Habeck sieht Kosten für energetische Sanierung bei bis zu 200.000 Euro
Der parlamentarische Abend des Lobbyverbandes für energetische Sanierung, DENEFF, Anfang Oktober wurde zum Rahmen für ein überraschendes Eingeständnis. Ausgerechnet Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck selbst war es, der ein ernüchterndes Fazit bezüglich der Akzeptanz der Klimapolitik in der Bevölkerung zog.
Zwar hält der Minister das von ihm betriebene Heizungsgesetz trotz aller Widerstände für eine notwendige politische Weichenstellung. Eine zusätzliche gesetzliche Pflicht für Immobilienbesitzer zur energetischen Sanierung, wie sie etwa auf EU-Ebene diskutiert wird, sieht er jedoch kritisch.
Habeck räumt soziale Schieflage durch radikale Klimapolitik ein
Dass die Ampelregierung in der letzten Septemberwoche auf dem Wohnungsgipfel Abschied vom EH40-Standard bei der Gebäudeeffizienz genommen hatte, war kein Zufall. Vor den Lobbyisten für energetische Sanierung betonte Habeck, es werde bis auf Weiteres keine höheren Effizienzstandards und Sanierungspflichten geben.
Wie die „Welt“ schreibt, hat der Minister explizit die fehlende Akzeptanz zu weitreichender Vorgaben in der Klimapolitik zur Begründung angeführt. Die wachsenden Stimmenanteile der AfD hätten viel damit zu tun, dass in diesem Bereich „der Veränderungswille beschränkt“ sei. Der Klimaschutz sei politisch unter Druck geraten, höhere Preise seien nicht mehr durchsetzbar.
In seinen Ausführungen bestätigte Habeck zudem, was in seiner Partei sonst rundum bestritten wird – nämlich die soziale Schieflage, die zu harte Maßnahmen erzeugten:
In den am schlechtesten sanierten Gebäuden wohnen eben auch die ärmsten Menschen. Wenn da nicht nur eine Wärmepumpe für 20.000 Euro installiert wird, sondern auch die komplette energetische Sanierung auf ein deutlich höheres Niveau gefordert wird, dann reden wir von 200.000 Euro.“
Zwei Drittel des deutschen Immobilienbestandes gilt als Altbau
Bis dato hatte es aus den Reihen der Grünen stets geheißen, die Ampel werde Maßnahmen im Sinne des Heizungsgesetzes durch Förderprogramme sozial abfedern. Diese decken jedoch maximal 70 Prozent des Aufwandes für den Heizungstausch ab, heißt es aus der Bundesregierung.
Beim bloßen Tausch einer Öl- oder Gasheizung gegen eine Wärmepumpe bleibt es jedoch nicht. Um Wärmepumpen effizient betreiben zu können, sei ein entsprechendes Niveau an Gebäudeeffizienz erforderlich. Allerdings seien zwei Drittel der 18,6 Millionen Bestandsimmobilien in Deutschland vor 1979 errichtet worden.
In all diesen Altbauten wäre eine energetische Sanierung erforderlich, um die Wärmepumpe sinnvoll erscheinen zu lassen. Diese in allen betreffenden Fällen mit bis zu 70 Prozent dabei zu fördern, würde einen mehrstelligen Milliardenbetrag erfordern – zusätzlich zum Eigenaufwand der Immobilienbesitzer selbst. Habeck klagt zudem über „lähmende Bürokratie“ und rechtliche Hürden, die Genehmigungsprozesse verzögerten. Bis dato könnten diese sich bis zu einer Dauer von zwei Jahren ziehen. Habeck strebt eine Straffung der Prozesse auf drei bis vier Monate an.
Lobbyverband: Mitglieder der Bundesregierung verbreiten „Falschnachrichten“
Bei DENEFF ist man über diese Aussagen wenig erbaut. In einer Erklärung, die offenbar auf die Aussagen des Bundeswirtschaftsministers gemünzt war, hieß es, Mitglieder der Bundesregierung würden „wohl in Unkenntnis Falschinformationen mitverbreiten“.
Die Dämmpflichten erleben demnach gar keine stetige Verschärfung. So habe es bezüglich der Anforderungen an den Wärmeschutz neuer Gebäude bereits seit 2009 keine strengeren Vorgaben mehr gegeben. Zudem seien die auf EU-Ebene diskutierten Anforderungen zur Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäudeteile „vollkommen technologieoffen“.
Möglichkeiten wären erneuerbares Heizen, die Optimierung der Heiz- oder Anlagentechnik oder „bereits einfache Wärmeschutzmaßnahmen“. Zudem seien die Kosten überschaubar, so der Verband:
Die Kosten zur Erfüllung liegen zwischen wenigen tausend und 15.000 Euro, wie eine Untersuchung des Beratungsunternehmens Guidehouse zeigte.”
Bauen für junge Familien immer unkalkulierbarer
Unterdessen rudern andere europäische Länder wie Großbritannien oder Schweden mittlerweile von Zwangsmaßnahmen zum Klimaschutz ab. Andere – wie Frankreich – setzen zwar auch auf einen deutlichen Ausbau des Einsatzes von Wärmepumpen. Dabei peilt man das Ziel jedoch allein über Förderungen und Anreize an. Ein Verbot fossiler Heizungssysteme lehnt Präsident Emmanuel Macron ab.
Auf X weisen Nutzer hingegen darauf hin, dass Umfang und Vielzahl an Auflagen zur Energieeffizienz jetzt schon den Bau oder Erwerb von Immobilien zu einem Himmelfahrtskommando machten. Auch die Preise für Baumaterial steigen infolge der Inflation an. Dazu komme auch noch die Aussicht auf eine deutlich ansteigende Grundsteuer. In Brüssel halte man dennoch an Maximalforderungen fest:
100.000 Euro pro Haus! 🏠 Neue Horrorliste zur Zwangssanierung kursiert in Brüssel
– Geht’s noch #EU ? Davor kommt erst noch eine saftige Erhöhung der Grundsteuer 😠 Das kann kein Häuschen-Besitzer mehr stemmen!#Sanierung #Immobilie #Haushttps://t.co/o3lsIF6Bn6— Thyra Maris 🙋🏻♀️🐇✍️🕊️ (@Thyrala) October 6, 2023
Vonseiten der Bundesregierung hatte sich Bundesbauministerin Klara Geywitz wiederholt gegen so weitreichende Vorhaben ausgesprochen.
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