EU-Kommission hat ausschließlich Impfstoff-Lieferverträge mit BioNTech geschlossen

Moderna-Deutschlandchef spricht von unfairen Marktvoraussetzungen. Martin Danner, Sprecher der Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss, fürchtet, dass der Eindruck einer „zwanghaften Einheitsimpfung“ entstehen könnte.
Das Biontech-Logo auf einem Lager.
Die EU-Kommission hat bei der Lieferung von Corona-Vakzinen ausschließlich mit BioNTech/Pfizer Verträge abgeschlossen.Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Von 8. September 2023

Brüssel macht’s möglich: Verträge der Europäischen Union (EU) mit den Herstellern BioNTech/Pfizer verpflichten Deutschland, Impfstoffe in großen Mengen abzunehmen, jedoch fallen andere Hersteller dabei hinten runter.

Wie „n-tv“ berichtet, bezahlt der Bund keine Vakzine mehr von Moderna oder anderen Herstellern. Dafür ist er verpflichtet, „in diesem Jahr 17,5 Millionen und in den zwei Folgejahren je 15 Millionen Impfdosen in Mehrfachdosenbehältern abzunehmen“, sagte der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis.

Apothekerverband: Wenig förderlich für Impfbereitschaft

Nur diesen Impfstoff bezahle der Bund, so Preis weiter. Er kritisierte, dass die fehlende Wahlmöglichkeit bei den Corona-Impfstoffen zu Diskussionen in Apotheken und Arztpraxen führen werde. Das sei wenig förderlich für die „Impfbereitschaft“, zudem koste es Zeit. Aus seiner Sicht sei eine hohe Impfquote jedoch „wünschenswert“, weil weitere Mutationen zu erwarten seien.

Branchenkreise bestätigen demnach das BioNTtech-Privileg: „Es ist Moderna und anderen Anbietern faktisch nicht mehr möglich, ihre angepassten COVID-19-Impfstoffe bis Ende 2027 über das reguläre Versorgungssystem anzubieten“, sagte ein Branchenkenner der „Rheinischen Post“ (hinter Bezahlschranke). Dies schließe Patienten vom Zugang zu Impfstoffen von Herstellern ohne zentralen Beschaffungsvertrag aus – es sei denn, sie zahlen das Vakzin selbst.

Erst Anfang der Woche hatte der „Spiegel“ über Kritik von Hausärzten zu den Mehrfachdosen-Behältern von BioNTech berichtet: „Wir werden wieder im organisatorischen Overkill enden, wenn wir jedes Mal, wenn eine BioNTech-Impfung notwendig ist, entweder schnell fünf weitere Impflinge organisieren, die Impfung verschieben oder fünf Impfdosen wegschmeißen müssen“, sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth.

Der Impfstoff wird dem Bericht zufolge in Fläschchen ausgeliefert, die sechs Dosen enthalten. BioNTech teilte auf Anfrage mit, die Einführung von Einzeldosen des angepassten Impfstoffs liefen in verschiedenen Märkten, unter anderem in den USA. Ein genaues Datum nannte das Unternehmen jedoch nicht.

Faktische Monopolstellung von BioNTech

Kritik an der Beschaffungspolitik der Bundesregierung hatte jüngst auch Martin Danner, Sprecher der Patientenvertretung beim Gemeinsamen Bundesausschuss, geübt: „Biontech/Pfizer haben faktisch eine Monopolstellung, weil sie den Deal mit der Bundesregierung haben“, zitierte ihn das „Handelsblatt“.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verweist darauf, dass es „keine rechtlichen Hürden für den Markteintritt der anderen Impfstoffhersteller“ wie etwa Moderna gebe. Zudem liege die Auswahl des Impfstoffs bei Arzt und Patient. Dabei hänge sie „von zahlreichen Faktoren“ wie etwa der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) ab. „Dabei ist auch das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten“, so das BMG.

Und genau das ist das Problem für die Konkurrenz von BioNTech: „Es ist unwirtschaftlich, wenn ein Arzt etwas zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet“, sagt Gesundheitsökonom Jürgen Wasem, der an der Universität Duisburg-Essen Medizinmanagement lehrt.

Moderna sorge sich also zu Recht, dass Ärzte seinen Impfstoff nicht verschreiben. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) bestätigte gegenüber dem „Handelsblatt“, dass mit Steuermitteln beschaffte Impfstoffe eingesetzt werden sollten, wenn sie verfügbar sind.

Moderna-Deutschlandchef Gerald Wiegand ist empört: „Das sind keine fairen Marktvoraussetzungen.“ Das Vorgehen habe das Potenzial, die Therapiefreiheit einzuschränken. Patientenvertreter Danner sorgt sich, dass der Eindruck einer „zwanghaften Einheitsimpfung“ entstehen könnte.

FDP kritisiert zentrale Einkaufspolitik

Auf die Frage nach Gründen für diese Bevorzugung gibt es offenbar keine Antwort. Es gibt zum Beispiel bisher keine Studien, die belegen, dass ein bestimmter Impfstoff besser ist als ein anderer. Gerald Wiegand ist denn auch „überzeugt von der Qualität“ des Moderna-Produkts.

Ob der BioNTech-Impfstoff billiger ist als andere Vakzine, will das Bundesgesundheitsministerium dem „Handelsblatt“ nicht beantworten. Es verweist stattdessen auf die von Ursula von der Leyen (CDU) angeführte EU-Kommission, die Abnahmeverpflichtungen mit den Pharmaunternehmen geschlossen hat.

Die EU-Kommission verweist ihrerseits darauf, dass die spezifischen Lieferverträge zwischen den EU-Staaten und den Unternehmen vereinbart würden. Bis zum 8. April 2023 wurden laut Zahlen des BMG 37,7 Millionen Dosen des Moderna-Impfstoffs ausgeliefert und 164,7 Millionen Dosen des Impfstoffs von BioNTech und Pfizer.

Dass Vakzine nach dem Übergang der Pandemie in die Endemie noch zentral eingekauft werden, stößt auf Unverständnis: „Es gibt derzeit keine Argumente, dass wir die Impfstoffe außerhalb der Regelversorgung einkaufen müssen“, betont Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Facharzt für Innere Medizin.

 

 



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