Hubertus Heil lobt Arbeitsintegration – Daten zeigen noch eine andere Wahrheit

Der Anteil ausländischer Staatsangehöriger unter den Beziehern von Bürgergeld ist seit 2015 deutlich angestiegen. Dennoch betont Minister Heil, es wanderten mehr Menschen in den Arbeitsmarkt ein als in die Sozialsysteme. Was trifft zu?
Bundesländer und Kommunen fordern vom Bund mehr Geld für die Versorgung von Flüchtlingen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil preist die Einwanderung in den Arbeitsmarkt an, aber die Zahlen zu Sozialleistungen sprechen eine andere Sprache. Symbolbild.Foto: Boris Roessler/dpa
Von 22. November 2023

Heftige Reaktionen vor allem in sozialen Medien rief eine Aussage von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil über die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt hervor. Am Dienstag, 21.11., widersprach der Minister der weitverbreiteten Wahrnehmung, wonach Geflüchtete häufiger Sozialhilfe als Arbeitseinkommen bezögen.

Heil lobt Integration in den Arbeitsmarkt und verweist auf hohe Beschäftigung

Gegenüber der „Welt“ äußerte Heil, die in Deutschland zu verzeichnende Rekordbeschäftigung sei „zu einem starken Teil der Zuwanderung“ zu verdanken. Der SPD-Politiker fügte hinzu:

Also die meisten Menschen wandern in unseren Arbeitsmarkt ein und nicht in die Sozialsysteme.“

In den sozialen Medien stießen diese Aussagen auf scharfe Kritik. Zahlreiche Nutzer gaben an, selbst Beispiele nennen zu können, wonach Migranten, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen seien, keine Erwerbstätigkeit ausübten.

Anteil ausländischer Staatsangehöriger unter Bürgergeld-Beziehern gestiegen

Bereits im Vorfeld der Debatte um den Wechsel von „Hartz IV“ zu Bürgergeld war die Rede von einer Veränderung der Demografie der Empfänger. So sei von 2015 bis 2022 die Anzahl der deutschen Staatsangehörigen, die Hartz-IV beziehen, deutlich gesunken. Statt 4,6 Millionen waren es demnach nur noch knapp 3 Millionen.

Demgegenüber sei die Anzahl der ausländischen Angehörigen mit Hartz-IV-Bezug im gleichen Zeitraum von 1,3 auf 2,4 Millionen angestiegen. In Prozent sei das ein Anstieg von 23 auf 45 Prozent – bei deutlich geringerem Anteil an der gesamten Wohnbevölkerung. Dabei nicht einbezogen ist der Zuzug von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine.

Gespräche über „Job-Turbo“ für Montag im Ministerium geplant

Heil selbst betonte in diesem Zusammenhang, dass man 1,1 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen habe. Von jenen, die im erwerbsfähigen Alter wären, stünden inzwischen rund 140.000 in Arbeit. Heil äußert dazu:

„Das reicht mir nicht, aber die Richtung stimmt.“

Die Bundesregierung wolle mit dem „Job-Turbo“ vor allem unter Geflüchteten die Anzahl an Erwerbstätigen deutlich steigern. Erst jüngst hätten 100.000 Ukrainer ihre Integrationssprachkurse erfolgreich absolviert – weitere 100.000 stünden kurz davor. Dazu kämen 200.000 Erwerbsfähige aus anderen Herkunftsländern, für die das Gleiche gelte.

Die Jobcenter würden die Abstände zwischen den Einladungen verkürzen und sich um zielgenaue Arbeitsangebote bemühen. Wer Mitwirkungspflichten vernachlässige, habe mit Leistungsminderungen zu rechnen.

Heil werde am Montag Vertreter der deutschen Wirtschaft und der Sozialpartner zu Gesprächen über den „Job-Turbo“ einladen. Zudem stehe der aus der Bundesagentur für Arbeit kommende Daniel Terzenbach als Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung zur Verfügung.

Anteil der Vollzeitbeschäftigten nach drei Jahren höher als 50 Prozent

Mit seinen Ausführungen räumte Heil implizit ein, dass tatsächlich ein hoher Anteil an Migranten, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, zu Beginn Grundsicherungsleistungen beziehen würde. Dies geht auch aus einem aktuellen Kurzbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Demzufolge üben nach bis zu einem Jahr in Deutschland nur 28 und nach zwei Jahren nur 39 Prozent der erwerbsfähigen Flüchtlinge eine Vollzeitbeschäftigung aus. Im Bereich der Teilzeit sind es im ersten Jahr 26 Prozent, 19 Prozent absolvieren eine Lehre oder bezahlte Praktika und 26 Prozent seien geringfügig beschäftigt.

Allerdings entwickelt sich über die Jahre hinweg eine Dynamik. So übten 69 Prozent der seit mehr als sieben Jahren im Land befindlichen Geflüchteten eine Vollzeittätigkeit aus – 15 Prozent waren teilzeitbeschäftigt. Die Anzahl der Wochenstunden, die für die Erwerbstätigkeit aufgewendet werden, steigt ebenfalls von 31 nach zwei und auf 36 nach mehr als sieben Jahren. Nach drei Jahren ist mit 52 Prozent erstmals mehr als die Hälfte der Flüchtlinge vollzeitbeschäftigt.

Frauen in deutlich geringerem Maße in den Arbeitsmarkt integriert

Mit steigenden Erwerbstätigkeitsquoten wird auch der Leistungsbezug geringer: So beziehen sechs Jahre nach Zuzug 46 Prozent der Geflüchteten Leistungen, genauer gesagt sind sie Teil einer Bedarfsgemeinschaft. Nach sieben und mehr Jahren sind es 40 Prozent.

Die mittleren Bruttomonatsverdienste von Vollzeiterwerbstätigen belaufen sich bei sechsjähriger Aufenthaltsdauer auf gut 2.000 Euro. Zudem habe innerhalb der ersten sechs Jahre nach Zuzug ein Drittel der erwachsenen Geflüchteten Schulen und Hochschulen besucht – oder Ausbildungen und Weiterbildungsmaßnahmen absolviert.

Was die Beschäftigungsquote unter Flüchtlingen mit Fortdauer der Jahre unter ihrem Potenzial bleiben lässt, ist die geringe Erwerbsquote unter Frauen. Nach einem Jahr beziehen demnach 86 Prozent der Männer und Frauen gleichermaßen zumindest unterstützende staatliche Transferleistungen. Nach sechs Jahren ist der Anteil bei Männern diesbezüglich auf 39 Prozent gesunken. Bei Frauen betrage er 63 Prozent.



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