Habeck beschuldigt Russland als Lügner – und erhält Buhrufe und Pfiffe

Der Wirtschaftsminister reist in der angespannten Gaslage für Unternehmensbesuche und Bürgergespräche durchs Land – und wird ausgepfiffen. Es stehen noch Stopps in Thüringen und Sachsen-Anhalt an.
Es gab zudem Pfiffe und Buhrufe, viele Bürger riefen Habeck zu: «Hau ab».
Es gab zudem Pfiffe und Buhrufe, viele Bürger riefen Habeck zu: „Hau ab“.Foto: Soeren Stache/dpa
Epoch Times29. Juli 2022

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat den Kurs der Bundesregierung in der Ukraine-Politik gegen lautstarke Proteste verteidigt. Der Grünen-Politiker machte bei einem Bürgerdialog in Bayreuth mit Blick auf stark gestiegene Energiepreise deutlich, Deutschland dürfe trotz finanzieller Nachteile den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht tolerieren. Waffenlieferungen hätten der Ukraine geholfen, dem Aggressor zu widerstehen.

Neben mehreren Habeck-Fans versammelten sich auch etwas mehr als hundert Kritiker der deutschen Ukraine- und Energie-Politik. Sie nutzten den Bürgerkontakt des Ministers, um direkt ihre Meinung kundzutun. Gleichzeitig vertreten sie etliche Deutsche, die zu Protesten gegen die stark angestiegenen Energiepreise bereit wären, auf die Straße zu gehen.

Pfiffe und Anschuldigungen

Vor Beginn seiner Ansprache gab es gegen Habeck laute Pfiffe. Die Kritiker riefen Äußerungen wie „Hau ab“. Auf Plakaten wurde er als „Kriegstreiber“ bezeichnet. Ein Plakat forderte laut der „Welt“ gar die „Nürnberger Prozesse 2.0“. Die Demonstranten waren insgesamt in der Minderheit. Bei dem Bürgerdialog kamen geschätzt mehrere Hundert Teilnehmer zusammen. Habeck verteidigte den Kurs der Bundesregierung und warb um Austausch und Dialog.

Im Streit um eine Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1 warf Habeck Russland Lügen vor – er sprach von einer „Farce“. Die in Kanada gewartete Turbine sei seit Montag letzter Woche in Deutschland. Alle Papiere lägen vor, er habe sie selber in der Hand gehabt. Russland aber weigere sich, die Turbine ins eigene Land zu holen. „Sie lügen einem ins Gesicht.“

Mit Blick auf stark gestiegene Energiepreise sagte er, die Wurzel sei der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Das diktatorische Regime des russischen Präsidenten Wladimir Putin dürfe nicht siegen. Die aggressive Politik dürfe sich nicht durchsetzen. Deutschland müsse so schnell wie möglich unabhängig von russischen Energien werden.

Doch kritische Stimmen gab es nicht nur hinter der Absperrung. Auch direkt vor der Bühne appellierte beispielsweise ein Solar-Unternehmer an den Minister. Die Politik müsse sofort wieder die Beziehungen zu Russland intensivieren. Kein russisches Gas mehr beziehen zu wollen, sei „wirtschaftspolitischer Selbstmord“. Es sei „Augenwischerei“, dass man so schnell auf erneuerbare Energien umstellen könne.

Letztendlich ging der Applaus der Habeck-Befürworter vor der Bühne im lauten Pfeifkonzert der Kritiker unter.

Kosten und Entlastungen

Angesichts der stark steigenden Kosten für Energie sieht der Minister Gesprächsbedarf über zusätzliche Entlastungen für die Bürger. Es gebe eine „Zone“, die politisch noch nicht „ausgeleuchtet“ sei, sagte er bei einem Besuch der Stadtwerke Bayreuth. Habeck sprach von „Normalverdienenden“, die aber nicht eklatant viel Geld pro Monat verdienten. „Weil ich zu wissen glaube, welche Belastungen da kommen können, bin ich klar auf der Seite, da großzügiger zu sein.“

Auf alle Gaskunden in Deutschland kommen durch eine politisch beschlossene Umlage im Herbst höhere Preise zu. Die Bundesregierung will mit der Umlage angeschlagene Versorger entlasten, die durch die Drosselung der russischen Gaslieferungen stark gestiegene Beschaffungskosten haben. Mit der Umlage können sie zu einem großen Teil an Gaskunden weitergeben werden. Dazu kommen ohnehin marktgetriebene Preissteigerungen. In der Ampel-Koalition wird darüber diskutiert, ob noch in diesem Jahr ein neues Entlastungspaket nötig ist.

Habecks Tour steht unter dem Motto „Wirtschaften und Arbeiten in der Krise“. Er hat sich zuvor bereits den Gasspeicher in Bad Lauchstädt angeschaut. Dieser ist schon zu rund 87 Prozent gefüllt (Stand 27. 7.). Zudem soll der Speicher als Pilotprojekt bald nicht mehr nur Erdgas, sondern auch Wasserstoff speichern.

Habeck unternimmt bis zu diesem Freitag eine zweitägige Reise nach Sachsen-Anhalt, Bayern und Thüringen. Auf dem Programm stehen Besuche von Unternehmen. (dpa/mf)



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