Görlitz: Nach Abifeier-Überfall erneutes Gewaltvideo aufgetaucht

Was ist los in Görlitz? Erst der Überfall von 20 Männern auf die Abifeier von Schülern in Görlitz, nun ein weiteres Gewaltvideo. Die Stimmung kippt, warnt ein ehemaliger SPD-Stadtrat und verweist auf „gescheiterte Integration“.
Titelbild
Polizei im Einsatz. (Symbolbild).Foto: iStock
Von 21. Juli 2023

Bereits wenige Tage nach dem Überfall auf eine Abi-Feier kam es in Görlitz erneut zu einer Gewaltattacke. Die Polizei berichtet von einem Angriff in den Abendstunden. „Ein Zeuge meldete einer in der Innenstadt befindlichen Polizeistreife eine Schlägerei mit mehreren Beteiligten auf der Berliner Straße“, so Polizeisprecher Marcel Malchow.

Als die Polizei vor Ort ankam, war alles vorbei. Täter und Opfer waren verschwunden. Es gibt jedoch ein Video: „Durch ein Video, das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den fraglichen Sachverhalt zeigt, erhielt die Polizei am Donnerstag, dem 13. Juli 2023, weitere Ermittlungsansätze.“

Kein eindeutiges Ja, kein eindeutiges Nein

Die Polizei verweist darauf, dass zu dem in den sozialen Medien kursierenden Video „objektiv nicht belegte Bezüge zu einer Straftat am Görlitzer L2 Club vom vergangenen Wochenende“ hergestellt würden. Allerdings seien die „genauen Umstände des Vorfalls auf der Berliner Straße (sind) derzeit noch nicht bekannt und Gegenstand der intensiv geführten Ermittlungen“.

Was war geschehen? Am frühen Samstagmorgen, 8. Juli, gegen 3:20 Uhr, kam es zu einem Angriff auf eine Abiturfeier im Görlitzer L2 Club, der bundesweit für Empörung sorgte. Bis zu 20 Männer warfen zunächst mit Glasflaschen in den Eingangsbereich der Diskothek und griffen offenbar wahllos außen stehende Partygäste an, unter anderem mit zerbrochenen Flaschen, wie die Polizei berichtete.

Als die Polizei dazukam, konnten die Beamten noch zwölf der Angreifer feststellen. Bei ihnen handelte es sich um Syrer, Türken, Iraker und Libanesen im Alter von 19 bis 35 Jahren. Nach Angaben der Polizei wurden „fünf männliche Personen deutscher Nationalität im Alter von 18 bis 48 Jahren verletzt“, wobei drei von ihnen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Auch unter den Angreifern gab es drei Verletzte. Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs wurden aufgenommen. Der Sachschaden am Gebäude: etwa 3.500 Euro.

Am nächsten Tag meldete Radio Lausitz, dass Haftbefehle gegen fünf Personen erlassen worden seien, wegen Landfriedensbruchs in besonders schwerem Fall. Drei Syrer (19, 21, 34) seien „hinter Gitter“ gekommen, während die Haftbefehle gegen zwei Türken (22, 28) unter Auflagen außer Vollzug gesetzt wurden. Gegen die übrigen sieben Festgenommenen, fünf Syrer, ein Libanese, ein Iraker, wurden von der Staatsanwaltschaft hingegen keine Haftanträge gestellt.

Wer hat das Gewaltmonopol?

Der Görlitzer Sebastian Wippel ist Fraktionsvize und innenpolitischer Sprecher der AfD im Landtag Sachsen, Stadtrat und Kreisrat in Görlitz und auch Polizeioberkommissar. Er postete das Video des Angriffs auf seinem Facebook-Kanal und kommentiert: „Es reicht langsam! Die deutschen Bürger haben das Gewaltmonopol an den Staat übertragen, damit es keine Selbstjustiz gibt. Was passiert mit dem Land und der Gesellschaft, wenn die Regierungen nicht für die Sicherheit sorgen?“

Der Polizeibeamte geht davon aus, dass das die Bürger dann selbst in die Hand nehmen und der Staat dann dagegen hart vorgehen werde. Er fragt: „Wem ist mit diesen Zuständen geholfen? Wo sind die Antworten, wie es weitergehen soll, Frau Faeser, Herr Schuster, Herr Kretschmer?“

Fast jeder Dritte wählte AfD

Sebastian Wippel war es auch, der unter anderem das Video von dem Angriff auf die Abiturientenfeier in einem Görlitzer Club auf Facebook postete und zur Montagsdemo aufrief. Wippel ging aus der Oberbürgermeisterwahl in Görlitz 2019 als stärkster von vier Kandidaten in die Stichwahl mit seinem Mitbewerber Octavian Ursu (CDU) – und unterlag. Er ist Mitglied des Landtags Sachsen für die AfD.

Seit den Kommunalwahlen von 2019 sind die Sozialdemokraten nur noch mit einem Sitz im Stadtrat vertreten, Linke und Grüne mit jeweils drei. Die CDU-Fraktion, der auch Oberbürgermeister Octavian Ursu angehört, hält neun Sitze und die AfD ist mit 13 Sitzen die stärkste Partei in der Stadtvertretung. 30,8 Prozent der Stimmen erhielt die Partei bei der letzten Wahl, 2024 wird neu gewählt.

Wippel: Anders als die „Schlägereien, die ich aus meiner Jugend kenne“

Bei seiner Rede am Montag nach dem Überfall auf die Abifeier schilderte Sebastian Wippel: Nach der Öffnung der zuvor geschlossenen Veranstaltung für den normalen Publikumsverkehr seien „Personen in den Club 2 Linden gegangen, die nichts anderes vorhatten, als Ärger zu suchen und Mädels anzugrabschen.“ Einer habe versucht, ein Mädchen gegen ihren Willen zu küssen. Dann wurden die Leute vor die Tür gesetzt „und dann ging’s los …“

Der Sicherheitsexperte sagte: „Diese Täter sind alles gestandene Männer, sind alle gestandene Jungs, die teilweise schon um die halbe Welt gereist sind. […] Und unsere Kinder, so wohlbehütet wie sie sind, in unserer friedlichen Gesellschaft, denen fällt es schwer, sich in solchen Momenten zu wehren.“ Sie hätten sich gewehrt, mithilfe der Türsteher, die versucht hätten, die Schüler in Sicherheit zu bringen.

Es sei zu einer Art Gewaltausbruch gekommen, der sich „von den Schlägereien, die auch ich aus meiner Jugend kenne, deutlich unterscheidet“. Gürtel seien genommen und mit der Gürtelschnalle voran zugeschlagen worden. Man sei mit zerbrochenen Gläsern in der Hand in die Gruppe gesprungen […] „Da kann jemand sein Augenlicht verlieren, da kann ein Hals aufgeschnitten werden“, doch das interessiere überhaupt nicht, so Wippel.

Als die Polizei dann einen Teil der Angreifer ergreifen konnte, habe man festgestellt, dass es Syrer, Libanesen, Iraker und Türken gewesen seien. „Menschen, die angeblich geflohen sind. Die sich angeblich hierher in Sicherheit gebracht haben – und die von Deutschland großzügig Schutz erhalten haben.“

CDU: „Unerträgliche Bilder“, SPD warnt vor Hass

CDU-Kreisverbandschef Florian Oest erklärte: „Die Bilder sind unerträglich. Wenn sich junge Männer zusammenrotten und andere bedrohen oder verletzen, dann müssen Polizei und Justiz durchgreifen. […] Es muss klar sein: Bei uns gilt das Recht des Staates. […] Die Nationalität und der Aufenthaltsstatus der Männer müssen unbedingt nachvollzogen werden, gleichzeitig darf es keine falschen Vorverurteilungen der Menschen geben, die hier friedlich leben.“

Die Situation in Görlitz wird für die Menschen immer unerträglicher. Ein ehemaliger Stadtrat spricht aus, was viele offenbar nicht auszusprechen wagen. „Das Verständnis für Flüchtlinge und Migranten sinkt, die Stimmung schlägt in blanken, ungehemmten Hass um“, sagte Peter Wirth (63), langjähriger Prokurist bei den Stadtwerken Görlitz.

Schuld sei an den Ereignissen bei der Abifeier die „gescheiterte Integration“, meinte der frühere Sozialdemokrat. „Viele Personen aus gebildeten Kreisen, die nichts mit der AfD zu tun haben und Flüchtlinge immer unterstützten, hat dieser Vorfall bis ins Mark getroffen“, erklärte Wirth gegenüber dem „Focus“.

Es sei „unfassbar“, wie diese Gruppe bei dem Angriff agiert habe. Sie hätten die positive Grundstimmung kaputtgemacht, die ihnen hier bislang entgegengebracht worden sei, so Wirth – und die ihnen Sicherheit garantiert habe. Nun würden ganz „normale Konservative“ plötzlich „umkippen“ und AfD wählen. Auch auf der Montagsdemo seien plötzlich wieder 1.000 Leute gewesen, so der frühere Fraktionschef der SPD im Stadtrat von Görlitz.

Oberbürgermeister tut sein Möglichstes

Am 14. Juli sprach sich der Oberbürgermeister von Görlitz, Octavian Ursu (CDU), in einem Gespräch zur Sicherheitslage mit dem Leiter der Bundespolizeiinspektion Ludwigsdorf, Olaf Töteberg, für eine engere Kooperation mit der Bundesbehörde auf dem Stadtgebiet Görlitz aus. Auch bei den Festnahmen im Zusammenhang mit den Ereignissen vor dem L2 Club waren bereits Bundespolizisten involviert gewesen.

Nach dem Überfall auf die Partygäste der Abifeier hatte Ursu direkt am Montag danach eine Sicherheitsberatung einberufen, um sich ein Bild von der aktuellen Lage und den Ermittlungen zu machen. „Die mutmaßlichen Haupttäter sind in Haft, weitere Ermittlungen folgen“, schrieb der Rathauschef auf Facebook. Er bat im Namen von Polizei und Staatsanwaltschaft um weitere sachdienliche Hinweise, „insbesondere Handyaufnahmen“.

Der CDU-Lokalpolitiker erklärte: „Die Vorkommnisse am vergangenen Samstag verurteile ich aufs Schärfste und bitte alle Bürgerinnen und Bürger, Aufrufen zu unüberlegten und ggf. strafbaren Handlungen, die laut meinem Kenntnisstand in den sozialen Medien kursieren, nicht zu folgen. Die Sicherheitsbehörden leisten professionelle Arbeit, um die Verantwortlichen zügig zur Rechenschaft zu ziehen.“

 



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