Ist Lindners geplanter Aktienfonds die Rettung für das Rentensystem?

Finanzminister Christian Lindner hat Vorschläge unterbreitet, wie das Rentensystem gerettet werden könnte. Bisher gab das Ministerium für Arbeit und Soziales aber noch keine Zusage, jährlich 10 Milliarden Euro Schulden dafür aufzunehmen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei einer Veranstaltung in Berlin.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei einer Veranstaltung in Berlin.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 1. Februar 2023

Es gibt private Vorsorgemöglichkeiten und betriebliche Altersvorsorge – für die meisten Menschen ist jedoch die gesetzliche Rente im Alter die zentrale Einkommensquelle. Bald soll sie mit der Aktienrente einen neuen Baustein bekommen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wirbt seit Mitte Januar verstärkt für die Aktienrente, die sein Ministerium inzwischen „Generationenkapital“ nennt. Viele Details sind noch unklar.

Warum muss der Staat etwas am Rentensystem ändern?

Die Altersstruktur in Deutschland ändert sich, es gibt immer mehr alte und immer weniger junge Menschen. Das bedeutet auch: Es gibt mehr Rentner und weniger Beitragszahler. Die Ampelkoalition will die Rente nicht kürzen und auch das Renteneintrittsalter nicht erhöhen.

Zugleich sollen die Beiträge nicht zu stark steigen. Diese Quadratur des Kreises will das Finanzministerium mit der vorgeschlagenen Aktienrente lösen. Sie soll helfen, all diese Ziele zu erreichen. Für den Bürger hört sich das zunächst ganz gut an.

Was allerdings nicht unter den Tisch fallen sollte, ist der selbstverständliche Griff der Regierung in die Rentenkasse, die sogenannten „Versicherungsfremden Leistungen“. Im Jahr 2021 betrugen die Rentenausgaben insgesamt circa 296 Milliarden Euro, die versicherungsfremden Leistungen davon 117,5 Milliarden Euro. Zum Ausgleich zahlte der Staat einen Bundeszuschuss von 78,9 Milliarden Euro (Quelle: adg-ev.de). Bleibt also ein Defizit von 38,6 Milliarden Euro. Und auch in den Jahren davor sah es ähnlich aus. Dieses Defizit summiert sich.

Aus gesellschaftlicher Sicht haben alle diese Ausgaben ihre Berechtigung und Bedeutung. Was zu hinterfragen wäre, ist, dass der Gesetzgeber dazu die Rentenkasse benutzt – und die damit verbunden Ausgaben nicht vollständig erstattet. Ob der vorgeschlagene Aktienfonds eine Lösung darstellt, ist fraglich.

DGB: „Zocken mit dem Geld der Beitragszahler“

SPD und Grüne blicken teilweise skeptisch auf das vor allem von der FDP vorangetriebene Vorhaben. Es wird befürchtet, dass selbst bei einer komfortablen finanziellen Ausstattung des Fonds der Effekt für die Stabilisierung des Rentensystems gering ausfällt.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch erklärte am Dienstag, Lindners Plan berge „hohe Risiken“. Für „Experimente bei der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung“ sei seine Fraktion nicht zu haben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte davor, „mit dem Geld der Beitragszahler zu zocken“.

Die Linke ist komplett gegen die Aktienrente und fordert stattdessen, dass alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente einzahlen, also auch Selbstständige und Beamte.

Der CDU-Abgeordnete Kai Whittaker äußert seine Gedanken zur geplanten Aktienrente in einem Twitterbeitrag: „Mein Verdacht: Rot-Grün tritt auf die Bremse und verwässert der FDP ihre eh schon viel zu kleine #Aktienrente“. Dazu stellte er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Frage, ob es Lindners Pläne, jährlich 10 Milliarden Euro Schulden für die Aktienrente aufzunehmen, überhaupt unterstütze. Die Antwort lautete, dass die Schuldenaufnahme diesbezüglich zunächst „qualifiziert gesperrt“ sei und „in den nächsten Jahren noch der Abstimmung bedürfe“.

Wie soll die Aktienrente finanziert werden?

Es soll ein Fonds eingerichtet werden, den der Bund mit Grundkapital füllt. Eine öffentlich-rechtliche Stiftung soll das Geld verwalten und vor allem gewinnbringend anlegen – unter anderem in Aktien. Renditen würden dann der gesetzlichen Rentenversicherung zufließen; mögliche Verluste würde der Bund ausgleichen.

Finanzminister Lindner möchte die Anlageentscheidungen dem KENFO übertragen – diese Stiftung verwaltet den Fonds zur Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung von Atommüll. Der KENFO ist mit rund 24 Milliarden Euro verwalteten Geldern die größte öffentlich-rechtliche Stiftung Deutschlands.

Geplant wäre, dass der Bund zehn Milliarden Euro für den künftigen Rentenfonds bereitstellt. Lindner schwebt darüber hinaus vor, in einer „Ansparphase“ 15 Jahre lang mindestens zehn Milliarden Euro jährlich einzuzahlen. Erst danach soll die Rendite des Fonds ins Rentensystem fließen. Abschließend geklärt ist dies in der Koalition aber noch nicht.

Geplante Finanzierung zukünftiger Renten

Bisher hat die Regierung keinen Gesetzentwurf zur möglichen Aktienrente beschlossen. Unklar ist unter anderem, welche konkreten Vorgaben für die Anlagestrategie des Fonds gelten sollen. Lindner verweist hier auf die Vorgaben, die für den KENFO gelten, bei dem auch ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt werden.

Umstritten ist innerhalb der Koalition, inwieweit künftig ein Teil der regulären Rentenbeiträge in den Fonds gesteckt werden könnten.

Lindner erklärt das Vorgehen im ARD-„Bericht aus Berlin“: „Wir starten jetzt mit einer finanziellen Transaktion, das heißt, wir nehmen am Kapitalmarkt Staatsanleihen, für die wir geringe Zinsen zahlen, die zahlen wir ein in das ‚Generationenkapital‘, da erzielen wir eine höhere Rendite.“ Künftig werde nach seinen Vorstellungen die gesetzliche Rente aus Beitrags- und Steuermitteln sowie aus den Erträgen des sogenannten „Generationenkapitals“ finanziert.

(mit Material von afp)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion