Hinter den Kulissen: Immense Kosten und Gehälter bei ARD-Talkshows

Vertrauliche Dokumente gewähren erstmals Einblick in die Kostenstruktur der ARD-Polit-Talkshows wie „Anne Will", „Maischberger“ und „Hart aber fair“. Interne Zahlen zeigen, dass die Produktion der Sendungen Millionenbeträge an Gebühren verschlingen, während die Moderatoren über ihre eigenen Produktionsfirmen zusätzlich Kasse machen.
Die Talkshow «Anne Will» wird Ende des Jahres 2023 beendet.
Die Talkshow "Anne Will" wird Ende des Jahres 2023 beendet.Foto: ARD Das Erste/NDR/Wolfgang Borrs/obs
Von 23. September 2023

Die Öffentlich-Rechtlichen (ÖR) machen zunehmend durch Korruptionsskandale und Selbstbedienungsmentalität bei ausbleibender ausgewogener Berichterstattung von sich reden.

Gehaltsgeheimnisse von Maischberger und Co. aufgedeckt: Recherchen von „Business Insider“ enthüllen jetzt ein Geflecht an undurchsichtigen Strukturen und Kosten von ARD-Talkshows, die Millionen an Gebührengeldern verschlingen und an denen die Moderatoren noch einmal kräftige Zuverdienste haben.

Coronazeit war Glanzzeit für die ARD

Die ARD trotzt jeglicher Kritik und Reformansinnen – und das nicht nur in Bezug auf die Finanzierung, sondern auch auf die Programmgestaltung. So will ARD-Chef Kai Gniffke beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine einseitige, voreingenommene Berichterstattung erkennen. Ganz im Gegenteil: „Corona war, gerade, was die Gesprächssendungen betrifft, eine Glanzzeit“, meint Gniffke. Stattdessen wird derzeit eine erneute Erhöhung der zwangsweise erhobenen Gebühren von aktuell monatlich 18,36 Euro pro Haushalt angestrebt, um – wie der ARD-Chef visioniert – die Öffentlich-Rechtlichen gegen Anbieter wie Amazon und Netflix konkurrenzfähig zu machen.

Finanzielle Geheimnisse der ARD-Talkshows gelüftet

An mehreren Abenden pro Woche werden Polittalks mit den oft gleichen Gästen aus ähnlichem politischem Spektrum dazu genutzt, um aktuelle Narrative zu vermitteln.

Jetzt kommt zutage, dass über die exorbitanten Produktionskosten von Talk-Sendungen wie „Lanz“, „Anne Will“ oder „Maischberger“ hinaus deren Moderatoren zusätzlich richtig abschöpfen. Die dem Magazin vorliegenden vertraulichen Dokumente zeigen nicht nur die Vertragsdetails, sondern auch das Einkommen der Moderatoren auf.

Gute Sendeplätze und zusätzliche Verdienstmöglichkeiten

Die Verträge, die ein bislang gut gehütetes finanzielles Geheimnis waren, haben vor allem die Taschen der staatstreuen Moderatoren gefüllt: Denn sie bekamen die Möglichkeit, über eigene Firmen ihre Sendungen selbst zu produzieren – und damit noch einmal richtig zu verdienen. Neben dieser großzügigen Geste der Sender an ihre „Zugpferdchen“, einem „regelrechten Geschenk“ an die Moderatoren, wie es ein Insider nennt, verbleiben am Ende noch Millionenkosten für die Sender.

Doppelverdiener dank Zwangsgebühren

Schon seit Sabine Christiansen oder Günther Jauch hatte es sich etabliert, dass Talkmaster ihre Sendungen über eigene Produktionsfirmen organisieren. Die enthüllten Dokumente von „Business Insider“ zeigen erstmals einen genauen Einblick in die Talkshow-Verträge der ARD für die Jahre 2021 bis 2023. Diese Zahlen gewinnen zusätzlich an Brisanz, da aktuell die ARD in Verhandlungen steht über zukünftige Polit-Talks und die entsprechenden Millionenverträge dazu – gleich für mehrere Jahre.

Spitzenreiter Anne Will

Laut den vertraulichen Informationen waren die Gesamtkosten für „Anne Will“ in den vergangenen Jahren die höchsten unter den drei Talkformaten im Ersten – mit geschätzten rund 7,5 Millionen Euro pro Jahr. Das entspricht einem Spitzenwert von mehr als 4.100 Euro pro Minute Sendezeit. Pro Ausgabe zahlt der Sender knapp 250.000 Euro an die Will Media GmbH.

Dafür gibt die Produktionsfirma aber nicht eine zur Ausstrahlung fertige Sendung ab. Die Sendung wird in Berlin-Adlershof im Studio Berlin gedreht, inklusive Nutzung weiterer Ressourcen der ARD, was noch mal Kosten für die Sendeanstalt bedeutet. Die Produktionsfirma von der ehemaligen „Tagesthemen“-Moderatorin konnte allein im Jahr 2021 einen Bilanzgewinn von rund 1,2 Millionen Euro ausweisen.

Hart und unfair für den Gebührenzahler?

Die anderen Polit-Talk-Formate stehen dem wenig nach: Für „Hart aber fair“ muss der Gebührenzahler laut den internen Dokumenten mit 6,6 Millionen Euro pro Jahr aufkommen, was etwa 2.600 Euro pro Sendeminute entspricht. 4,9 Millionen Euro vom Gesamtbetrag wurden jährlich zur Produktionsfirma von Plasberg und seinem Geschäftspartner transferiert, um damit Redaktion und Moderation, die Gästeakquise und Einspieler und Plasbergs Gage von rund 21.500 Euro pro Sendung abzugelten.

Kurz durchgerechnet sind das bei durchschnittlich 34 Sendungen pro Jahr fast 730.000 Euro nur für die Moderation. Der Deal von Plasbergs Nachfolger Louis Klamroth ist nicht bekannt. Pro Jahr verbleiben für die Sendung „Hart aber fair“ 1,7 Millionen Kosten beim WDR.

Florierendes Familienunternehmen: Maischberger macht möglich

„Maischberger – die Woche“ wird insgesamt mit 4,7 Millionen Euro jährlich kalkuliert, was mit 1.900 Euro pro Sendeminute zu Buche schlägt. Sandra Maischberger hat für sich einen noch besseren Deal verhandelt: Bei ihr landen – zusätzlich zum Vertrag über die Produktion der Sendung durch ihre Filmproduktion – durch einen separaten Vertrag für Moderation (von 34 Sendungen) fast 800.000 Euro.

Für die redaktionellen Arbeiten für das Talkformat fließen dann noch 2,3 Millionen aus den öffentlich-rechtlichen Kassen an Maischbergers Familienunternehmen Vincent Productions, an der sie und ihr Mann Anteile halten.

Bei der Sendeanstalt fallen dann noch für „Maischberger – die Woche“ 1,6 Millionen Euro im Jahr für Kamera, Ton, Ü-Wagen, Veranstaltungstechnik und Reisekosten an.

Kein Kommentar zu detailreichen Absprachen

Gegenüber dem Rechercheteam des „Business Insider“ wollten sich keine der beteiligten ARD-Anstalten zu den Zahlen äußern. Die Begründung: Hinter jeder Sendung verberge sich ein „kompliziertes Geflecht aus diskreten Verträgen und detailreichen Absprachen“.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion