Familienfest ohne Familie? Politiker aus Bund und Ländern für Kontaktverbote an Heiligabend

Einige Politiker gehen davon aus, dass familiäre Treffen zu Heiligabend so klein wie möglich sein sollten. Sie ernten Kritik.
Epoch Times25. Oktober 2020

Politiker aus Bund und Ländern gehen davon aus, dass Familien bei immer weiter steigenden Infektionszahlen an Heiligabend nicht wie gewohnt zusammen feiern können. Das Fest werde sich in diesem Fall „in einem engeren Rahmen abspielen müssen“, sagte der hessische Staatskanzleichef Axel Wintermeyer der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die Menschen „sollten wo immer möglich Kontakte reduzieren, auf Reisen verzichten, auf alles, was vermeidbar ist“.

Der Staatskanzleichef des Saarlandes, Henrik Eitel, hob hervor:

Schlimmstenfalls werden Familien ihre Besuche an den Weihnachtsfeiertagen aufteilen müssen.“

Der Leiter des niedersächsischen Krisenstabes, Heiger Scholz, sagte: „Ich werde immer skeptischer, was an Weihnachten gehen wird und was nicht.“ Aus Sicht von Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, drohen „letztlich Einschränkungen in einem Bereich, der uns seelisch wehtun wird“.

Lauterbach: Persönliche Kontakte entschlossener beschränken – sonst bleibt nur noch ein erneuter Lockdown

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnt eindringlich vor einem erneuten Lockdown bereits in wenigen Wochen. Er ruft Bund und Länder zum Beschluss von weitergehenden Maßnahmen auf. Ohne eine entschlossenere Beschränkung persönlicher Kontakte sei ein zweiter Lockdown nicht zu vermeiden.

„Wenn es uns in den kommenden zwei bis drei Wochen nicht gelingt, die persönlichen Kontakte zu beschränken, werden die Zahlen in wenigen Wochen so stark gestiegen sein, dass uns nur noch ein erneuter Lockdown bleibt“, sagte Lauterbach zu „Bild am Sonntag“.

„Die Einschränkungen, die jetzt beschlossen wurden, reichen leider nicht aus, um überfüllte Intensivstationen und einen deutlichen Anstieg der Todeszahlen im Dezember zu verhindern. Da müssen wir nachjustieren.“

Lauterbach fordert eine deutliche Ausweitung des Homeoffice und geteilte Klassen in den Schulen. „Wenn wir nicht wollen, dass die Schulen mit regelmäßigem Schulausfall auch noch zu Hotspots werden, sollten die Schulklassen jetzt aufgeteilt werden in Vormittags- und Nachmittagsunterricht“, sagte er.

Jeder Kontakt, egal wo, könne kontaminiert sein, so Lauterbach weiter. „Es reicht allein nicht mehr, nur vorsichtig zu sein und die AHA+L-Regeln einzuhalten.“

Kritik: Maßnahmen waren überzogen – Keine erneute Totalisolation zulassen

Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, kritisiert die Ansagen. Er sorgt sich in diesem Zusammenhang um die Älteren: „Es darf nicht noch einmal eine Totalisolation der Pflegebedürftigen in unserer Gesellschaft geben.“

Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, sagte der FAS, gerade an den Festtagen sei es wichtig „für alte Menschen, Kontakt zu ihren Kindern und Enkelkindern zu haben“. Das Gefühl zu haben, „noch zu einer Familie zu gehören in einer solch emotional dichten Zeit“.

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, warnte davor, Ältere an Weihnachten allein zu lassen. „Wir müssen die Balance finden in den Altenheimen. Mit zunehmendem Wissen über die Ansteckungswege haben wir alle gelernt, dass einige Maßnahmen zu Beginn der Pandemie in mancher Hinsicht überzogen waren.“

Kubicki sah in Ansprache eine Verzweiflungstat der Kanzlerin

Der Aufruf der Kanzlerin, Kontakte und Reisen weitestmöglich zu drosseln, sei eine „Verzweiflungstat“ und eine Aufforderung zum „freiwilligen Lockdown“, erklärte dazu FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki.

Er forderte Merkel dazu auf, das Parlament in die Lösungsfindung einzubinden, statt sich mit emotionalen Appellen an die Öffentlichkeit zu wenden. Nicht nur die Exekutive in Bund und Ländern, auch der Bundestag müsse Mitsprache bezüglich des weiteren Vorgehens in der Corona-Krise haben.

Kubicki erklärte zudem, die Bundeskanzlerin sei „nicht diejenige, die einfach anordnen kann, wie wir uns verhalten sollen“. Jeder, der das Gefühl habe, er müsse diesen Worten folgen, solle das tun. Aber „jeder, der das Gefühl hat, er kann auch anders weiterleben, sollte dies auch tun“, so der FDP-Vize.

Lindner: Infektionszahlen sind allein kein tauglicher Maßstab

Parteichef Christian Lindner forderte unterdessen einen differenzierten Blick auf die Corona-Entwicklung. Gegenüber „Bericht aus Berlin“ (ARD) erklärte er, die Infektionszahlen allein seien kein tauglicher Maßstab, um die Situation insgesamt zu beurteilen.

Es sollten auch andere Parameter wie die Lage in den Arztpraxen oder Krankenhäusern ausgewertet werden. Es sei immerhin derzeit vorwiegend ein anderes Publikum betroffen als im Frühjahr, nämlich jüngere Menschen.

Merkel rief zum Kontaktverzicht auf

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte alle Bürger zum Kontaktverzicht aufgerufen. „Das Gebot der Stunde heißt für uns alle: Kontakte reduzieren, viel weniger Menschen treffen“, sagte Merkel am Samstag in ihrem wöchentlichen Video-Podcast. „Der vergleichsweise entspannte Sommer ist vorbei, jetzt stehen uns schwierige Monate bevor“, sagte die Kanzlerin mit Verweis auf den Anstieg der Zahl der positiven Testergebnisse.

Merkel rief dazu auf, alles zu tun, „damit das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreitet“. Alle Bürger müssten sich an die Abstands- und Hygieneregeln halten. Wichtig sei darüber hinaus aber auch, dass „jeder von uns seine Begegnungen außerhalb der eigenen Familie jetzt eine Zeitlang deutlich verringert“.

Daher sei ihr Appell: „Treffen Sie sich mit deutlich weniger Menschen, ob außerhalb oder zu Hause“. Es müsse jetzt darum gehen, „die Ansteckungsketten zu unterbrechen“. „Wir sind nicht machtlos gegen das Virus, unser Verhalten entscheidet, wie stark und wie schnell es sich ausbreitet.“

Die Kanzlerin hatte bereits vor einer Woche in ihrem Podcast eindringlich dazu aufgerufen, zur Eindämmung der Pandemie beizutragen. Was sie gesagt habe, gelte weiterhin, „Wort für Wort“, sagte Merkel nun. Der Unterschied sei nur, dass es ihr mit ihrem Appell nun noch dringender geworden sei.

(dtsa/fp/ks)



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