Faeser zu Reichsbürgern: „Wir werden noch mehr finden“

Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) werde man eine harte Gangart gegen Staatsfeinde fortsetzen.
«Wir wollen, dass Fachkräfte schnell nach Deutschland kommen und durchstarten können»: Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times18. Dezember 2022

Die nach einer Razzia festgenommene Gruppe von sogenannten Reichsbürgern mit Plänen für einen Staatsstreich ist nach Einschätzung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nur ein Teil dieser extremistischen Szene. „Wir werden unsere harte Gangart gegen Staatsfeinde fortsetzen. Deshalb bin ich sicher: Wir werden noch mehr finden“, sagte Faeser der „Welt am Sonntag“.

„Wir wissen, dass es inzwischen bis hinein in vermeintlich bürgerliche, wohlhabende Milieus Parallelgesellschaften gibt, mit Menschen, die sich in ihrer Verachtung für unsere Demokratie radikalisiert haben, die Verschwörungsideologien und Umsturzfantasien anhängen und vor Gewalt nicht zurückschrecken. Das haben wir sehr genau im Blick“, kündigte die Ministerin an.

Zwischen der Reichsbürger-Bewegung und der AfD gibt es nach Faesers Worten klare Verbindungen. „Mich würde nicht überraschen, wenn die Ermittlungen weitere Querverbindungen zutage fördern. Die geistige Nähe zwischen der Terrorgruppe und der AfD wird an einer Stelle ganz deutlich: nämlich bei der Art, wie die AfD versucht, die Ermittlungen des Generalbundesanwalts ins Lächerliche zu ziehen“, so die Ministerin.

AfD erwägt Parteiausschluss von Malsack-Winkemann

Malsack-Winkemann ist nach eigenen Angaben seit April 2013 Mitglied der AfD. Von 2015 bis 2017 war sie stellvertretende Vorsitzende der AfD im Berliner Bezirksverband Steglitz-Zehlendorf. Sie saß von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag, im März 2022 kehrte sie in den Richterdienst zurück und war danach am Landgericht Berlin tätig.

Laut der Berliner Landesparteichefin und AfD-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Kristin Brinker, nahm Malsack-Winkemann bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag rege am Parteileben teil, berichtete die Süddeutsche Zeitung. „Dann hatte man den Eindruck, dass sie sich zurückgezogen hat.“ Sie sei seither in der Partei quasi nicht mehr in Erscheinung getreten. Dies habe sie offenbar getan, weil sie wieder als Richterin arbeitete, wird Brinker dort zitiert.

„Wir sind alle überrascht“, sagte Brinker nach dem Bekanntwerden der Großrazzia, bei der Malsack-Winkemann festgenommen wurde, der „Deutschen Presse-Agentur“. „Der Verdacht wiegt sehr schwer.“ Allerdings gelte auch für Malsack-Winkemann zunächst die Unschuldsvermutung. „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre sicher ein Parteiausschlussverfahren die Folge.“

Nach der Großrazzia gegen die Reichsbürger-Szene erwägt die AfD zudem eine Parteiordnungsmaßnahme gegen Birgit Malsack-Winkemann. Der Bundesvorstand der AfD bereite dafür derzeit einen Antrag auf Akteneinsicht beim Generalbundesanwalt vor, sagte ein Parteisprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Malsack-Winkemann gehört den Angaben zufolge als Beisitzerin dem Bundesschiedsgericht der AfD an. Das Gericht ist unter anderem für Parteiausschlussverfahren zuständig. „Die Mitgliedschaft im Bundesschiedsgericht ruht derzeit“, sagte der Parteisprecher.

„Die AfD weist jegliche Versuche, uns in die Nähe einer mutmaßlich terroristischen Vereinigung zu rücken, entschieden zurück“, hieß es seitens der Oppositionspartei gegenüber der Welt, nachdem die Festnahme von Malsack-Winkemann bekannt wurde.

Bereits kurz nach der Festnahme von Malsack-Winkemann soll laut „Spiegel“-Informationen die Bundestagspolizei nach Rücksprache mit der Bundesanwaltschaft ein Betretungsverbot für die ehemalige Bundestagsabgeordnete erlassen haben.

Faeser: „Ich will das Waffenrecht ändern“

Gefährlich mache die Reichsbürger mit Putschplänen, gegen die am 7. Dezember eine bundesweite Razzia durchgeführt wurde, unter anderem der Zugriff auf nach derzeitigen Erkenntnissen mehr als hundert Schusswaffen, so Faeser. „Wir müssen Extremisten mit aller Konsequenz die Waffen entziehen, dafür will ich das Waffenrecht ändern“, kündigte die Ministerin an.

„Wir brauchen künftig einen intensiveren und häufigeren Informationsaustausch zwischen den Waffen- und den Sicherheitsbehörden, sowie künftig auch mit den Gesundheitsämtern. Wenn Erkenntnisse vorliegen, dass jemand psychisch krank und gefährlich ist, darf er keinen Waffenschein bekommen oder müssen Waffen entzogen werden.“

Darüber hinaus will Faeser halbautomatische Waffen, die Kriegswaffen ähneln, verbieten lassen: „Es ist doch klar: Niemand sollte privat diese Waffen besitzen“, sagte die Innenministerin.

Bei der Großrazzia gegen ein mutmaßliches Netzwerk in der Reichsbürger-Szene hat die Polizei laut Medienberichten mindestens zehn illegale Schusswaffen beschlagnahmt. Der „Spiegel“ und die „Welt am Sonntag“ nannten diese Zahl am Freitag unter Berufung auf ein Schreiben des Bundesinnenministeriums an den Innenausschuss des Bundestags.

Neben den illegalen Waffen verfügten die 54 Beschuldigten laut nationalem Waffenregister auch über 94 legale Waffen.

63 dieser legalen Schusswaffen gehörten laut „Spiegel“ einem Waffenhändler, der zu den Beschuldigten gehört.

Bei der Großaktion waren nach „Spiegel“-Informationen etwa 5.000 Polizisten im Einsatz, also rund 2.000 mehr als zunächst angegeben.

Laut Innenministerium haben die Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren mindestens 1.050 „Reichsbürgern“ die Schusswaffen abgenommen, wie der „Spiegel“ weiter berichtete.

Bundestagspräsidentin rechnet mit schärferen Zutrittsregeln für Bundestag

Nach der Großrazzia im „Reichsbürger“-Milieu rechnet Bundestagspräsidentin Bärbel Bas damit, dass die Sicherheitsmaßnahmen im Parlament strenger werden. „Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen, aber ich gehe schon davon aus, dass wir die Hausordnung und die Zutritts- und Verhaltensregeln noch einmal verschärfen werden“, sagte die SPD-Politikerin der „Deutschen Presse-Agentur“ in Berlin.

Zugleich betonte sie, die Sicherheit der Abgeordneten sowie der Mitarbeiter sei gegeben. „Hier muss sich niemand Sorgen machen. Die Sicherheit des Hauses war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Darauf lege ich Wert.“

Bas sagte, derzeit liefen Gespräche bei den Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen. Diese hätten verschiedene Maßnahmen diskutiert, über die direkt am Anfang des kommenden Jahres entschieden werden solle.

Mitglieder des Netzwerks hatten laut Bundesanwaltschaft geplant, mit einer kleinen bewaffneten Gruppe gewaltsam in den Bundestag einzudringen. „Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen.

Sicherheitsschleuse nun auch für Ex-Abgeordnete

„Mit Waffen in die Liegenschaften des Bundestages zu kommen, ist nahezu unmöglich“, betonte Bas zugleich. „Wir haben ja schon nach den Vorfällen auf den Treppen des Reichstagsgebäudes im August 2020 die Maßnahmen verschärft. Seitdem sind sie kontinuierlich angepasst worden.“

Es gebe jetzt zum Beispiel mehr Polizeipräsenz auf den Gängen des Hauses. Frühere Abgeordnete, die einen sogenannten Ehemaligen-Ausweis hätten, müssten jetzt wie andere Gäste auch durch die Sicherheitsschleuse gehen, um die Gebäude des Bundestages zu betreten. „Wir haben auch die Regeln für Gäste der Abgeordneten verschärft. Auch diese müssen angemeldet werden und werden überprüft. Und auch sie müssen durch die Sicherheitsschleuse gehen.“

Gäste ganz auszuschließen, lehnt die Bundestagspräsidentin ab. „Meine Botschaft ist: Der Deutsche Bundestag muss ein offenes Haus bleiben. Ich lege Wert darauf, dass Besucher den Bundestag weiterhin als Herzkammer unserer offenen Demokratie erleben können. Deshalb sind die Menschen uns auch weiterhin herzlich willkommen.“ Der direkte Austausch zwischen den Abgeordneten und den Bürgern vor Ort sei „ein hohes Gut“.

(dpa/dts/afp/er)



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