Initiative will tausende Wohnungen in Berlin enteignen

Epoch Times4. April 2019

Die Mietpreise in Berlin steigen seit Jahren massiv an. Viele Menschen können sich das Leben in der Hauptstadt daher nicht mehr leisten. Eine Bürgerinitiative will radikal dagegen vorgehen: Sie will große Wohnungsbau- und Immobilienkonzerne enteignen und damit den Anstieg der Mieten begrenzen. Am Samstag beginnt die Unterschriftensammlung für das entsprechende Volksbegehren.

Was ist das Ziel der Initiative?

Die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ will erreichen, dass der Berliner Senat private Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3000 Wohnungen enteignet und vergesellschaftet. Sie berufen sich dabei auf die Berliner Verfassung, laut der jeder Mensch „das Recht auf angemessenen Wohnraum“ hat.

Die Initiative kritisiert unter anderem die Stellung des Konzerns Deutsche Wohnen auf dem Berliner Immobilienmarkt: Deutschlandweit besitzt das Unternehmen nach eigenen Angaben 164.300 Wohnungen; davon etwa 110.000 in Berlin.

Was würde im Falle einer Enteignung mit den Wohnungen passieren?

Die Verwaltung müsste nach Ansicht der Initiative „unter mehrheitlicher demokratischer Beteiligung“ von Stadtgesellschaft, Mietern und Belegschaft erfolgen. Dafür schlägt die Initiative eine Anstalt öffentlichen Rechts vor.

Was würde das Vorhaben kosten?

Der Senat legte im März eine Schätzung vor, wonach eine Entschädigung der Unternehmen 28,8 bis 36 Milliarden Euro kosten dürfte. Die Initiative geht von einer maximalen Entschädigung von 18,1 Milliarden Euro aus, die ihren Berechnungen zufolge vollständig aus den Mieteinnahmen getragen werden könnten.

Dabei könnten die Mieten für eine halbe Million Mieter sogar um monatlich 97 Cent pro Quadratmeter sinken, wie die Initiative vorrechnet. Da es darum geht, Mieten zu senken oder zumindest nicht ansteigen zu lassen, will die Initiative die Entschädigung „deutlich unterhalb des Marktwertes“ ansetzen.

Wäre eine Enteignung überhaupt rechtens?

Auch hier gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen ließ ein Rechtsgutachten erstellen, wonach die Vergesellschaftung verfassungswidrig wäre; unter anderem aufgrund der im Grundgesetz geregelten Eigentumsfreiheit. Das Gutachten kritisiert auch die hohen Kosten – 36 Milliarden Euro seien rund das 15-fache dessen, was 2019 im Berliner Landeshaushalt für Investitionen eingeplant sei.

Vom Senat beauftragte Juristen äußerten sich in ihren Stellungnahmen vorsichtiger, aber ebenfalls skeptisch. Das Grundgesetz erlaube zwar, dass „Grund und Boden“ sowie „Produktionsmittel“ vergesellschaftet werden können; bislang hätten aber weder Bund noch Länder davon Gebrauch gemacht. Es wäre also ein Präzedenzfall.

Was sagt die Deutsche Wohnen?

In einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“ kritisierte Deutsche Wohnen-Chef Michael Zahn, „Lamentieren, Diffamieren oder Enteignen“ helfe keinem einzigen Mieter. Er sieht das Hauptproblem in der Wohnraumknappheit. Aktivistengruppen hätten mit privaten Wohnungsgesellschaften die „vermeintlichen Übeltäter“ ausgemacht.

Wie geht es weiter?

Bis zu einem Volksbegehren ist es noch ein weiter Weg. Parallel zu den deutschlandweiten Demonstrationen gegen hohe Mietpreise am Samstag beginnt die Initiative ihre Unterschriftensammlung. Zunächst braucht sie binnen eines halben Jahres 20.000 Unterschriften für den Antrag auf das Volksbegehren; für ein Volksbegehren wiederum müssen 170.000 Unterschriften binnen vier Monaten zusammenkommen.

Wenn mehr als die Hälfte der Abstimmenden und mehr als ein Viertel der Wahlberechtigten zustimmen, ist die Initiative erfolgreich. Dann müsste sich der Senat mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzes befassen. (afp)



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