E.T. statt Jesus – woran glaubt der Osten Deutschlands?
Ein Drittel der Thüringer Schüler, die am Religionsunterricht teilnehmen, sind konfessionslos. Was motiviert sie dennoch dazu, sich mit Gott und dem Christentum auseinanderzusetzen und nicht stattdessen das Fach Ethik zu belegen? Welche religiösen Fragen stellen sie sich? Was erwarten sie vom Unterricht?
Wegen solcher Fragen gründeten 17 Professoren und promovierte Mitarbeiter der Friedrich-Schiller-Universität Jena am 1. November das Zentrum für Religionspädagogische Bildungsforschung (ZRB). „Wir haben, wenn man die Religionszugehörigkeit betrachtet, in Ostdeutschland eine weltweit einmalige Situation“, sagt Prof. Dr. Michael Wermke, der Direktor des neuen Zentrums. „Ein solch hohes Maß an Säkularisierung (Verweltlichung/Entchristlichung) gibt es sonst nur noch in den Niederlanden.“ Dort seien die Menschen aber aus ihrem eigenen Verständnis heraus aus der Kirche ausgetreten, während das in der DDR eher die Anpassung an die atheistischen Gesellschaftswirkungen der SED bewirkt habe. Fragt man Eltern nach den Gründen für die Fachwahl ihrer Kinder, argumentieren diese meist damit, dass im Religionsunterricht Werte vermittelt würden. Die Kinder hingegen interessieren sich hauptsächlich für die Frage nach Gott.
Atheistisches Elternhaus
Dr. Thomas Heller, der Geschäftsführer des ZRB, denkt mit anderen darüber nach, wie ein Religionsunterricht für Kinder, die nicht getauft sind und aus einem atheistischen Elternhaus kommen, gestaltet werden müsste. Mit zahlreichen Kooperationspartnern, etwa von den Universitäten Halle-Wittenberg, Dresden und Rostock, wollen die Jenaer Theologen dabei gerade diesen Schwerpunkt „Ostdeutschland“ vertiefen.
Damit sind gleichwohl auch Phänomene verbunden, die sich leicht im ganzen Land erkennen lassen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene begegnen heute auch im Kino christlichen Motiven. E.T. der Außerirdische setzte bereits in den 1980ern zur Himmelfahrt an, der Zauberer Gandalf stirbt und steht wieder auf, und Kinohelden haben nicht selten die Angewohnheit, sich für eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen zu opfern. Wem dabei der kleinste gemeinsame Nenner auffällt, der hat seine Bibel gelesen. „Uns interessiert die Transformation jüdisch-christlicher Motive, Symbole und Zeichen in der populären Kultur, in den Massenmedien“, sagt Religionspädagoge Dr. Heller. „Dabei vertreten wir die Meinung, dass angesichts des vielfältigen Angebots an sinnstiftenden religiösen bzw. weltanschaulichen Deutungsmustern nicht weniger, sondern mehr Kompetenz im Umgang mit Religion erforderlich ist – womit wir direkt bei einer wichtigen Aufgabe des Religionsunterrichts wären.“
Vermischte Glaubensinhalte
Damit einher gehe ein schon länger beobachteter Glaubenspluralismus. Christliche Motive vermischen sich mit anderen Glaubensrichtungen oder esoterischen Vorstellungen. „Man kann fast schon von einer Art Religionspatchwork sprechen“, sagt der Inhaber des Lehrstuhls für Religionspädagogik der Universität Jena Michael Wermke. „Nicht selten tragen Menschen Kreuze und vertrauen zeitgleich auf Heilsteine oder ähnliches.“
Mit dem neuen Zentrum hat die Universität Jena eine Plattform geschaffen, auf der sich auch und gerade der wissenschaftliche Nachwuchs diesen und anderen Fragen interdisziplinär widmen und sich austauschen kann. Außerdem möchten die Jenaer Theologen während selbst organisierter Tagungen und Kolloquien regelmäßig ihre Forschungsprojekte vorstellen. (sfr / Universität Jena)
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