Faeser will erneut nicht selbst zu Schönbohm-Skandal aussagen

Am Donnerstag trat der Innenausschuss des Bundestages erneut zusammen, um die ungerechtfertigte Versetzung des früheren BSI-Chefs Arne Schönbohm zu erörtern. Minister Faeser fehlte erneut – diesmal aber nicht krankheitsbedingt.
Innenministerin Nancy Faeser will den Ausländerbehörden mehr Zeit für Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber verschaffen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist bezüglich des Schönbohm-Skandals weiterhin nicht zu einer persönlichen Aussage im Innenausschuss bereit.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 7. September 2023

Der Innenausschuss des Bundestages ist am Donnerstag, 7. September, erneut zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Entgegen ersten anderslautenden Meldungen vom Vortag nahm Bundesinnenministerin Nancy Faeser den Termin erneut nicht selbst wahr.

Bereits am Dienstag sollte die Ministerin vor dem Ausschuss aussagen. Thema war die offenbar willkürliche Versetzung des damaligen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, im Oktober 2022. Zudem wollten Abgeordnete der Frage auf den Grund gehen, ob Faeser in missbräuchlicher Weise den Verfassungsschutz instrumentalisiert hat.

„Medizinische Gründe“ sollen Faeser am Erscheinen gehindert haben

Die Ministerin ließ sich entschuldigen – und nannte „medizinische Gründe“ als Hindernis für ein persönliches Erscheinen. Vertreten ließ sie sich von ihrer parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter. Dass Faeser an den Tagen vor der Ausschusssitzung Wahlkampf betrieben und am selben Tag einen Pressetermin wahrgenommen hatte, erzürnte die Union. Diese sprach von einer „Missachtung des Parlaments“.

Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, wollten die Ampelfraktionen eine neuerliche Sitzung des Ausschusses ursprünglich verhindern. Sie begründeten dies damit, dass dessen erneute Befassung „keine neuen Erkenntnisse“ bringen würde. Außerdem zog man die Eilbedürftigkeit in Zweifel und sieht bei der Union gar „rechtsmissbräuchliches“ Verhalten.

Die Union, die sich um ihr Minderheitenrecht auf Ansetzen einer Sondersitzung des Ausschusses gebracht sah, protestierte. Daraufhin sah sich der Ausschussvorsitzende Lars Castellucci (SPD) veranlasst, doch noch einen weiteren Termin anzusetzen.

Union: Ampel versucht Ministerin vor unangenehmen Fragen abzuschirmen

Am Mittwoch hatte die „Berliner Zeitung“ noch verkündet, Ministerin Faeser werde zu diesem Termin erscheinen. Immerhin hatte sie an jenem Tag an der Haushaltsdebatte im Bundestag teilgenommen, was Unionsfraktionschef Friedrich Merz zu spöttischen Bemerkungen veranlasste.

Die „Welt“ meldete jedoch bereits am Mittwochabend, dass Faeser auch am Donnerstag nicht persönlich zu der Sitzung erscheinen werde. Diesmal gab sie jedoch keine gesundheitlichen Gründe für ihr Fernbleiben. Stattdessen hieß es aus ihrer Behörde, die Ministerin konzentriere sich auf die Beratung des Haushalts ihres Ressorts im Plenum des Bundestages.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm, sieht einen Versuch der Koalitionsparteien insgesamt, Faeser vor unangenehmen Fragen zum Schönbohm-Skandal abzuschirmen:

Ganz offensichtlich versucht die Ampel, sich schützend vor ihre Ministerin zu stellen und zu verhindern, dass sie im Ausschuss erscheint.“

Böhmermann-Vorwürfe reichten für Entlassung

Erklärungsbedarf aufseiten Faesers gäbe es jedenfalls in hinreichendem Maße. Der Entscheidung, Schönbohm „mit sofortiger Wirkung“ an die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) zu versetzen, ging keine Untersuchung voraus.

Das „ZDF Magazin Royale“ und dessen Moderator Jan Böhmermann hatten eine vermeintliche Kontaktschuld Schönbohms mit Blick auf den russischen Geheimdienst (FSB) konstruiert. Grundlage dafür war der Umstand, dass ein Tochterunternehmen eines von einem früheren FSB-Mitarbeiter gegründeten IT-Unternehmens dem Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e. V. angehörte. Diesem stand Schönbohm bis 2016 vor.

Im Zeichen der „Zeitenwende“-Stimmung im Land reichte Faeser diese Konstruktion aus, um ihren Beamten wegen des Verdachts der „Russlandnähe“ zu sanktionieren. Eine anschließende interne Untersuchung hatte nach sechs Monaten zum Ergebnis, dass es keinerlei Grundlage für eine Versetzung des Beamten gegeben habe.

Im Innenministerium war anschließend nicht mehr die Rede von einem „Sicherheitsrisiko“, das Schönbohm dargestellt hätte. Die Begründung für die Versetzung ist mittlerweile „fehlendes Vertrauen in die Amtsführung“ – eines Beamten, den der eigene Personalrat als „integre Persönlichkeit“ würdigte. Schönbohm geht mittlerweile gerichtlich gegen den Bund und gegen das ZDF vor.

Erst sanktionieren – dann einen Grund dafür finden?

Was aus Sicht ihrer Kritiker noch schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass Faeser alle Register gezogen haben soll, um die Versetzung Schönbohms nachträglich zu rechtfertigen. So soll die Ministerin zuerst die Zentralabteilung im Innenministerium damit beauftragt haben, belastendes Material gegen den Beamten zu finden.

Als diese nicht in der Lage war, solches aufzufinden, soll Faeser auch den Verfassungsschutz eingeschaltet haben. Dabei habe dieser einem Bericht der „Bild“ zufolge sogar Schönbohms Umfeld gründlich beleuchtet.

Die Union will von der Ministerin nun Auskunft „zu ihrem dienstlichen Verhalten zur Herbeiführung einer Rechtfertigung von dienstlichen Maßnahmen gegenüber Herrn Schönbohm“. Linken-Parteichefin Janine Wissler spricht vom Verdacht, dass Faeser „einen Beamten übereilt und ohne hinreichende Prüfung entlassen hat“. Anschließend habe sie „den Inlandsgeheimdienst beauftragte, nachträglich Gründe für ihre Entscheidung zu finden“.

Motivation dazu sei gewesen, „sich zu profilieren und Handlungsfähigkeit zu zeigen, weil sie ansonsten inhaltlich außer Ankündigungen nichts vorzuweisen hat“.

(Mit Material von AFP)



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