Hamburg: Bund investiert in Ausbau und Lärmschutz der A7

Eine Investition von rund 400 Millionen Euro
Titelbild
Ausschnitt aus dem Plan der DEGES. Gut bedacht sei gemäß Bürgerinitiativen nur ein bepflanztes Dach über die vollständige Strecke. (Grafik: BSU Hamburg)
Von 8. Januar 2008

„Rund 400 Millionen investiert der Bund in den Ausbau und den Lärmschutz der A7 in Hamburg!“ jubelt der Senat aus dem Hamburger Rathaus und stellt als frohe Botschaft einen Lärmschutzplan der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) vor, deren Gesellschafter Hamburg seit August 2007 ist. Gestank und Lärm der Autobahn kommen demnach in Othmarschen/Bahrenfeld sowie in Stellingen streckenweise unter die Erde, das heißt, die A7 wird dort gedeckelt und der Deckel mit einer 1,20 bis 1,50 Meter hohen Sandschicht aufgefüllt und begrünt. Dazwischen soll es Strecken mit einseitigen Galerien, Einhausungen und neun Meter hohe Wände als Lärmschutz geben.

„Stellinger Deckel“ gegen „Stellinger Mauer“

Lärmschutzwände brachten bisher nur Erleichterung für die, die direkt hinter der Wand leben. Durch die Wand nach oben geleitet kann sich der Krach sogar noch dem „Publikum“ ein paar Straßen weiter präsentieren. Die Initiative „Stellinger Deckel“, wehrte sich mit allen rechtlichen Mitteln gegen eine „Stellinger Mauer“ von bis zu neun Metern Höhe als Lärmschutz. Die scheint jetzt vom Tisch zu sein.

„Ohne Dach ist Krach“

Im Oktober 1987 wurde im Bezirksamt Altona das erste Mal ein Antrag zur Abdeckelung der A7 in der Stadt gestellt. Doch die Stadt plante im Jahre 1990 erst einmal den Bau der vierten Elbtunnelröhre – ohne Deckel. Das hatte den Anwohnern gerade noch gefehlt! Hamburger können zäh sein, wenn ihnen etwas gegen den Strich geht: Im November gründeten sie den Verein „Aktion für Bahrenfeld e.V.“, im April 1994 die Bürgerinitiative Bahrenfeld/Othmarschen. Diese Initiative biss sich an die BAB (Bundesautobahn) fest wie ein Terrier am Hosenbein. Sie machten sich über Möglichkeiten schlau. „Ohne Dach ist Krach“ wurde die Devise, und sie informierten ihre Nachbarn und die Politiker, die ja schließlich wissen sollten, worüber sie in der Bürgerschaft entscheiden. Sie demonstrierten und verklagten die Stadt. Doch blieben sie „immer sachlich und kompromissbereit“ betont Bernt Grabow von der Initiative „Ohne Dach ist Krach“. Es war klar, wenn sie mitten auf der Autobahn demonstrierten, dann wären sie nur einen Tag in der Presse, „Polizei räumte Demonstranten von der Straße“, und dann war es das. „Es ist ein Glücksfall, dass wir eine Gruppe sind, die das all die Jahre auch so trägt“, weiß Grabow zu würdigen, „obwohl wir alle zusammen auch grauer werden, das ist auch sichtbar.“ Immerhin sind sie schon 15 Jahre zusammen am Ball.

„Nach Vorschrift“ versus Entwicklung

Die „frohe Botschaft“ des Senats ist für die BI noch kein Grund, Sektkorken knallen zu lassen. Zum einen könnten die Stadtteile nach jenem Plan nicht richtig zusammenwachsen. „Die DEGES hat keine Stadtentwicklung gemacht, das war nicht ihr Auftrag, sie hat nur geplant: Was muss man bauen, um die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten (um die Autobahn bauen zu dürfen)“, erklärt Grabow. Doch was man jetzt baut, wird voraussichtlich für die nächsten zwei Generationen so bleiben. „Wir haben uns auch intensiv mit dem Thema Abgasreinigung auseinandergesetzt“, fügt der Othmarschener hinzu, „es gibt viel versprechende Technologien, die innerhalb der nächsten Dekade wohl auch möglich sein werden. Doch die Abgase können nur dann gereinigt werden, wenn sie aufgefangen werden. Lässt man – wie im Plan der DEGES – die Autobahn stellenweise offen, ist das nicht möglich.“ Alle Überlegungen der Baubehörde lassen die Weichenstrecke südlich der Walderseestraße bis zur Tunnelöffnung offen. Dabei wurden der Stadt dafür zwei durchkalkulierte Konzepte vorgestellt. Darunter die Möglichkeit einer großen Solardachhalle als Deckel. Über die Energiegewinnung würde sich diese Lösung sogar selbst finanzieren. Als Begründung dagegen nannte die Baubehörde, der Bereich müsse für die Lüftungssysteme des Elbtunnels frei bleiben.
Kleingärten aufs Dach gäbe Baugrundstücke frei

Zur Finanzierung des durchgehenden Deckels hatte „Ohne Dach ist Krach“ dem Senat auch vorgerechnet, man könne Kleingärten vom Rand einer jetzt noch lauten A7 auf den durchgehenden, begrünten Deckel verlagern, so dass der somit frei gewordene Bauplatz – der am Rande einer mit Gärten gedeckelten A7 auch mehr Wert hätte als jetzt – der Stadt Einnahmen durch Verkauf und Steuern brächte. Manche befürchten, dass die Stadt nur mit dem Konzept der DEGES die gesetzlichen Auflagen erfüllt – und ein paar Jahre später dann obendrein die öffentlichen Flächen verkauft, das Geld dann aber für anderes als die Verlängerung des Deckels verwendet. Immerhin wird geschätzt, dass eine viertel Milliarde Euro durch den Verkauf der öffentlichen Flächen herein kämen.

Wie machen wir weiter?

Die Chancen für einen vollständigen Deckel sind aber enorm gestiegen, weil Hamburg nur noch relativ wenig dazu geben müsste – wie der Senat selbst gesagt haben soll, etwa 60 bis 70 Millionen Euro plus Planungskosten. „Das verteilt sich ja nicht auf einen, sondern auf zehn bis zwölf Haushalte“, rechnet Grabow, „wenn man sieht, wie die Stadt im Nachtragshaushalt bei der Elbphilharmonie mal eben 70 bis 80 Millionen dazu schießt, dann muss es an dieser Stelle auch gehen.“ Die Vorteile für die Stadt seien immens.

Die Initiative „Ohne Dach ist Krach“ bleibt aktiv: Am 10. Januar hat Bernt Grabow schon den nächsten Termin mit den Fraktionsvorsitzenden der Bezirksversammlung in Altona, um zu diskutieren: Wie machen wir jetzt auf dieser Basis, die wir erreicht haben, weiter? Mag der Terrier nach 15 Jahren auch grau um die Schnauze geworden sein: locker lässt er deswegen nicht.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Printausgabe Nr. 1



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