Hoher Posten an Trauzeuge vergeben: Habecks Staatssekretär Graichen im Visier
Das Wirtschaftsministerium von Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) steht aktuell in der Kritik: Vetternwirtschaft lautet der Vorwurf. Es geht um Postengeschachere rund um gut bezahlte und einflussreiche Positionen, Begünstigte sind Familienmitglieder. Habecks Ministerium habe neun Referatsstellen eigenmächtig besetzt, ohne sie auszuschreiben. Der „Focus“ fasste mit dem plakativen Satz zusammen: „Die Staatssekretäre sind verschwägert und Familienmitglieder liefern dem Bundeswirtschaftsminister Gutachten.“
Das „Ökosystem“ sieht im Detail dann so aus: Zwei hochrangige Mitarbeiter Habecks, Patrick Graichen und Michael Kellner, haben familiäre Bindungen zum Öko-Institut, einer ökologisch ausgerichteten Forschungseinrichtung, die das Wirtschaftsministerium in Energiefragen berät. Die Schwester des für Energiefragen zuständigen Staatssekretärs Patrick Graichen, Verena Graichen, arbeitet bei der Naturschutzorganisation BUND und, ebenso wie ein weiterer Bruder, Jakob Graichen, beim Öko-Institut.
Verena Graichen ist verheiratet mit besagtem Michael Kellner, und da schließt sich der Kreis der „bemerkenswerten Familienbande“, wie die „Wirtschaftswoche“ schon Mitte 2022 den grünen Clan betitelte, denn Kellner ist ehemaliger Politischer Bundesgeschäftsführer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (bis Januar 2022) und jetzt auch Wirtschaftsstaatssekretär in Habecks Ministerium.
Das Öko-Institut bekommt Aufträge in Millionenhöhe aus dem Wirtschaftsministerium.
Wirtschaftsministerium im Fokus: Personalkarussell mit Familienanschluss
Immer mehr Details des unübersichtlichen Beziehungsgeflechts kommen bei der Vergabe lukrativer Posten zutage – und zwar häppchenweise. Denn auch diese Mitarbeiter in den hoch dotierten Positionen im Wirtschaftsministerium scheinen ihr eigenes „Familiensystem“ weiter auszubauen. Habecks Staatssekretär Patrick Graichen gerät deshalb jetzt zunehmend unter Druck:
Im Fokus steht die Neubesetzung des Vorsitzes der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur, dena. Im Raum steht die Frage, ob Graichen einem Freund, der zudem sein Trauzeuge war, die Geschäftsführung der bundesdeutschen eigenen Energie-Agentur hat zukommen lassen oder zumindest entscheidenden Anteil an seiner Besetzung der Top-Position hatte.
Staatssekretär Patrick Graichen selbst hatte Robert Habeck Anfang der Woche darüber informiert, dass der neue dena-Chef Michael Schäfer sein Trauzeuge gewesen ist. Graichen war zuvor Mitglied einer Findungskommission, die Schäfer für den Posten vorgeschlagen hatte. Zu den Details gleich mehr.
Das Wirtschaftsministerium hat daraufhin eine Prüfung des Vorwurfs angekündigt – inklusive der Prüfung einer Neubesetzung des Postens. Robert Habecks Ministerium spricht in dem Zusammenhang von einer „möglichen Befangenheit bei der Auswahl von Posten“.
Trauzeuge auf Chefposten: „Fehler passiert bei Prozess der Auswahl“
„Da ist ein Fehler passiert. Da beißt die Maus keinen Faden ab“, sagte Robert Habeck zur Causa vorm Wochenende auf einer Veranstaltung in Norddeutschland. Der Wirtschaftsminister verteidigt im gleichen Atemzug seinen Staatssekretär und Vertrauten: „Patrick Graichen ist meiner Ansicht nach der Mann, der Deutschland vor einer schweren Energiekrise bewahrt hat.“ Laut Habeck habe dieser die letzten Atomkraftwerke länger laufen lassen und die Kohlekraftwerke ans Netz gebracht, und auch die Flüssiggasspeicher habe Graichen wieder an eine gesetzliche Norm gebracht.
Der Fehler, den das Wirtschaftsministerium einräumt, bezieht sich auf den „Prozess der Auswahl“ des dena-Chefpostens – und dieser Fehler sei die Einbindung Graichens im Auswahlverfahren gewesen. Diesen Fehler werde man nun „heilen“, so berichtet der „Spiegel“ über die Reaktion aus dem Wirtschaftsministerium. Der Weg dahin: Der dena-Aufsichtsrat soll prüfen, ob das Verfahren erneut gestartet werden muss, um auf diesem Wege jeden Verdacht auszuräumen, dass es sich um eine unerlaubte Einflussnahme handele.
Konkret war Patrick Graichen Mitglied in der Findungskommission, deren Aufgabe es war, mögliche Bewerber zu sondieren. Er war also in die Vorauswahl der neuen Chef-Personalie federführend eingebunden. Die letztendliche Personalentscheidung über diesen Posten wurde nach der Empfehlung der Findungskommission durch den Aufsichtsrat getroffen.
Zu den Aufgaben der Kommission gehörte es nicht nur, Gespräche mit möglichen Bewerbern zu führen, sondern am Ende auch dem Aufsichtsrat einen „Personalvorschlag auf Basis der besten Qualifikation“ zu unterbreiten. Der Aufsichtsrat habe wegen seiner „herausragenden Qualifikation“ nach der Empfehlung durch die Findungskommission, der eben auch Graichen angehörte, einstimmig für Kandidat Schäfer entschieden. Schäfer war zuvor unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung des Naturschutzbundes Deutschland und saß für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus.
Rein rechtlich keine Fehler gemacht, aber…
Wie aus dem Krisen-PR-Handbuch sind die Reaktionen vom mittlerweile unter medialem Beschuss stehenden Patrick Graichen und aus dem Wirtschaftsministerium:
Graichen selbst räumte ein, einen Fehler gemacht zu haben: Er habe im Verfahren der Findungskommission „nicht richtig aufgepasst“ und hätte sich „ab dem Moment, als Michael Schäfer Kandidat wurde, aus dem Verfahren zurückziehen sollen, damit im weiteren Prozess kein falscher Eindruck entsteht“.
Das Wirtschaftsministerium kann im eigentlichen Auswahlverfahren „rein rechtlich“ keine Fehler ersehen, nur eben in diesem vorgeschalteten Vorauswahlprozess, und räumt ein, dass so „der Anschein einer möglichen Befangenheit“ entstanden sein könnte.
Die letzten Nachrichten zu diesem sich ausweitenden Skandal über mögliche Vetternwirtschaft und Postenschacherei in Habecks Ministerium: Das Verfahren zur Neubesetzung der dena-Chefposition wird nun überprüft und gegebenenfalls neu gestartet werden. Schäfer hätte sein Amt zum 15. Juni antreten sollen.
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