Kindesmissbrauch: Fall Bergisch Gladbach wies auf neue Dimension hin

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Die Polizei hat in Krefeld im Zusammenhang mit dem Missbrauchsfall von Bergisch Gladbach eine weitere Person festgenommen.Foto: Marcel Kusch/dpa/Archivbild/dpa
Epoch Times7. August 2020

30.000 Internetspuren, tausende noch unbekannte Tatverdächtige und dennoch weiter Unklarheit über das Ausmaß des Kindesmissbrauchs: Fast zehn Monate nach Ermittlungsbeginn im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach konnte die Polizei erst einen Teil des Schleiers lüften, in dessen Schutz ein Pädokriminellennetzwerk Kindern schreckliche Gewalt antat. Auslöser der Ermittlungen war der Fall eines Kochs aus Bergisch Gladbach, der ab Montag vor Gericht steht.

Der Mann aus der Kleinstadt bei Köln wurde im vergangenen Herbst festgenommen und sitzt seit dem 23. Oktober in Untersuchungshaft. Er soll unter anderem seine eigene 2017 geborene Tochter missbraucht haben sowie Bild- und Videomaterial der Taten an gleichgesinnte Chatpartner verschickt haben. Nach Durchsuchungen bei dem Tatverdächtigen wurde schnell klar, dass der Fall Bergisch Gladbach weitaus größere Dimensionen hatte.

Um die Taten bundesweit aufzuklären und Opfer zu schützen, ermittelt seither ein Großaufgebot der Polizei mit Hochdruck gegen die über das Netz verbundenen mutmaßlichen Täter. Bei ihrer psychisch stark belastenden Ermittlungsarbeit kam die federführende Polizei Köln bislang allein in Nordrhein-Westfalen 87 Verdächtigen auf die Spur, Hinweise auf weitere gut 70 entsprechende Straftaten lieferten die Kölner den Behörden in den übrigen 15 Bundesländern zu.

Doch dies ist offenbar nur die Spitze des Eisbergs: Ende Juni gab das nordrhein-westfälische Justizministerium bekannt, dass die Beamten im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach mehr als 30.000 Internetspuren nachgehen. Dies muss zwar nicht bedeuten, dass es 30.000 potenzielle Täter gibt, denn auch ein einzelner Krimineller kann im Netz eine ganz Reihe von Spuren hinterlassen. Dennoch nahm der Ermittlungskomplex damit zuvor ungeahnte Dimensionen an.

Gleichwohl erscheint es als möglich, dass die Ermittler letztlich nur einen Bruchteil der Täter zur Verantwortung ziehen können. „Angesichts der zahlreichen technischen und rechtlichen Hemmnisse wäre es ein Erfolg“, am Ende eine dreistellige Zahl an Tatverdächtigen strafrechtlich verfolgen zu können, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Markus Hartmann jüngst dem „Spiegel“.

Zudem ist der Komplex Bergisch Gladbach zwar offenbar der größte, aber bei weitem nicht der einzige seiner Art: NRW-Ermittler kamen allein in den vergangenen gut eineinhalb Jahren mehreren schweren Missbrauchsserien auf die Spur. So waren auf einem Campingplatz in Lügde jahrelang zahlreiche Kinder missbraucht worden. Aktuelle Ermittlungen richten sich zudem gegen ein Pädophilennetzwerk, das Anfang Juni in Münster aufgedeckt wurde.

All dies bedeutet freilich nicht, dass es in Nordrhein-Westfalen mehr Missbrauchsfälle gäbe als anderswo. Nach dem Fall Lügde weitete vielmehr der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch massiv aus, unter anderem durch mehr Personal und neue Polizeistrukturen. Seither werden im bevölkerungsreichsten Bundesland Missbrauchsfälle aufgedeckt, die in anderen Ländern unerkannt geblieben wären.

Die Missbrauchsermittlungen in Nordrhein-Westfalen befeuerten in der Folge eine bundesweite Debatte über ein härteres Durchgreifen bei Missbrauchsdelikten. So soll nun der Mindeststrafrahmen für Kindesmissbrauch von derzeit sechs Monaten Haft auf ein Jahr angehoben werden. Auch für Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie soll das Mindeststrafmaß ein Jahr Haft betragen. Die Straftatbestände werden somit nicht mehr als Vergehen, sondern als Verbrechen eingestuft. (afp)



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