Feigenblatt oder Schrittmacher? WerteUnion sieht wachsende Bedeutung für Konservative in der CDU

In der Ära Angela Merkel hatte die Führung der CDU jeden Dialog mit konservativen Basisbewegungen verweigert und diese mit ostentativer Missachtung bedacht. Aber seit dem Führungswechsel in der Partei hat die WerteUnion an Einfluss gewonnen.
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Hauen und Stechen oder Feigenblatt und Werte?Foto: iStock
Epoch Times27. Februar 2019

Eigentlich hat sie nur 2000 Mitglieder – doch glaubt man der „Welt“, könnte die WerteUnion zu einem der Schlüsselfaktoren werden, wenn es darum geht, den Christdemokraten ihre strategische Mehrheitsfähigkeit zu bewahren.

Dies liegt nicht nur daran, dass eine jüngst vollzogene Satzungsänderung, die der WerteUnion als erster Basis-Bewegung ermöglicht, aus eigener Kraft das erforderliche Antragsquorum zum Parteitag von 500 Mitgliedern zu erreichen. Vor allem will die seit Dezember 2018 amtierende Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer den Fehler verhindern, den ihre Vorgängerin Angela Merkel und deren Getreue wie Ex-Generalsekretär Hermann Gröhe mit Blick auf den „Berliner Kreis“ begangen hätten.

CDU verliert an Mitgliedern – WerteUnion gewinnt dazu

Ihr bewusst selbstherrlicher Umgang mit dieser konservativen Basisbewegung hatte Persönlichkeiten wie Alexander Gauland oder Konrad Adam zum Parteiaustritt veranlasst – und Erika Steinbach zum Ausscheiden aus der Bundestagsfraktion. Einige der bereits früh Ausgetretenen fanden sich im Vorfeld der vorletzten Bundestagswahl in der „Wahlalternative 2013“ wieder, aus der in weiterer Folge die AfD entstand.

Während die CDU insgesamt 2018 trotz Führungswechsels 11 000 Mitglieder verloren hat, gewinnt die WerteUnion stetig an Mitgliedern dazu, „jeden Tag etwa zwei bis drei Neuzugänge mit jüngst steigender Tendenz“, schildert deren Vorsitzender Alexander Mitsch gegenüber der „Welt“. Zuletzt sei es sogar eine dreistellige Anzahl an einem einzigen Wochenende gewesen. Und was besonders schwer wiegt: Es sind namhafte Persönlichkeiten mit hoher Autorität in konservativen Kreisen, die sich zur WerteUnion bekennen – jüngst etwa der Politikwissenschaftler Werner Patzelt und der langjährige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen.

Seit 2017 besteht die Vereinigung und ursprünglich wurde sie als Reaktion auf die Flüchtlingspolitik Merkels und den ungebremsten Linksruck der Union ins Leben gerufen. Sie ist damit nicht die erste Vereinigung dieser Art seit der Übernahme der Partei durch Angela Merkel und alle bisherigen hatten sich mehr oder minder als Rohrkrepierer erwiesen. Dies veranlasst insbesondere AfD-Anhänger zu Häme gegen die neue Gruppierung und zur Vermutung, die WerteUnion solle zum neuen Feigenblatt werden, um ein weiteres Abwandern von Mitgliedern zu stoppen. Auszuschließen ist nicht, dass sie mit dieser Einschätzung Recht behalten.

Neue Gesprächskultur durch AKK und Ziemiak

Derzeit scheint die WerteUnion jedoch gute Voraussetzungen zu haben, zu einem Einflussfaktor in der Union zu werden, an dem die Führung nicht vorbeikommt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Alexander Mitsch anders als bisherige konservative Bewegungen innerhalb der Union die richtige Tonlage gegenüber der Führung getroffen zu haben scheint – und Annegret Kramp-Karrenbauer ihrerseits erkennt, dass es in ihrem eigenen strategischen Interesse liegt, ein weiteres Ausfransen nach rechts zu verhindern.

Wohl auch deshalb hatte sich Kramp-Karrenbauer noch als Generalsekretärin mit Mitsch persönlich getroffen, und auch mit Generalsekretär Paul Ziemiak besteht eine intakte Gesprächsbasis. Gleichzeitig hat Mitsch, obwohl er keinen Hehl daraus machte, dass er und seine Vereinigung lieber Friedrich Merz an der Spitze der CDU gesehen hätten, die neue Chefin mit einem Vertrauensvorschuss bedacht:

„Sie macht ihre Sache bisher gut. Sie leitet etwa die von uns geforderte Asyl-Wende ein. Die beschlossenen Maßnahmen müssen aber auch umgesetzt werden. Die CDU darf nicht länger aus dem Kanzleramt regiert werden.“

Die neue Parteispitze würde die Konservativen ordentlich behandeln, anders als bei Merkel, die jeden Dialog verweigert habe, rechne er damit, dass ihre Nachfolgerin „uns einbindet und uns zuhört“.

Schwarz-Grün könnte die rote Linie für die WerteUnion darstellen

Mit diesem Draht an die Parteispitze hofft die WerteUnion, die sich selbst als „Flügel“ der Partei betrachtet, ihre Schlüsselanliegen künftig wirksam zur Geltung bringen zu können, wie sie bislang schon die Debatte um den UN-Migrationspakt und die „Werkstattgespräche“ als Resultat des Drucks betrachtet, den sie aufgebaut habe. Die Liste der Anliegen ist lang, sie reicht von Zuwanderungsbegrenzung und Assimilation über Steuersenkung, kapitalgedeckte Rente, einer offensiven Familienpolitik oder mehr Realismus in der Klima- und Energiedebatte bis hin zur Amtszeitbegrenzung für Bundeskanzler.

Der Kuschelkurs zwischen WerteUnion und Parteiführung könnte jedoch auch ein jähes Ende finden, sollte Kramp-Karrenbauer die Weichen weiter in Richtung eines Projekts stellen, das die Unionskonservativen als Verrat an christdemokratischen Grundpositionen verstehen würden: eine schwarz-grüne Koalition. Eine solche Option hat auch Friedrich Merz im Vorfeld seiner gescheiterten Kandidatur nicht ausschließen wollen – bei gleichzeitigen Pöbeleien in Richtung AfD.

Mitsch träumt hingegen davon, dass die CDU sich in einer Weise regeneriert, dass sie weder auf linke Parteien noch auf die Rechtskonservativen als Koalitionspartner angewiesen ist, sondern so regieren kann, wie es schon Altkanzler Helmut Kohl immer vorexerzierte – mit einer eigenen schwarz-gelben Mehrheit:

„Wir müssen uns das Ziel setzen, dass die CDU mehrheitsfähig wird, ohne Grüne und SPD. Wir müssen wieder eine bürgerliche Mehrheit erkämpfen.“

 



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