Hamed Abdel-Samad: „Ihr habt mehr in Islamisierung investiert als in Bildung und Aufklärung“

Die Zahlen nach dem türkischen Referendum zu relativieren, sei keine Problemlösung, meint Islam-Kritiker Hamed Abdel-Samad. Was man außer Acht lasse sei, wie in Deutschland lebende Muslime tatsächlich über Identität, Islam, Scharia und Grundgesetz denken. Er schreibt: "Ich bin auch dagegen, alle Türken und alle Muslime pauschal zu verurteilen, aber es ist auch ein Fehler, alle Muslime pauschal zu verniedlichen!"
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Der Publizist Hamed Abdel-Samad im Gespräch mit dem ARD-"Nachtmagazin" zum Thema Islamdebatte der AfD.Foto: Screenshot/Youtube
Epoch Times20. April 2017

„Kluge Köpfe“ versuchen seit Tagen die Zahlen der „Ja-Sager“ beim türkischen Referendum zu relativieren, um die hier lebenden Türken in Schutz zu nehmen, mahnt Hamed Abdel-Samad. Die Hälfte der Türken sei nicht wahlberechtigt gewesen und nur die Hälfte der Wahlberechtigten seien tatsächlich wählen gegangen. Somit hätten nur 14 bis 17 Prozent der hier lebenden Türken für Erdogan gestimmt. Sollen wir uns jetzt freuen, dass fast 85 Prozent der hier lebenden Türken eigentlich Erdogan-Gegner sind, fragt der Islam-Kritiker?

Hier versuche man, das Ausmaß des Problems zu relativieren, so Abdel-Samad weiter. Was sie aber außer Acht ließen ist, dass die Zahl von 63 Prozent tatsächlich repräsentativ ist – sofern man frühere Studien heranzieht. Diese würden zeigen, wie hier lebende Muslime über Identität, Islam, Scharia und Grundgesetz denken. Man ließe hierbei außer Acht, dass viele „Ja-Sager“ auch Kinder haben, die noch nicht wählen dürfen, aber das gleiche Gedankengut automatisch von den Eltern übernehmen.

Das Ausmaß der Katastrophe könne man tatsächlich messen, wenn man in den Schulen eine Umfrage mache, wie beliebt Erdogan, Pierre Vogel oder sogar der IS seien. Die Zukunft des Landes, die sich dadurch zeigen würde, mache Abdel-Samad Sorgen.

Vom deutschen Wohlstand profitieren, aber nicht Teil des Landes werden

Selbstverständlich gäbe es viele Muslime und auch viele Türken, die mit Erdogan und sogar mit dem Islam nichts zu tun hätten. Und selbstverständlich dürften wir diese Individuen für das Wahlverhalten oder die Taten Anderer nicht bestrafen. Aber wir müssten endlich erkennen, dass die muslimische Masse auch in Deutschland islamistisch orientiert ist.

„Sie will vom Wohlstand in Deutschland profitieren aber will nicht Teil dieses Landes werden. Sie träumt vom Kalifat und von der Übermacht der muslimischen Umma. Und wenn ihr der IS zu brutal ist, dann träumt sie von einem Kalifen, der eine Krawatte trägt. Das ist die bittere Realität.“

Die schweigende Minderheit oder auch Mehrheit, sei da irrelevant.

Abdel-Samad schlägt vor damit aufzuhören, Muslime wie ein Kollektiv zu behandeln, denn dieses Kollektiv erzeuge immer diese Erdogan-Wähler. Die Islam-Verbände, vor allem Ditib, die seit Jahren beste Partner des Staates in Sachen Islam sind, seien Urheber dieser Katastrophe.

Schuld hätten die Eltern, die ihre Kinder entweder islamistisch oder chauvinistisch-nationalistisch erziehen. Doch die weiche deutsche liberale Seele suche schon wieder die Schuld bei sich. „Was haben wir bloß falsch gemacht, so dass unsere Türken uns nicht so mögen, fragt man sich.“

Hamed Abdel-Samad sagt uns, was wir falsch gemacht haben:

  • „Ihr habt die Islamverbände hofiert und somit dem politischen Islam verholfen, seine Infrastruktur in Deutschland aufzubauen.
  • Ihr habt gedacht, die Integration läuft über die Religion und habt den Islam für einen Teil Deutschlands erklärt, ohne die damit verbundenen Risiken zu kalkulieren.
  • Ihr habt die fatalen Entwicklungen an deutschen Schulen ignoriert und somit zugelassen, dass wir nun eine tickende Zeitbombe haben.
  • Ihr habt immer jede Kritik, die sich an den Islam, an die Migranten oder Migrationspolitik der Regierung als Islamophobie, Rassismus oder Populismus abgestempelt, ohne euch ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Dabei habt ihr ein Auge zugedrückt, wenn im Namen des Islam Hetze betrieben wurde.
  • Ihr habt euch immer Gedanken gemacht, was ihr für Muslime tun könnt, aber niemals, was ihr von ihnen erwarten könnt. Ihr habt sie immer wie willenlose Objekte behandelt, die bemuttert und bevormundet werden sollten.
  • Ihr habt die Verbindung von Islam und Terror verneint und die Verbindung von Ditib und Erdogan ignoriert. Ihr habt mehr in Islamisierung investiert als in Bildung und Aufklärung.“

Und damit müsse man sofort aufhören:

  • „Hört auf zu relativieren und fangt an, das Kind beim Namen zu nennen, bevor uns die wirkliche Katastrophe ereilt!
  • Ich bin auch dagegen, alle Türken und alle Muslime pauschal zu verurteilen, aber es ist auch ein Fehler, alle Muslime pauschal zu verniedlichen!
  • Wir können auf Verschließungstendenzen nicht immer nur mit mehr Öffnung und mehr Toleranz reagieren.
  • Wir können nicht immer einen „kühlen Kopf“ bewahren!“

Abdel-Samad abschließend: „Wir müssen endlich handeln!“

(mcd)



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