Flüchtlingsquote aus Brüssel: Deutlicher Widerstand gegen das Quotensystem
Auf Deutschland würden dabei mit 18,42 Prozent die meisten der umverteilten Migranten entfallen. Das sieht ein Strategiepapier zur Einwanderung vor, das die EU-Kommission in Brüssel präsentierte.
Wegen des starken Zustroms von Bootsflüchtlingen soll dieser Verteilungsschlüssel zunächst befristet und nur für besonders schutzbedürftige Migranten gelten. „Wir müssen untereinander solidarischer sein“, mahnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Basis für die Quote sollen die Kriterien Wirtschaftsleistung, Einwohnerzahl, Arbeitslosenquote sowie die bisher aufgenommenen Flüchtlinge sein. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) begrüßte den Vorschlag: „Alle Mitgliedstaaten tragen gemeinsame Verantwortung, Flüchtlinge aufzunehmen.“
Bei den Asylbewerbern entfiel auf Deutschland laut EU-Statistikbehörde Eurostat 2014 mit 202 700 Anträgen der Löwenanteil in der EU (knapp ein Drittel). Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich positiv. „Ich glaube, dass die Hindernisse auf jeden Fall nicht auf deutscher Seite liegen werden“, sagte er am Rande des Nato-Außenministertreffens im türkischen Belek.
Gegen die Brüsseler Pläne gibt es jedoch aus mehreren Ländern Protest. Die britische Innenministerin Theresa May kündigte an, ihr Land werde nicht am Quotensystem teilnehmen: „Wir können nicht etwas tun, das noch mehr Menschen dazu ermuntert, sich auf diese lebensgefährlichen Reisen zu begeben.“ Großbritannien hat das Recht, in diesem Bereich aus gemeinsamen Beschlüssen auszusteigen („Opt Out“). Auch Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie die baltischen Staaten lehnen das Vorhaben ab.
Der Vorschlag der EU-Kommission wird erst dann Gesetz, wenn die nötige Mehrheit unter den EU-Staaten zustande kommt. Ob das gelingt, ist offen. Konkrete Gesetzesentwürfe zur Verteilung will die EU-Kommission Ende Mai vorlegen.
Die deutsche Migrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) nannte es bedauerlich, dass einige Staaten eine Verteilung ablehnten. „Die Antwort auf steigende Flüchtlingszahlen kann nicht sein, sich aus Angst vor einer Stärkung der Populisten einer gemeinsamen Asylpolitik zu entziehen“, betonte sie.
Außerdem sollen anerkannte Flüchtlinge von außerhalb der EU umgesiedelt werden, etwa aus Lagern rund um Syrien. Für die Neuansiedlung will die EU in allen Staaten 20 000 Plätze anbieten. Für das Programm werden in diesem und im nächsten Jahr 50 Millionen Euro bereitstehen.
Zudem will die EU Netzwerke von Schleuserbanden kappen. Ziel ist, die von Schleusern genutzten Schiffe etwa vor der libyschen Küste zu zerstören. „Wir wollen eine Militäroperation auf See, um das Geschäftsmodell der Schleuser zu zerschlagen“, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Der Umfang sei noch zu klären. Darüber beraten die EU-Außenminister kommenden Montag.
Ein solches Vorgehen könnte nach einer internen Analyse aus dem Hause Mogherinis indes erhebliche Risiken bergen. An der Küste des nordafrikanischen Krisenlandes gebe es schlagkräftige Milizen und schwere Waffen inklusive Artilleriebatterien, die eine ernste Gefahr für Schiffe und Flugzeuge der EU darstellen könnten, heißt es in dem Papier, das der dpa vorliegt. Steinmeier antwortete auf die Frage, ob sich die Nato an der Bekämpfung der Schleuserbanden beteiligen sollte: „Eine spezifische Nato-Rolle sehe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.“
Für die Seenotrettung stellte die EU-Kommission rund 90 Millionen Euro bereit, um die Mittel für die Seenotrettung durch die EU-Grenzschutzmissionen „Triton“ und „Poseidon“ zu verdreifachen. Die Grenzschutzmission Frontex soll ein erweitertes Mandat bekommen, um illegale Flüchtlinge zurückführen zu können. „Wir müssen da hart bleiben“, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos.
Die EU-Kommission will zudem die Außengrenzen besser sichern und die Regeln des Europäischen Asylsystems umsetzen, etwa indem alle EU-Staaten systematisch Fingerabdrücke von Flüchtlingen nehmen. Die legale Einwanderung soll durch modernere Regeln für die Arbeitserlaubnis („Blue Card“) erleichtert werden.
Als Pilotprojekt soll bis Jahresende im afrikanischen Niger ein Zentrum für ausreisewillige Menschen entstehen. Dort sollen sie Informationen zu ihren Chancen auf Asyl bekommen.
Nach dem Dublin-Verfahren sollen Asylbewerber eigentlich in dem Land bleiben, in dem sie zuerst den Boden der EU betreten haben. Das überfordert Länder wie Italien oder Griechenland, wo besonders viele Bootsflüchtlinge ankommen. Die Kommission will die Dublin-Verordnung im nächsten Jahr reformieren.
(dpa)
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