Habeck und Le Maire wollen Energiepreise in den Griff bekommen – mit Subventionen

Die hohen Energiepreise in Europa belasten Bürger und vertreiben Unternehmen. Die USA locken mit Steuervergünstigungen. Minister Habeck will gegensteuern.
Angesichts steigender Energiepreise will die Regierung ein neues Entlastungspaket auf den Weg bringen.
Angesichts steigender Energiepreise wird der Wirtschaftsstandort Deutschland immer unattraktiver für Unternehmen.Foto: Uli Deck/dpa
Von 6. Februar 2023

Am Montag (06.02.) werden Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire nach Washington reisen. Dort werden sie mit Finanzministerin Janet Yellen, der Handelsbeauftragten Katherine Tai und Handelsministerin Gina Raimondo zusammentreffen. Dies berichtet das Portal „Euractiv“. Thema werden unter anderem die Energiepreise sein.

Habeck und Le Maire werden voraussichtlich ihren Unmut darüber artikulieren, dass die USA von den Auswirkungen der europäischen Energiepolitik profitieren. Die Energiepreise in der EU betragen ein Vielfaches des US-amerikanischen Durchschnitts. Dies hemmt nicht nur die Wirtschaftsentwicklung in Europa, sondern lockt zusätzlich auch Industrieunternehmen in die USA.

USA setzen Steueranreize und halten Energiepreise niedrig

Als Schlüsselfaktor gilt dabei der sogenannte Inflation Reduction Act (IRA). Dieser ist Teil eines Steuerreformpakets, das die Erholung der US-Wirtschaft nach der Corona-Krise flankieren soll. Gleichzeitig soll es die USA vor den Auswirkungen der Energiekrise schützen und die Inflation bändigen.

Kern des IRA sind milliardenschwere Steueranreize für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Subventionen und Steuergutschriften ist es jedoch, in den USA zu produzieren und US-Produkte zu verwenden.

Dies sieht die EU als gravierenden Wettbewerbsnachteil an – zumal das Gesetz Kanada und Mexiko den USA gleichstellt. Auch Habeck und Le Maire sehen dies als eine ungerechtfertigte Benachteiligung als transatlantische Partner.

Was die Europäer außer Acht lassen: Zwischen den USA und ihren Nachbarstaaten im Norden und Süden gibt es seit Juli 2020 ein erneuertes Freihandelsabkommen. Demgegenüber hat die EU das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) scheitern lassen. Brüssel wollte keine Kompromisse in Bereichen wie Agrarsubventionen oder der Zollpolitik. Außerdem verhinderte die Angst vor sogenannten Chlorhühnern, Gentechnik oder Fracking bislang eine Einigung.

Deutschland und Frankreich arbeiten an Gegenkonzept

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte erst jüngst Ausnahmen wie für Kanada und Mexiko auch für die EU gefordert. Le Maire würde sich laut AFP bereits mit einem „fairen Wettbewerb“ zufriedengeben. Dies setze „Transparenz über die Höhe der Subventionen und Steuererleichterungen“ voraus. Habeck will eigenen Angaben zufolge eine „grüne Brücke“ über den Atlantik schlagen.

Sollten die USA den Europäern nicht entgegenkommen, wollen Habeck und Le Maire ein eigenes Konzept entwerfen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dieses solle einen „kooperativen Ansatz“ in Bereichen wie Halbleitern verfolgen – und ebenfalls mögliche Steuererleichterungen auf „grüne“ Investitionen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits am vergangenen Mittwoch einen „Green-Deal-Industrieplan“ vorgestellt. Dieser soll im Kern eine Reaktion auf den IRA in den USA darstellen. Bereits im Dezember erschien ein deutsch-französisches Positionspapier, das unter anderem eine Lockerung und Angleichung von Subventionsregelungen vorsah. Unter anderem sollen EU-Länder Unternehmen, die eine Abwanderung in die USA planten, den so eingesparten Betrag selbst als Subvention anbieten dürfen.

Kleinere Mitgliedsländer befürchten jetzt, Deutschland und Frankreich könnten sie innerhalb der EU durch großzügige Subventionsregeln ausbooten. Am morgigen Dienstag soll es in Stockholm ein informelles Treffen der für Wettbewerbsfähigkeit zuständigen Minister zum Industrieplan geben.

Habeck will Energiepreise für Industriekunden auf erträgliches Niveau subventionieren

Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) zufolge will Minister Habeck im ersten Quartal ein Konzeptpapier zur Sicherung eines wettbewerbsfähigen Industriestrompreises vorlegen. Mehrere Beratungsgesellschaften sollen derzeit ihre Vorschläge vorstellen. Da die hohen und unsicheren Energiepreise eine so starke Belastung darstellten, soll ein „Industriepreis“ entstehen, der Unternehmen in Deutschland halten soll.

Dieser Preis soll „möglichst nahe“ am Gestehungspreis für Windenergie auf See liegen, so die Vorstellung Habecks. Dieser beträgt je Megawattstunde zwischen 70 und 120 Euro – der Durchschnittspreis für Industriekunden lag 2022 hingegen bei bis zu 530 Euro.

Voraussetzung für die Gewährleistung eines solchen Preises wäre ein massiver staatlicher Eingriff in den Energiemarkt. Habeck denkt dabei etwa an Differenzverträge. Diese sollten eine staatliche Absicherung des Unterschiedes zwischen Referenzpreisen für Offshore-Windstrom und tatsächlichen Vertragspreisen zwischen Stromanbietern und Industrie ermöglichen.

Grundlage dafür sollen von der Bundesnetzagentur organisierte Auktionen sein. An diesen sollen Unternehmen bei Erfüllung bestimmter Bedingungen im Umfang ihres Vorjahresverbrauchs teilnehmen können. Absichern lasse sich das Konzept entweder durch Netzentgelte – was den Normalverbraucher belasten würde – oder durch eine Ausfallhaftung der KfW. Während Industrieverbände und Gewerkschaften den Vorstoß begrüßen, warnt die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer vor einer Industriestruktur, die auf einem dauerhaft subventionierten Strompreis aufbaue.

Experten sehen Ausbaupläne Habecks nicht als realistisch

Vor allem würde ein solches Subventionskonzept das angebotsseitige Problem nicht lösen. Auch im deutsch-französischen Positionspapier vom Dezember wurde deutlich, dass womöglich zu wenig Strom bereitstünde und dieser noch dazu viel zu spät käme.

Dies habe auch die Bundesregierung laut „Bild“ erst jüngst selbst eingeräumt. In ihren „Handlungsempfehlungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Elektrizität“ sei sie ungewohnt selbstkritisch geworden. So heiße es in dem Konvolut, das der Zeitung vorliegt, die „aktuelle Zubaudynamik“ bei erneuerbaren Energie reiche „bei Weitem noch nicht“ aus, „um auf den Zielpfad […] einzuschwenken“.

Habeck hatte erst kürzlich verlautbart, er rechne mit einer Verdreifachung des Tempos beim Ausbau erneuerbarer Energien. Experten und selbst Politiker der Ampelkoalition wie FDP-Energieexperte Michael Kruse halten dies nicht für realistisch.

Um die Ziele der Bundesregierung beim Ausbau der Versorgung aus erneuerbaren Energien zu erreichen, müsste man bis 2030 jährlich fast neun Gigawatt zubauen. Der bisherige Höchstwert betrug diesbezüglich 5,3 Gigawatt im Jahr 2017. Es müssten täglich etwa sechs neue Windräder mit einer Leistung von jeweils 4,2 Megawatt entstehen. Von 2010 bis 2021 waren es im Schnitt pro Tag rund 3,5 Windenergieanlagen mit jeweils 2,8 Megawatt. Die Differenz mussten bislang entweder konventionelle Energieträger aufbringen – oder der Strom musste teuer importiert werden. Auch das trieb die Energiepreise weiter in die Höhe.



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