noch der Link zum Online-Test: „Newstest“.



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