„Freie Bauern“ erwarten Auflösung der Lebensmittelmonopole

In Berlin wurde eine neue Gesetzesnovelle zum Kartellrecht vorgelegt. Monopolartige Strukturen gibt es häufig – auch in der Lebensmittelindustrie. Die „Freien Bauern“ hoffen, dass nun die vier großen Lebensmittelkonzerne, die 75 Prozent des Marktes beherrschen, entflochten werden.
Titelbild
Bauern protestieren gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung.Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images
Von 12. April 2023

„Wettbewerb ist das beste Mittel, um Verbraucher vor ungerechtfertigten Preissteigerungen zu schützen“, sagt Robert Habeck. „Und Wettbewerb sorgt für Innovation.“ Dazu zähle auch, das Wettbewerbsprinzip auf den Märkten aktiv durchzusetzen, so Habeck weiter. Damit die Verbraucher „bessere Qualität zu besseren Preisen“ erhalten.

Diese Worte fielen im Zusammenhang mit der kurz vor Ostern verabschiedeten Gesetzesnovelle zum Kartellrecht. „Die heute im Kabinett verabschiedete Novelle ist eine der größten Reformen des Wettbewerbsrechts der letzten Jahrzehnte“, kommentierte der Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck die Gesetzesnovelle. Angesichts der aktuellen Krisen müsse man die großen Stärken des Wettbewerbs konsequenter nutzen.

Was hat sich geändert?

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt als das „wirtschaftliche Grundgesetz“ der sozialen Marktwirtschaft. Ziel ist, Störungen des Wettbewerbs im Sinne der Verbraucher abzustellen. Dazu sollen neue Instrumente dienen, mit deren Hilfe das Kartellamt besser in Marktstrukturen, die dem Wettbewerb entgegenstehen, eingreifen kann. Dabei geht es um drei Kernpunkte:

Erstens: Nach eine Untersuchung und einer festgestellten Störung des Wettbewerbs könnte das Bundeskartellamt zukünftig direkt eingreifen und verschiedene Maßnahmen anordnen. Bisher hatte es nur die Möglichkeit, einen Bericht zu verfassen.

Zu den möglichen Maßnahmen gehören, den Marktzugang zu erleichtern, Konzentrationstendenzen zu stoppen und Unternehmen zu entflechten. Dabei habe man sich an der Marktuntersuchung der Wettbewerbsbehörde des Vereinigten Königreichs (The Competiton and Market Authority – CMA) orientiert.

Zweitens: Im Fall von Kartellrechtsverstößen soll zudem die Abschöpfung der daraus entstandenen Gewinne erleichtert werden.

Drittens: Der Gesetzentwurf schafft die rechtlichen Grundlagen dafür, dass das Bundeskartellamt die Europäische Kommission bei der Durchsetzung des Digital Markets Act unterstützen kann. Außerdem wird die private Durchsetzung des Digital Markets Acts erleichtert.

Bundestag und Bundesrat müssen dem Gesetzesentwurf noch mehrheitlich zustimmen, damit es in Kraft tritt.

Bauernverband: „Entflechtung der Lebensmittelgroßkonzerne in Angriff nehmen“

Die Interessenvertretung familiengeführter Bauernhöfe – „Freie Bauern“ – begrüßt die von der Bundesregierung beschlossene Kartellrechtsreform als „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“.

Obwohl der Anstoß die Entwicklung des Mineralölpreises war, hoffen sie, dass mit dem neuen Instrument Einschränkungen in der Landwirtschaft durch monopolartige Strukturen in den vor- und nachgelagerten Bereichen entflochten werden. Dies sei ein zentrales Thema für die Wertschöpfung der bäuerlichen Betriebe.

Denn Sie sehen in diesen bedingt mindestens ebenso massive Marktstörungen, argumentiert Christian Linne von der Bundesvertretung „Freie Bauern“.

„Wir haben gegenüber Abgeordneten der Koalition immer wieder gefordert, die vom früheren Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle geplante Entflechtung der Großkonzerne in Angriff zu nehmen – mit dem Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz entsteht dafür jetzt ein Instrument, das zügig verabschiedet und konsequent angewandt werden sollte.“

„75 Prozent des Umsatzes verteilt auf vier Lebensmittelkonzerne“

Parallel zur Befassung in Bundestag und Bundesrat sollte die Bundesregierung die notwendigen Untersuchungen durch das Bundeskartellamt veranlassen, damit sofort bei Inkrafttreten des Gesetzes durchgegriffen werden kann, wünscht sich Linne: „An erster Stelle gilt das für den Lebensmitteleinzelhandel, wo vier Konzerne mehr als 75 Prozent des Umsatzes unter sich ausmachen und Riesengewinne zulasten der Bauern und Verbraucher einfahren.“

Spitzenreiter beim Umsatz mit Lebensmitteln in Deutschland ist die Edeka-Gruppe, gefolgt von der Rewe-Gruppe und der Schwarz-Gruppe. Dahinter folgt die Aldi-Gruppe.

Fehlenden Wettbewerb sehe der 50-jährige Ackerbauer aus dem niedersächsischen Sottmar aber auch beim Landhandel, den Schlachtunternehmen und den Molkereien. Die Entflechtung der Monopole sei eine zutiefst liberale Forderung im Interesse einer funktionierenden Marktwirtschaft, betont Linne.

„Agravis, BayWa, DMK, Westfleisch und andere arbeiten längst nicht mehr im Sinne der Bauern, sondern verfolgen eigene Interessen.“ Der Interessenorganisation „Freie Bauern“ gehören bundesweit rund 1.540 Mitglieder an. Schwerpunkt ist mit aktuell rund 450 familiengeführten landwirtschaftlichen Betrieben das Land Brandenburg.

„Ohne Wettbewerb keine Soziale Marktwirtschaft“

Federführend bei der Erarbeitung der mittlerweile 11. Novelle des „Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ war das Bundeswirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit dem Bundesjustizministerium.

Für Bundesjustizminister Buschmann ist der entscheidende Punkt, dass es „ohne Wettbewerb keine Soziale Marktwirtschaft“ gäbe. „Wettbewerb fördert Wohlstand und sichert Freiheit“, so der Justizminister.

Mit der neuen Novelle stelle man sicher, dass rechtsstaatliche Grundsätze beim kartellbehördlichen Einschreiten strikt gewahrt werde. „Dies stärkt unsere Wirtschaft und unser Land.“



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion