Hanau: Waffenbesitz trotz wirren Briefes an Generalbundesanwalt – So regelt das Waffengesetz den Waffenbesitz

Waffengesetz: Teile der Politik fordern nach den Vorfällen in Hanau ein weitere Verschärfung de Gesetzes. Kann eine Verschärfung solch eine Bluttat verhindern? Und hätte von Tobias R. nach seiner Anzeige beim Generalbundesanwalt mit wirrem Inhalt nicht die Waffenbesitzkarte als Sportschützen eingezogen werden müssen?
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Symbolbild. Ein Sportschütze auf einem Schießstand.Foto: iStock
Von 22. Februar 2020

Mit dem Hintergrund, dass der mutmaßliche Täter Tobias R. Sportschütze war und dadurch legal Waffen besitzen durfte, wird von Teilen der Politik nach den Todesschüssen in Hanau eine weitere Verschärfung des deutschen Waffenrechts gefordert.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte schließlich am Freitag (21.02.) diese dann auch offiziell an. Völlig außen vor gelassen wird dabei, dass Tobias R. der Generalbundesanwaltschaft durch eine vom Tatverdächtigen im November dort eingereichte Anzeige bekannt gewesen sein müsste.

Daher hier nun ein genauerer Blick auf das Waffengesetz und seine Voraussetzungen zum Waffenbesitz.

Schützenvereinsvorsitzender: Tobias R. „war total unauffällig“

Tobias R. war als Sportschütze aktives Mitglied im „Schützenclub Diana Bergen Enkheim“. Seit 2012 war er Mitglied dieses Schützenvereins. Kurzzeitig soll er in Bayern gewohnte und gearbeitet haben und auch dort in einem Schützenverein aktiv gewesen sein, erklärt der Schützenvereinsvorsitzende, Claus Schmidt gegenüber RTL.

2019 kehrte Tobias R. dann in seinen angestammten Verein „Schützenclub Diana Bergen Enkheim“ zurück. Dort habe er wieder regelmäßig trainiert, etwa zwei bis dreimal die Woche, so Schmidt zu RTL. „Er war total unauffällig“ und „trainierte wie alle anderen auch“, so Schmidt. Zudem soll Tobias R. „nett und freundlich“ gewesen sein. Anzeichen für Rassismus habe er bei dem mutmaßlichen Täter von Hanau nicht erkennen können, so der Schützenvereinsvorsitzende zu RTL.

Was sind die Voraussetzungen um Sportschütze zu werden?

Doch wie kommt man als Sportschütze, wie Tobias R., zu einer Waffenbesitzerlaubnis? Deutschland hat eines der strengsten Waffengesetze (WaffG) weltweit. Zuständig für die Erteilung einer Waffenbesitzerlaubnis sind zumeist Kreisverwaltungen, Ordnungsämter oder Polizeidirektionen.

Alle, egal ob Jäger, angehender Sportschütze, Waffensammler oder eine gefährdete Person, die eine Waffe tragen will, müssen eine Waffenbesitzkarte beziehungsweise einen Waffenschein beantragen.

Dazu sind verschiedene Angaben und Nachweise nötig. Ein angehender Sportschütze beispielsweise muss zunächst einen Schützenverein aufsuchen, den Wunsch auf Aufnahme äußern und dann in einem Jahr mindestens 18-mal unter Aufsicht mit einer Leihwaffe schießen. Dabei ist die Schießaufsicht angehalten auch auf charakterliche Auffälligkeiten zu achten, die einem Waffengebrauch entgegenstehen (Alkoholfahne, gefährdende Handlungen, Missachtung von Weisungen, tragen verfassungsfeindlicher Symbole).

Nach einem Jahr Mitgliedschaft – mit den erforderlichen Schießübungen – kann bei den kommunalen Behörden dann, wenn das Mitglied volljährig ist, eine Waffenbesitzkarte beantragt werden. Hierfür ist neben einer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung beim Schützenverein, auch eine Einschätzung nach § 5 WaffG als „zuverlässig“ und nach § 6 WaffG als „persönlich geeignet“ notwendig.

Waffengesetz erst kürzlich verschärft – Verfassungsschutz beurteilt Antragsteller

Zudem muss der Antragsteller beweisen können, dass eine Bedürftigkeit nach §§ 8 und 14 WaffG zu einem Waffenbesitz vorliegt (Nachweis über Mitgliedschaft in einem Schützenverein). Nur mit diesen Nachweisen und einem positiv beschiedenem polizeilichen Führungszeugnis und neuerdings einer Unbedenklichkeitseinstufung durch den Verfassungsschutz, kann eine Waffenbesitzkarte ausgestellt werden. Die waffenrechtliche Eignung und Bedürfnis müssen bei Sportschützen mindestens alle drei Jahre erneuert werden.

Schließlich muss eine  abgeschlossene Haftpflichtversicherung für Sportschützen und ein geeigneter Ort zur Unterbringung der Waffe(n) und Munition (Foto, Typennummer und Kaufbeleg vom Waffentresor und dem Aufstellort) nachgewiesen werden. Für Waffenscheinbesitzer und Jäger mit Waffenbesitzkarte gelten ähnlich strenge Regelungen.

Änderung im Waffengesetz

Zum 19.02.2020 traten Änderungen des Waffengesetzes in Kraft. Dies hat auch Auswirkungen auf die Sportschützen. So muss das Bedürfnis zum Erwerb einer Waffe in der Form nachgewiesen werden, dass über 12  Monate mindestens einmal pro Monat sportlich mit erlaubnispflichtigen Waffen geschossen wurde. Das Bedürfnis zum Besitz einer Waffe (man unterscheidet zwischen Erwerb und Besitz) muss man per Bescheinigung (Verband/Verein) belegen.

Dieser Beleg muss verdeutlichen, dass man die letzten 24 Monate vor Bedürfnisprüfung mit einer eigenen Waffe sportlich geschossen hat. Und zwar mindestens ein Mal im Quartal oder mindestens sechsmal binnen 12 Monaten. Wenn der Sportschütze sowohl Lang- als auch Kurzwaffen besitzt, so ist der Nachweis für Waffen beider Kategorien zu erbringen. Zehn Jahre nach Ausstellung der Waffenbesitzkarte-Erstausstellung reicht dann für die Fortdauer des Bedürfnisses, eine Vereinsbescheinigung zur Mitgliedschaft.

Rechtskräftige Verurteilungen schließen laut Waffengesetz einen Waffenbesitz aus

Delikte wie die Verurteilung wegen Fahrens unter Alkohol, oder andere rechtskräftige Verurteilungen reichen aus, um nicht als zuverlässig zu gelten und daher keine Waffenbesitzkarte zu erhalten. Falls man schon eine besitzt, kann die Waffenbesitzkarte entzogen werden.

Auch Verstöße gegen das Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz führen in der Regel zu einer Ablehnung eines Antrages auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, bzw. den Entzug dieser.

Wenn man auch in den letzten fünf Jahren mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam war oder wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt wurde – es sei denn der Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung liegt mehr als zehn Jahre zurück – liegt ein Ausschlussgrund vor.

Alle Personen die eine Waffenbesitzkarte beziehungsweise einen Waffenschein ausgestellt bekommen und alle Waffen, die diese Person besitzt, werden zentral im nationalen Waffenregister (NWR) gespeichert, das dem Bundesinnenministerium unterstellt ist. Die deutschen Sicherheitsbehörden haben Zugang zu dem Register.

Laut Bundesinnenministerium sind mit dem Stichtag 31.12.2019 im nationalen Waffenregister 1.568.703 natürliche Personen, die eine waffenrechtliche Erlaubnis (Waffenschein und Waffenbesitzkarte) besitzen und 5.444.029 erlaubnispflichtige Waffen und Waffenteile registriert.

Das Dunkelfeld an illegalen Waffen ist jedoch nach Schätzungen um einiges größer. Laut Polizeigewerkschaft sollen in Deutschland schätzungsweise 20 Millionen illegale Waffen (also nicht gemeldete Waffen) im Umlauf sein.

Generalbundesanwaltschaft erhielt von Tobias R. ein Anzeige

Zurück zu Tobias R.: Wie Generalbundesanwalt Peter Frank bestätigte liegt der Bundesanwaltschaft seit November 2019 eine mehrere Seiten lange umfassende Anzeige vor, die der mutmaßliche Attentäter Tobias R. bei der Behörde einreichte.

Die Anzeige hätte aber keine rechtsextremistischen oder rassistischen Ausführungen enthalten, deswegen hätte man kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, so der Generalbundesanwalt.

T-Online schreibt, dass der Text der Anzeige fast identisch mit dem späteren Bekennerschreiben von Tobias R. sei. Das Bekennerschreiben würde fünf Seiten mehr umfassen. Die Anzeige wäre auf den 6. November datiert. Der Text würde, gegensätzlich zur Aussage des Generalbundsanwalt, neben den Wahnvorstellungen auch Tobias R.’s „rassistische Abneigung gegen Menschen anderer Herkunft“, widerspiegeln, schreibt T-Online, denen das Schreiben vorliegen soll.

Psychiater: Tobias R. litt vermutlich unter paranoide Schizophrenie und narzisstischer Persönlichkeitsstörung

Nach § 6 des Waffengesetzes besitzen Personen keine persönliche Eignung zum Führen und Besitz einer Waffe, wenn unter anderem „Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass die Person „psychisch krank oder debil“ ist.

Wenn solche Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen, hat die zuständige Behörde der betroffenen Person ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über die geistige oder körperliche Eignung einzufordern.

Der forensische Psychiater und Buch-Autor Thomas Stompe sieht beim mutmaßlichen Hanau-Attentäter Tobias R. eine paranoide Schizophrenie und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung vorliegen.

„Nach dem, was man über das sogenannte Manifest weiß, hat sich Tobias R. persönlich von Geheimdiensten bedroht und verfolgt gefühlt“, sagte Stompe dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). „Das deutet auf eine schwere psychotische Erkrankung hin“, sagte der Facharztes für Psychiatrie und Neurologie.

AfD Bundessprecherin fordert Rücktritt des Generalbundesanwaltes

Für Beatrix von Storch, stellvertretende Bundessprecherin der AfD, fordert daher den Rücktritt des Generalbundesanwaltes Peter Frank. „Der Generalbundesanwalt hat bestätigt, dass die Bundesanwaltschaft schon im vergangenen November von dem Verfolgungswahn und dem extremistischen Weltbild des Mordschützen von Hanau gewusst hat. Trotzdem ist nichts geschehen“, so von Storch.



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