Greifswald: Zwickmühle zwischen Bürgerprotest und „ständig neuen Geflüchteten“

Wieder kommt es zu Protesten gegen ein geplantes Containerdorf für Migranten in Mecklenburg-Vorpommern. Wie schon in Upahl wurden auch die Bürger von Greifswald erst unmittelbar vor der Abstimmung darüber informiert, dass bald schon 500 Asylbewerber neben einer Schule und einem Kindergarten im Ostseeviertel der Stadt wohnen sollen.
Titelbild
Impressionen aus Greifswald.Foto: Istockphoto/BerndBrueggemann
Von 2. März 2023

Neun Millionen Euro soll es kosten und 500 Migranten sollen dort wohnen. Das geplante neue Containerdorf im Ostseeviertel in Greifswald hat am Montag wütende Proteste von Bürgern ausgelöst. Gleich neben einer Schule und einem Kindergarten an der Vitus-Bering-Straße soll es auf einer Brachfläche entstehen.

Von dem Vorhaben der Politiker hatten die Menschen in Greifswald erst eine Woche zuvor erfahren. An diesem Montag erst hatte der Kreistag in Pasewalk die Millionen für den Asylbau bewilligt. Nun sollte auch noch die Ortsteilvertreterversammlung zustimmen. Die Abstimmung war einstimmig. Dagegen. „Wir wollen die Unterkunft nicht an diesem Standort“, erklärte der Vorsitzende der Ortsvertreter Uwe Liedtke (CDU).

„Eine Konzentration von 500 Menschen an einem Punkt ist nicht unproblematisch“, sagte Greifswalds Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) am Dienstag, am Tag nach dem Protest. Seine Idee: Die Migranten auf drei Standorte aufteilen. Laut Fassbinder werde am Donnerstag der Hauptausschuss der Stadt Greifswald über die Lage und die neuen Varianten diskutieren. Dann werde die Stadtvertretung entscheiden. Das bedeutet: Der Plan vom Containerdorf könnte im letzten Moment platzen.

Auch der Sprecher der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, Leif-Erik Holm, warnte vor dem Standort bei solch einer Größenordnung. Ein so großes Containerdorf unmittelbar neben einer Schule berge enormen sozialen Sprengstoff, so Holm, berichtet der NDR.

Doch Landrat Michael Sack steht unter großem Druck – von oben und von unten. Die Zeit laufe davon, „denn wir bekommen ständig neue geflüchtete Menschen zugewiesen“, erklärte der CDU-Mann die missliche Lage. „Man vergisst uns gerade“, beklagte sich der Landrat von Vorpommern-Greifswald in Richtung Bundesregierung.

Wilde Versammlung oder zu viele Besucher?

Der Andrang der Menschen am Montag, 27. Februar, war offensichtlich größer als gedacht. Nur 40 Plätze waren bei der Ortsvertreterversammlung in der Caspar-David-Friedrich-Schule – gleich neben der geplanten Baustelle – für Besucher vorgesehen. Jedoch hatten sich bald schon Hunderte Menschen vor der Schule eingefunden. Die allermeisten mussten draußen bleiben. Wurde daraus eine unangemeldete Versammlung gemacht?

Die Polizei zumindest sprach von einer nicht angemeldeten Versammlung, bei der in der Spitze bis zu 500 Personen vor Ort anwesend gewesen seien. Die Sicherheitsbehörden hatten über die sozialen Medien von einem Protestaufruf im Zusammenhang mit der Sitzung erfahren, heißt es im Polizeibericht.

Wie der „Nordkurier“ berichtet, hatte kurzfristig auch OB Fassbinder an der Sitzung teilgenommen. Fassbinder sei demnach sowohl vor der Schule als auch im Sitzungsraum mit dem „deutlichen Unmut der Bürger über die Pläne konfrontiert“ worden, hieß es. Weiter wird berichtet, dass nach Angaben eines Polizeisprechers rund 20 Personen der rechtsextremen Szene vor Ort gewesen seien.

Rangelei um Greifswald-Oberbürgermeister

Medienberichten zufolge wollte der Grünen-Politiker in Begleitung von Polizeikräften die Schule durch den Hinterausgang verlassen. Da sei die Situation eskaliert.

Die Sicherheitsbeamten mussten den Oberbürgermeister mit einer Polizeikette vor den wütenden Menschen abschirmen. In der Pressemitteilung der Polizei wird dazu berichtet: „Während der Versammlungen versuchten offenbar einige der Teilnehmer der nicht angemeldeten Versammlung die Konfrontation mit dem Oberbürgermeister der Hansestadt Greifswald zu suchen, als dieser das Gebäude, in dem die Sitzung stattfand, verlassen wollte.“

Es sei jedoch gelungen, „dieses Vorhaben mit körperlicher Gewalt sowie durch den Einsatz des Schlagstocks gegen eine einzelne Person zu unterbinden“, erklärte Polizeisprecher Andrej Krosse in der Meldung.

Kam es zu Provokationen?

Die Polizei berichtet auch von einer angemeldeten Gegendemonstration mit etwa 50 Personen, die gleichzeitig stattgefunden habe. Nach deren Ende attackierten Personen dieser Gegendemonstration verbal Teilnehmer der nicht angemeldeten Versammlung.

„Kurz darauf kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen, wobei zwei unbekannte Teilnehmer der nicht angemeldeten Versammlung einen ehemaligen Teilnehmer der angemeldeten Versammlung angriffen“, schreibt die Polizei zum weiteren Verlauf. Weitere Auseinandersetzungen konnten durch das Eingreifen der Beamten verhindert werden. In dem Zusammenhang werde wegen einer gefährlichen Körperverletzung ermittelt, heißt es.

Weiterhin wurden Ermittlungen gegen eine Person wegen Widerstands gegen Polizeikräfte aufgenommen und Strafanzeige gegen eine Person wegen des Zündens von Pyrotechnik während der Versammlung erstattet. Eine weitere Ermittlung gibt es gegen Unbekannt – wegen der nicht angemeldeten Versammlung.



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