Große Freiheit für Geimpfte? – Jens Spahn und das halbgeheime RKI-Papier
Es erleichtere den Alltag in der Pandemie, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dass diese Erkenntnisse nun zeitnah in Gesprächen mit den Ländern in die Praxis gebracht werden sollten. Gemeint sind die neuen Informationen aus einem RKI-Papier, die schon in den nächsten Wochen umgesetzt werden sollen, mit denen Geimpfte zu einer Bevölkerungsgruppe mit Privilegien in der Pandemie gemacht werden – gleich wie negativ Getestete, äußerte Spahn gegenüber der „Bild-Zeitung.
Wer vollständig geimpft wurde, kann also in Zukunft wie jemand behandelt werden, der negativ getestet wurde,“ so der Gesundheitsminsiter.
Und Spahn ergänzt, dass die Geimpften dann auch „ohne weiteren Test ins Geschäft oder zum Friseur“ gehen könnten. Auch in Quarantäne müssten vollständig Geimpfte nach Aussage Spahns nicht mehr, ein Hinweis, der auch für Reisen von Bedeutung ist.
Spahn: Erst die dritte Welle brechen
Jedoch, und hier dämpft der Minister die Erwartungen, müsse zuerst die dritte Welle gebrochen werden. Dann rede man über „testgestützte Öffnungsschritte etwa für den Einzelhandel“.
Der CDU-Politiker betonte jedoch, dass auch für die Geimpften in der jetzigen Phase der Pandemie die Corona-Regeln wie Abstand, Masketragen und Hygiene bestehen bleiben, schreibt die „Bild“ in einem Folgebericht.
Laut Jens Spahn würde sowohl der „tagesaktuelle Test als auch die vollständige Impfung“ zwar das Infektionsrisiko deutlich reduzieren, „aber sie geben keine hundertprozentige Sicherheit davor, andere zu infizieren“.
Das RKI-Papier ans BMG
Dabei beruft sich der Minister auf eine am Sonntag ans Bundesgesundheitsministerium (BMG) verschickte Einschätzung des Robert Koch-Instituts, die im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz vom 22. März angefordert wurde. Man wollte wissen, ob und ab wann geimpfte Personen nicht mehr infektiös seien.
Demnach sinkt ab dem 15. Tag nach der zweiten Impfung das Risiko der Virusübertragung je nach Impfstoff auf 33 bis zehn Prozent. Das sei „geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen-Schnelltests bei symptomlosen infizierten Personen“, so das RKI.
Allerdings versteckt sich das Virus gern und recht effektiv. Symptomlose Infizierte konnten mit den Tests nur zu 58 Prozent identifiziert werden und selbst Menschen mit Symptomen wurden nur zu 72 Prozent als positiv erkannt, fand das RKI heraus.
Halbgeheimes Wissen?
Am 31. März übermittelte das RKI an das BMG seine Zusammenfassung der diesbezüglichen Erkenntnisse. Laut einem Bericht des „c’t Magazin“ auf „Heise“ sollen die Informationen aber lediglich einzelnen Medienvertretern zugänglich gemacht worden sein. Der breiten Öffentlichkeit sollten sie offenbar vorenthalten werden.
Diese Erkenntnis gewann „c’t“ aus der Tatsache, dass das RKI auf Anfrage ausdrücklich einer Veröffentlichung im Internet widersprach. Eine Begründung dafür soll auch nach mehreren weiteren Nachfragen nicht gegeben worden sein.
Arne Semsrott, Projektleiter bei der „Open Knowledge Foundation Deutschland“ (OKF, Stiftung für offenes Wissen), dazu: „Alle Informationen, die das RKI hat, gehören an die Öffentlichkeit“. Deshalb veröffentlichte die OKF das RKI-Papier auf seiner Plattform „Frag den Staat“ und machte es damit öffentlich zugänglich.
Hintergrund dabei ist das Informationsfreiheitsgesetz, dem auch das RKI als Bundesoberbehörde unterliegt. In dem Gesetz wird der Anspruch der Bürger auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesorganen geregelt.
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